Lady Marys romantisches Abenteuer
Gesellschaft fort in den Garten oder auf die Straße locken und sie fragen.
Und von Herzen wünschen, dass sie dort, unter den Sternen, ja sagte.
„Ich wünschte, du würdest dieses eklige Bild fort tun, Mary“, schimpfte Diana, während sie die Perlenohrringe an ihren Ohren befestigte. „Nach dem, was du mir alles über diese entsetzliche Familie erzählt hast, kann ich nicht verstehen, wie du ertragen kannst, dass es dich ansieht.“
„Die Familie war schrecklich, nicht der Engel“, erwiderte Mary und strich die weiße Seidenschärpe an der Taille ihres Musselinkleides glatt. „Wie kann der Engel böse sein, wenn er von einem heiligen Mann gemalt wurde?“
„Einem römischen Mönch, meinst du.“ Diana beugte sich näher zum Spiegel und klopfte ein wenig mehr Puder auf eine Stelle in ihrem Gesicht, von der sie sich einbildete, sie sei noch nicht perfekt. Ihre Zofe Deborah hatte ihnen beim Ankleiden geholfen, nachdem der eigens dafür engagierte Friseur jede von ihnen nach der französischen Hof-Mode frisiert hatte. Die gepuderten Haare waren dank Haarteilen zu üppigen Frisuren aufgetürmt, mit dicken Locken, die der Trägerin über die Schulter fielen. Bald würden die Kutschen kommen und die Damen zum Haus der Madame du Fontenelle fahren, mit einem kleinen Umweg über Johns Unterkunft, um ihn abzuholen. Die Einladung war eine unerwartete Überraschung gewesen und eine Ehre dazu, denn die Salons von Madame waren selbst in London berühmt für ihre glänzende Gesellschaft.
„Diana“, sagte Mary, die vor dem Engel stand, den sie an den Kaminsims gelehnt hatte, „als Fra Pacifico das Bild malte, gab es gar keine andere christliche Kirche als die römische. Nicht, dass das für die Qualität des Bildes eine Rolle spielen würde.“
Achselzuckend drehte Diana eine sorgfältig gelockte Haarsträhne um den Finger. „Wirklich, Mary, du wärst besser mit Miss Wood und mir gekommen und hättest dir die Ballonfahrer im Park angesehen, statt dich zu dieser Bibliothek zu schleppen.“
„Ich wollte in die Bibliothek gehen“, protestierte Mary. „Und John wollte es auch.“
„Dann hättet ihr beide mit uns kommen sollen, um euch den Aufstieg anzusehen“, fuhr Diana fort. „So etwas habe ich noch nie gesehen, all diese glänzenden seidenen Ballons, wie sie hoch in den Himmel schwebten! Und weißt du, was ein Herr uns erzählte? Es ist wirklich skandalös, und Miss Wood war beunruhigt, dass er sich gerade so eine Geschichte ausgesucht hatte, aber ich habe gelacht.“
„Was erzählte er denn?“, fragte Mary vorsichtig. Fast hatte sie Angst, es zu hören. Männer vertrauten Dianas Ohren oft skandalöse Geschichten an – wirklich zu oft. „Ob ich es tatsächlich hören will?“
„Oh Mary, das hier ist Paris!“, rief Diana aus und beugte sich vor, um Mary die Neuigkeit anzuvertrauen. „Dieser Herr erzählte uns, dass gewisse Damen ihre Liebhaber mit in die Gondeln der Ballons nehmen, und dann lieben sie sich oben in den Wolken, hoch über der Stadt! Vielleicht sollten John und du das einmal ausprobieren, anstatt alte Bibliotheken aufzusuchen!“
„Oh, sei still, Diana, bitte“, sagte Mary eher wütend als empört. „So ist es nicht zwischen John und mir.“
„Nein?“, fragte Diana und hob spöttisch eine Braue. „Und warum nicht?“
„Weil es besser ist als das“, entgegnete Mary unbeirrt. „Weil John und ich nicht wie deine geschmacklosen Ballonfahrer sind. Wir sind Freunde. Und weil ihm etwas an mir liegt und mir an ihm. Und weil er etwas Besonderes für mich ist, weil er mir lieber ist als … als irgendjemand.“
„Freunde.“ Dianas Seufzer war voller Mitleid. „Du meinst, als Frau interessierst du ihn nicht?“
Mary erinnerte sich an Chantilly und errötete. „Was ich meine, Diana, ist, dass ich ihn liebe. So, jetzt habe ich es gesagt, und ich bin froh darüber.“
Diana machte erstaunt große Augen. „Du liebst ihn? Lord John Fitzgerald, unseren entzückenden Behelfsfremdenführer? Oh, Mary, von dir sind das nun wirklich Neuigkeiten!“
„Ich liebe John“, wiederholte Mary. Jetzt, wo sie einmal ausgesprochen waren, gefiel ihr der Klang der Worte. „Ich liebe ihn. Ich liebe ihn, und es ist mir egal, wenn du es jetzt weißt.“
„Es spielt keine Rolle, dass ich es weiß“, sagte Diana. „Die eigentliche Frage ist, ob Lord John es weiß. Hast du es ihm gestanden? Weiß er es auch, oder sehnst du dich nur im Stillen?“
„Er weiß es“, sagte Mary langsam und dachte
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