Lady Helenes skandaloeser Plan
Wort. »… und ich will nicht, dass Rees sich mit Mayne duelliert. Das wäre sein Ende. Ich glaube nicht, dass er weiß, wie man mit einer Pistole umgeht.«
Esme schaute sie ungläubig an. »Ich dachte, dir liegt nichts an Rees. Und wenn ich ehrlich bin, trifft die Schuld an deiner misslichen Lage eigentlich keine von uns, sondern nur deinen verfluchten Ehemann. Warum hat er dich gezwungen, wieder bei ihm zu wohnen, wenn er sich eine Geliebte im Haus hält? Was in aller Welt hat er sich davon erhofft?«
»Ich weiß es nicht«, flüsterte Helene. »Ich hätte mich niemals damit einverstanden erklären dürfen.«
Keine wollte dem Offensichtlichen etwas hinzufügen, und so herrschte einen Moment Schweigen.
»Werdet
ihr
mich denn noch empfangen?«, fragte Helene und blickte bang zwischen ihren Freundinnen hin und her. Allmählich wurde ihr doch ein wenig übel.
»Red nicht so töricht!«, fauchte Esme. »Uns wird schon irgendetwas einfallen. Vielleicht sage ich Sebastian, dass er sich mit Mayne duellieren soll.«
»Oder ich sage Cam, er soll ihn zusammenschlagen«, schlug Gina vor. »Cam könnte ihn fesseln und dazu zwingen, alles zurückzunehmen. Und ihm zudem die Nase einschlagen«, fügte sie mit einer diebischen Freude hinzu, die in krassem Widerspruch zu ihrem herzoglichen Benehmen stand.
Helene rang sich ein Lächeln ab. »Das könnte Rees ebenso gut besorgen. Aber wenn Mayne jetzt widerriefe, würde ihm niemand glauben. Der Schaden ist angerichtet. Ich bin ruiniert.«
»Wo steckt Rees eigentlich?«, wollte Esme wissen.
Helene schüttelte den Kopf. »Gleich. Zuerst will ich wissen, was ich tun muss.«
»Rees’ Ruf liegt doch bereits in Scherben«, betonte Gina. »Das hat ihn aber nie davon abgehalten, einen Ball oder eine Gesellschaft zu besuchen.«
»Es hat keinen Sinn, über die Ungerechtigkeit des Lebens zu lamentieren«, sagte Esme mit einiger Schärfe. »Wir müssen einen Ausweg finden. Denkt nach!«
35
Eine Schwester in gerechtem Zorn ist ein schrecklicher Anblick
»Mir gefällt das nicht, Garret«, sagte Lady Griselda Willoughby mit der Schärfe einer Messerschneide. Sie stand mitten in seinem Arbeitszimmer, ein Inbegriff erzürnter Weiblichkeit in einem blassblauen Seidenkleid mit weißem Spitzenbesatz.
Mayne schaute von seinem Schreibtisch auf und bedachte seine Schwester mit einem finsteren Blick. »So etwas gefällt niemandem, Griselda. Die ganze Affäre ist außerordentlich geschmacklos.«
Sie trat näher und streifte dabei ihre blassblauen Handschuhe ab, Finger für Finger. »Das gehört jetzt nicht zur Sache.« Sie klatschte den ersten Handschuh auf den Tisch.
»Meiner Meinung nach schon«, bemerkte er trocken.
»Wenn etwas an der Affäre geschmacklos ist, dann du«, gab seine Schwester zurück. Und damit klatschte der zweite Handschuh auf die polierte Mahagoniplatte.
Maynes Gesicht legte sich in abwehrende Falten. Womöglich hatte er selbst schon etwas in der Richtung gedacht, aber von seiner jüngeren Schwester würde er sich keinen Vortrag gefallen lassen. »Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich dich in irgendeiner Weise gekränkt haben sollte«, sagte er mit kalkulierter Kälte.
»Du hast dich wie ein schäbiger Flegel benommen«, schimpfte Griselda, wobei sie unwissentlich dasselbe Epitheton wie Gina benutzte. »Ich schäme mich für dich. Ich schäme mich sogar, deine Schwester zu sein!«
Mayne stand auf. »Meine Güte, Grissie, findest du nicht, dass du etwas …«
Sie stach mit dem Finger nach ihm. »Wage es ja nicht, mich Grissie zu nennen, du – du – verderbter Mensch! Ich weiß nicht, was gestern Abend zwischen dir und Helene Godwin vorgefallen ist, kann mir aber gut vorstellen, dass sie dich hat abblitzen lassen. Und du, der du bei der bloßen Erwähnung ihres Namens wie ein Köter gehechelt hast – denn das hast du, Garret, leugne es nicht! –, gibst dich jetzt dazu her, üble Gerüchte über sie zu verbreiten. Das ist schäbig! Schäbig und deiner unwürdig!«
»Sie hat mich angelogen«, sagte Mayne gepresst und begab sich zum Kamin.
»Moment mal!«, sagte seine Schwester verächtlich. »Höre ich da etwa den Klang schluchzender Geigen? Du selbst hast also niemals gelogen? Du – der sich einen Namen gemacht hat, indem er mit der Hälfte aller Ehefrauen Londons geschlafen hat? Ausgerechnet du wagst es, eine Frau der Lüge zu bezichtigen?«
Mayne schnellte herum. Dass er sich unfair verhalten hatte, war ihm selbst mitten in der Nacht klar geworden, doch er
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