Lady Marys romantisches Abenteuer
nach. „Das heißt, er muss es wissen.“
„Du willst sagen, du hast dir nie die Mühe gemacht, es dem armen Mann zu sagen.“ Diana trat hinter Mary und legte ihr die Hände auf die Schultern.
„Wenn du Lord John wirklich liebst, Mary“, raunte sie ihr direkt ins Ohr, „dann musst du es ihm sagen. Du kannst nicht von ihm erwarten, dass er es errät. So klug sind Männer nicht. Sag es ihm heute Abend. Weiß der Himmel, es sollte genug Gelegenheit dazu geben, wenn bei einem Salon wirklich so viel Konversation gemacht wird, wie man uns erzählt hat. Du musst es ihm sagen, damit er dir ebenfalls sagen kann, dass er dich liebt. Und dann kann er dich richtig küssen, oder was euch sonst Spaß macht.“
„Lady Mary, Lady Diana!“, rief Miss Wood und öffnete kurz die Zimmertür. „Bitte, machen Sie sich bereit, meine Damen. Unsere Kutsche ist vorgefahren.“
Mary schlüpfte aus Dianas Umarmung, hob das Bild vom Kaminsims und versteckte es eilig zwischen der Bettfederung. Sie nahm ihren Umhang vom Bett, warf ihn sich über die Schultern und band die seidene Schleife unter dem Kinn fest, während sie zu Diana zurückkehrte.
„Sag es ihm, Mary“, flüsterte Diana weich. „Das ist kein Geheimnis, das du für dich behalten solltest.“
„Aber was, wenn er nicht sagt, dass er mich auch liebt?“, fragte Mary ängstlich. „Was, wenn er mich reden lässt und nichts erwidert?“
„Oh, er liebt dich“, sagte Diana und gab Mary einen aufmunternden Klaps auf die Wange. „Darüber würde ich mir an deiner Stelle keine Sorgen machen. Ich habe es kommen sehen, seit Lord John uns nahe Abbeville traf. Jetzt komm! Je eher wir aufbrechen, desto schneller kannst du es ihm sagen.“
In einem Lehnstuhl mit hohem Rücken und breiten Seitenteilen, welche jeden Luftzug abhalten sollten, hielt der Comte d’Archambault heute Abend Hof. Eine mit Pelz besetzte Decke lag um seine Beine. Athenais du Fontenelle hatte dafür gesorgt, dass er so nahe ans Feuer gesetzt worden war. Jeder andere wäre durch diese Hitze zerschmolzen wie eine Wachspuppe. Doch d’Archambault fühlte nur eine angenehme Wärme, kaum ausreichend, sein Zittern zu mindern, und er hatte Athenais für ihre Aufmerksamkeit gedankt. Madame hatte gelächelt, einen hübschen Knicks gemacht und ihm dafür gedankt, dass er ihren Salon beehrte. Sie verband eine alte Geschichte aus der Zeit, als sie beide jung und schön gewesen waren und die Leidenschaft wie ein heiterer Strom zwischen ihnen geflossen war.
Nun konnte er in ihren schönen Augen Schwermut erkennen, wenn sie seinen verwüsteten Leib ansah, und die Erkenntnis, dass Jugend und Liebe nicht ausgereicht hatten, um das Alter und das Leiden aufzuhalten. Arme Athenais! Sie besaß nicht den Trost, den er durch die Gemälde erhielt, die neben seinem Bett hingen, nicht den Frieden, den er im Antlitz der Heiligen Muttergottes fand.
Jetzt nippte er an dem Gerstenschleim in seinem Weinglas und gab vor, zuzuhören, während ein weiterer unreifer Jüngling ihm seine Bewunderung für die d’Archambaultsche Poesie erklärte. Wein oder Gesellschaft: Im Laufe eines Tages konnte er nur eins von beiden vertragen, und dieser plappernde Dummkopf ließ ihn an der Richtigkeit seiner Wahl zweifeln. Er schloss die Augen und täuschte einen vorübergehenden Schwächeanfall vor, der den Möchtegernpoeten davoneilen ließ und ihm Athenais zurückbrachte.
„Was jetzt, alter Fuchs?“, flüsterte sie amüsiert, als sie sich neben seinem Stuhl zu ihm niederbeugte. „Du kannst die anderen zum Narren halten, aber nicht mich.“
Er öffnete die Augen einen Spalt breit. „Sind die englischen Mädchen hier?“
„Also kein Fuchs, sondern ein Geißbock.“ Sie kicherte. „Ich habe sie eingeladen, wie du es wünschtest, und sie sind gekommen. Mit einer altmodischen Gouvernante und einem hübschen jungen Herrn im Schlepptau. Wie zu erwarten war, ist eines der Mädchen bereits mit dem jungen Herrn verschwunden, doch die andere ist noch hier im Raum.“
D’Archambault lächelte. „Ist sie schön, diese Tochter eines englischen Dukes?“
Madame schlug ihm leicht mit dem zusammengefalteten Fächer auf den Arm. „Du bist solch ein alter Ziegenbock, d’Archambault! Soll ich sie dir herbringen, damit du sie selbst beurteilen kannst?“
Er nickte und schloss wieder die Augen, während Athenais das Mädchen suchen ging. Sicher wachte die Heilige Mutter heute Nacht über ihn, weil alles so einfach war!
„Mylord, darf ich Ihnen Lady
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