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Lady Lavinias Liebestraum

Lady Lavinias Liebestraum

Titel: Lady Lavinias Liebestraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Nichols
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höchste Zeit, dass sie vor allem James darüber in Kenntnis setzte, dass sie ihrem beharrlichen Verehrer längst einen Korb gegeben hatte, gleichwohl dieser ihre Absage geflissentlich überhört hatte. Doch wie sollte sie dies anstellen, ohne gleichzeitig zu verraten, dass sie Wincote nicht heiraten konnte, weil sie bereits ihn, James, liebte, wodurch sie sich unnötig dem Schmerz unerwiderter Gefühle aussetzen würde?
    In ihrer Not kam sie auf einen rettenden Gedanken, der sie zumindest vor dem Tête-à-tête mit Wincote bewahren würde. Fröhlich verkündete sie der Truppe, sie würde zu gern mit allen gemeinsam am nächsten Mittwoch ins Theater gehen und sie im Anschluss zu einer kleinen Feier ins “Reid’s” einladen, um sich auf diese Weise für den selbstlosen Einsatz ihrer Mitstreiter zu bedanken. Insgeheim hoffte sie, dass sich im Restaurant überdies die Gelegenheit bieten würde, ein privates Wort mit James zu wechseln. Nachdem sämtliche Versammelten Lavinia ihre große Freude ob der zu erwartenden Zerstreuung zum Ausdruck gebracht hatten, widmeten sie sich, von Lord Wincote einmal abgesehen, umso schwungvoller dem fünften und letzten Aufzug ihres Theaterstücks.
    Die kommenden Tage vergingen rascher, als Lavinia es vermutet hatte, und dies lag vor allem daran, dass sie nun wieder häufiger mit ihrer Truppe probte und viele kleine unvorhersehbare Arbeiten für die Aufführung zu erledigen hatte. Ehe sie es sich versah, fand sie sich am Abend des Theaterbesuchs vor dem Spiegel ihres Ankleidezimmers wieder. Sie hatte sich ein besonders exquisites Kleid aus dem Schrank geben lassen und drehte sich nun in ihrer Robe aus hellblauem Musselin, die an Dekolleté und Saum mit unzähligen Perlen bestickt war, mit prüfendem Blick um die eigene Achse.
    “Wie liebreizend!”, schwärmte Daisy. “Lord Wincote wird Ihnen zu Füßen liegen.”
    Natürlich dachte Lavinia nicht an ihn, als sie sich im Spiegel begutachtete. Doch wie sollte sie James gegenübertreten, ohne sich gründlich der Lächerlichkeit preiszugeben? Sie konnte ihm kaum sagen: ‘James, ich liebe dich – nicht wie einen Bruder, sondern ich begehre dich als Mann.’ Er wäre zutiefst geschockt ob der unverblümten und unerwarteten Mitteilung, insbesondere dann, wenn er wirklich bereits eine andere Frau zu heiraten in Erwägung zog.
    Sie konnte ihn nicht einfach aufgeben. Sie musste ihn irgendwie davon überzeugen, dass sie kein Schulmädchen mehr war, dass sie fühlte und dachte wie eine erwachsene junge Frau, die Leidenschaft empfand, die ihn brauchte wie die Luft zum Atmen, deren sehnlichster Wunsch es war, ihn glücklich zu machen.
    Voller Zuversicht und mit der Absicht, James auf ihre Weiblichkeit aufmerksam zu machen und ihn zu betören, ging sie in Begleitung Lord Haverleys und Miss Constance’ ins Theater, wo alle übrigen geladenen Freunde und Bekannte, auch die offensichtlich genesene Lady Rattenshaw, die Sir Percy begleitete, längst ihre Plätze eingenommen hatten. Nur ein Gentleman war nirgends zu sehen: der Earl of Corringham.
    Welch große Bedeutung Lavinia diesem Abend doch beigemessen hatte, als entscheide sich heute ihre Zukunft! Sie war so betrübt, dass die Liebesschwüre, die Romeo und Julia tauschten, ungehört an ihr vorüberzogen. Es war alles zu Ende, bevor es überhaupt begonnen hatte.
    Während James von Major Greenaway aufgehalten wurde, um zu erfahren, dass es mangels Beweisen immer aussichtsloser wurde, Wincote des Diebstahls zu bezichtigen, und man übereinkam, die Sache erst einmal auf sich beruhen zu lassen, ergriff der unerschrockene Lord Edmund Wincote in der Pause die Gelegenheit, sich Lavinia zu nähern und ihr unmissverständlich deutlich zu machen, dass er sie ungeachtet ihrer Entscheidung weiterhin zu hofieren beabsichtige.
    “Mylady, die Kunst eines Mr. Greatorex bleibt sicher unerreicht für uns. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass wir dank Ihres Einsatzes und Ihres Talents eine glänzende Vorstellung geben und reichlich Geld für das Waisenhaus einnehmen werden”, sagte er und nahm auf dem Sessel neben ihrem Platz.
    “Vielen Dank, Mylord.”
    Er ergriff ihre Hand und drückte sie inniglich. “Meine Liebe, Sie können sich gar nicht vorstellen, wie sehr ich mich auf die Aufführung freue, kann ich es doch kaum erwarten, Ihre Entscheidung zu erfahren. Es fällt mir, wie ich gestehen muss, von Tag zu Tag schwerer, mich in Geduld zu üben.”
    Sie zuckte leicht zusammen und entzog ihm ihre Finger.

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