Lady in Rot
„Schnell, schnell“, betete sie. Tränen der Erleichterung liefen über ihre Wangen, als die Vermittlung sich meldete.
Rebecca nannte Namen und Adresse. Ihre Finger zitterten so, dass sie es fast nicht schaffte, Dr. Campbells Nummer zu wählen. Seine Assistentin versprach, dass er sich sofort auf den Weg machen würde.
Rebecca eilte zurück auf die Terrasse und sah, wie Damon T.J. aus dem Wasser zog. Der Junge strampelte wild in seinen Armen.
Er lebt. Mein Kleiner lebt! Rebecca schluchzte hemmungslos, doch dann riss sie sich zusammen und ging dorthin, wo Damon T.J. auf die Terrassenfliesen gelegt hatte. T.J. würgte und spuckte, gleich darauf begann er zu weinen. Rebecca war zutiefst erleichtert, als sie es hörte, und kniete sich neben ihn. „Ich bin da, mein Schatz.“ Eine Träne fiel auf T.J.s Gesicht und mischte sich mit den Wassertropfen. „Gott sei Dank.“
„T.J., es tut mir so leid.“
Der Notarzt und Dr. Campbell hatten das Haus wieder verlassen. T.J. lag auf dem Sofa und schlief erschöpft nach dem Schock und dem Weinkrampf, den er später gehabt hatte. Rebecca beugte sich über ihren Sohn. Sie zitterte immer noch. Ab und zu streichelte sie T.J., als ob sie sich vergewissern wollte, dass er wirklich lebte.
Sie wurde von Schluchzern geschüttelt.
Damon hatte sie noch nie weinen sehen. Er kam zu ihr, und ehe sie noch protestieren konnte, hob er sie auf seine Arme. Er ging zum Sofa gegenüber, setzte sich und hielt Rebecca in seinen Armen.
„Dr. Campbell hat gesagt, ihm fehlt nichts.“
„Ich weiß, aber ich schaffe es einfach nicht, mich zu beruhigen. Wenn ich daran denke, was hätte passieren können!“ Ein erneuter Schauer erfasste sie.
Damon hielt sie fest und wiegte sie. „Denk nicht mehr daran. Es ist ja alles gut.“
Sie atmete tief durch und kuschelte sich an ihn.
Damon machte sich auf neue Tränen gefasst. „Ruhig, sonst wirst du auch noch krank.“
Aber es kamen keine Tränen, sondern neue Schauder. „Du verstehst nicht. Ich hätte ihn beinahe verloren.“
Er verstand sehr gut, was sie meinte. Doch wie konnte er ihr das klarmachen? Er fühlte sich hilflos. Nichts, was er sagten konnte, nahm ihr den Schmerz. Stattdessen hielt er sie fester und flüsterte unbeholfen: „Er wird sich bald erholen.“
Sie schluchzte verhalten. „Es ist alles meine Schuld.“
„Nein, meine. Ich hätte an die Glastüren denken sollen.“ Damon starrte über ihren Kopf hinweg. Vergangene Nacht war er so besessen davon gewesen, Rebecca zu verführen, dass er nicht mehr an die Sicherheitsvorkehrungen gedacht hatte. Dabei hatte er ihr doch versprochen, die Verandatüren stets abgeschlossen zu halten. Er hatte versagt. Und Rebeccas Sohn musste für seine Nachlässigkeit bezahlen.
Beinahe mit seinem Leben.
„Es hätte nie geschehen dürfen“, sagte sie heiser.
„Es wird nie mehr geschehen“, erwiderte er sanft.
„Ich meinte …“ Sie hob den Kopf. „Es wäre nicht geschehen, wenn ich eine bessere Mutter wäre.“
Damon sah zu ihr hinunter. Rebecca trug immer noch ihr Nachthemd. Ihr Haar war zerzaust, ihre Augen waren rotgeweint. Sie sah so verletzlich aus – und so wunderschön.
Er küsste sie zärtlich auf die Stirn. „Mach dir keine Vorwürfe. Wenn jemand Schuld hat, dann ich. Ich dachte, es wäre kein Problem, die Türen stets geschlossen zu halten. Jetzt weiß ich es besser. Und ich weiß auch, dass es keine bessere Mutter gibt als dich.“
„Ich bin eine furchtbare Mutter“, entgegnete Rebecca mit einem kleinen trotzigen Schluckauf. „Ich bin eine Versagerin. Ich wusste, dass ich es nicht schaffe.“
„Rebecca.“ Er schüttelte sie kurz. „Hör mir zu! Kein Mensch hat Zweifel an deiner hingebungsvollen Fürsorge. Du bist geduldig und liebevoll. Was braucht ein Kind noch?“
Doch statt sich zu beruhigen, fing sie wieder an zu schluchzen. „Ich habe T.J. nicht verdient.“
„Wenn du mich vor ein paar Jahren gefragt hättest, was du wohl für eine Mutter abgeben würdest, dann hätte ich sicher gesagt: eine grauenvolle. Egoistisch. Aber ich habe erlebt, wie du mit T.J. umgehst. Du hast mich verblüfft. Beeindruckt. Ich bewundere deine Geduld. Selbst wenn er wirklich schwierig ist, tust du immer das Richtige.“
„Ich bin keine geborene Mutter.“
„Da bin ich nicht so sicher.“ Er strich ihr übers Haar.
„Du verstehst nicht, was ich meine“, schluchzte sie.
„Dann erklär es mir.“
„Nein, das geht nicht.“ Sie richtete sich auf und schüttelte den Kopf.
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