Lady Helenes skandaloeser Plan
und Frau zueinanderbringt«, erklärte er geduldig.
Helene nahm an, dass sie mittlerweile krebsrot war. Was für eine Sorte alte Jungfer – wenngleich verheiratet – war sie denn eigentlich, dass sie derart schlüpfrige Lieder verfasste? »So habe ich den Walzer nie aufgefasst!«, sagte sie in scharfem Ton.
»Und genau das ist der Grund, warum der Walzer als unschicklich gilt«, erwiderte Rees mit einem Lächeln, das sie nervös machte. »Er regt zu Vertraulichkeiten an, Helene. Das muss dir doch klar sein.«
»Nun ja, natürlich«, stimmte sie ihm zu. »Ich meine, immerhin legt der Mann den Arm um die Frau. Das allein ist schon unschicklich.«
»Das meine ich nicht.« Rees klang belustigt. »Als du die Verse gedichtet hast, hast du doch genau gewusst, worum es beim Walzer geht. Lina!«, rief er.
»Ja?«
»Würdest du ihn bitte einmal spielen? Helenes Füße müssen den Walzer verstehen lernen.«
»O nein, das geht doch nicht«, protestierte Helene schwach. Sie wollte ganz gewiss nicht mit ihrem Mann tanzen. Doch einen Moment später stellte sie zu ihrer Verwunderung fest, dass sie Rees’ Verneigung mit einem Knicks erwiderte. »Das ist
zu
sonderbar«, flüsterte sie, während sie seine Hand nahm. Seine andere Hand schmiegte sich so behaglich um ihre Taille, als hätten sie schon immer miteinander getanzt.
Rees hatte Lina nur gebeten zu spielen, doch sie fing überdies zu singen an. Helene wäre beinahe lang hingeschlagen, als sie die herrliche Stimme der Geliebten ihres Mannes vernahm. Die Stimme schwebte durch die Luft wie Honig und ließ Helenes Lied noch viel besser, klüger und beziehungsreicher wirken.
Rees zog sie eng an sich und ließ sich von der Musik durch das Zimmer tragen, seine Füße rückten vor und Helenes wichen zurück. Und er hielt sie immer fester, bis schließlich kein Quäntchen Luft mehr zwischen ihnen war.
»Rees!«, zischte Helene mahnend.
Doch seine belustigt funkelnden Augen brachten sie zum Verstummen. Ihr Kleid schlang sich um seinen kräftigen Schenkel und löste sich flatternd, als er sie mit einer mühelosen Berührung in Drehung versetzte, in schwindelerregenden Kreisen quer durchs Zimmer tanzte. Helene fühlte sich leicht benommen. Die Musik brachte ihr Blut in Wallung und prickelte zwischen ihren Schenkeln. Ihre Füße schienen ein Eigenleben zu führen. Sie drückte sich enger an Rees’ Brust.
»Verstehst du mich jetzt?«, fragte er im Konversationston. »Der Walzer beginnt mit einer Einleitung, dem Entkleiden, wenn man so will. Eine Verneigung hier, eine überschwängliche Geste dort. Wenn die Präliminarien vorüber sind, beginnt der Tanz, zunächst ganz gemächlich, doch dann wird er immer schneller …« Er drehte sie, während er sprach. »Der Mann muss die Partnerin immer enger umfassen. Sie sind sich ganz nah, und er hält sie fest in seinen Armen.«
Helene blickte ihn strafend an.
»Du hast doch gesehen, welche Regeln für den Walzer bei Almack’s angeschlagen worden sind?«
»Nein.« Warum sollte sie auf so etwas achten?
»Die wichtigste lautet: Mann und Frau müssen anständig gekleidet sein.« In seinen Augen stand ein verruchtes Funkeln.
Helene konnte nicht anders: Sie brach in Kichern aus. Er drehte sie in einem weit geschwungenen Kreis. »
Vermutlich
meinen sie damit Wams und Mantel.«
»Zweifellos!«, sagte Helene streng.
»
Wie ein Geliebter die liebende Braut
«, sang Lina langsam und sinnlich, »
wie ein Geliebter die liebende Braut
.«
Beim letzten Takt des Liedes kam Rees mit Helene zu einem perfekten Halt.
»Du tanzt sehr gut«, sagte er und musterte sie beinahe erschrocken. Dann schleppte er sie zum Klavier, wo Lina hastig von der Bank glitt. »Eine Zeile muss geändert werden, Helene.
Drum, eh das Feuer der Herzen verglüht
klingt für mich nicht schön. Hier sollte etwas Fröhlicheres stehen.«
»Aber genau das wollte ich ausdrücken«, entgegnete Helene. »Für dich mag der Walzer ja ein Tanz sein, der sich nur um Schlafzimmerangelegenheiten dreht.« Sie sagte es streng, aber gedämpft, damit Tom und Lina sie nicht hörten. »Ich aber habe ein Lied über junge Liebe geschrieben, die dahinschwindet und am Ende des Liedes gestorben ist. Deshalb beginnt es mit großer Begeisterung und musikalischen Kapriolen, doch gegen Ende wird es …«
»Nein, nein«, fiel Rees ihr ins Wort. »Das ist viel zu trist. Wie wäre es mit etwas Einfacherem, Fröhlicherem?« Er summte zu Helenes Melodie: »
Liebe in die Luft?
Nein, das passt
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