Lady meines Herzens
das hat sie nicht vor.«
»Vielleicht doch«, wandte Sophie vorsichtig ein.
»Sie, Miss Harlow, haben nur niedere Motive und wollen sich in diese Ehe drängen. Ihrem Urteil kann man nicht trauen«, sagte Lady Richmond herablassend.
»Ich interessiere mich vor allem für Lady Clarissas Gefühle«, sagte Lady Hamilton und wandte sich an Clarissa. »Meine Liebe, möchten Sie Frederick heiraten?«
Clarissa nickte, ohne den Blick zu heben.
»Wie kannst du es wagen«, zischte ihre Mutter.
»Warum darf sie keinen Prinzen heiraten, Lady Richmond? Er ist höhergestellt als mein Sohn, er ist wohlhabender, und sie macht sich offenbar mehr aus ihm als aus meinem Sohn.«
»Die Richmonds sind eine englische Familie, und zwar schon seit Generationen! Wir leben hier, heiraten hier, pflanzen uns hier fort und sterben hier … und das alles tun wir mit anderen Engländern«, erklärte Lady Richmond. Sophie war entsetzt von dieser mangelnden Toleranz allem Nichtenglischen gegenüber (französische Modetrends ausgenommen).
Die Duchess fuhr ungerührt fort: »Die Richmonds halten ihr Wort und ehren ihre Versprechen. Sie machen sich nicht lächerlich, indem sie sich in skandalöse Affären mit langhaarigen Fremden stürzen. Sie verweigern sich nicht einer vernünftigen Verbindung wegen einer so unwichtigen Sache wie Liebe, die irgendwann vergeht und uns alle in den Ruin stürzt. Sie denken erst an die Familie und dann an ihr eigenes Wohl.«
Lady Richmond atmete tief durch, nachdem sie ihrer Wut freien Lauf gelassen hatte. Dieser Ausbruch kam für alle Beteiligten überraschend.
»Hm«, machte Lady Hamilton. Sophie vermutete, dass sie Lady Richmonds Meinung nicht teilte, es aber vermeiden wollte, sie weiter zu provozieren.
»Clarissa, du schreibst sofort eine Absage«, erinnerte Lady Richmond ihre Tochter.
»Bitte, Mutter, zwing mich nicht, das zu tun«, schluchzte Clarissa. »Bitte, Mama.«
Die Duchess blieb hart. Sie war von der Bitte ihrer Tochter gänzlich unbeeindruckt. Jetzt weinte Clarissa und machte damit die Szene, die Lady Richmond vermutlich hatte vermeiden wollen.
Die Diener blickten weg, während Lady Hamilton mitfühlend Clarissas Rücken streichelte. Sophie nahm ihre Hand und starrte Lady Richmond an. Sie fragte sich, wie um alles in der Welt diese Frau dem Leiden ihrer Tochter so ungerührt zusehen konnte. Diese Herzlosigkeit wirkte auf sie unnatürlich.
»Du kannst es jetzt machen oder später, wenn wir zu Hause sind. Aber du wirst seinen Antrag ausschlagen.«
Sophie beobachtete die Szene mit bangem Herzen, weil mit Clarissas Entscheidung auch ihr eigenes Glück auf dem Spiel stand. Sie schöpfte Hoffnung, denn Clarissa reckte das Kinn und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht.
»Also gut«, sagte Clarissa und griff zum Stift. Sie sprach laut und ihre Stimme war im ganzen Saal zu hören, während sie schrieb.
» Mein geliebter Frederick, meine schreckliche Mutter besteht darauf, dass ich Deinen Antrag ausschlage. Sei Dir meiner Liebe, meines Herzen und meines verzweifelten Hoffens, von Dir gerettet zu werden, gewiss. Ewig die Deine, Clarissa.«
Sie reichte den Brief der schockierten Sophie.
»Sie sind die Einzige, der ich diesen Brief anvertrauen kann«, sagte Clarissa.
»Sie können sich auf mich verlassen. Und wenn ich ihm die Nachricht persönlich überbringen muss«, sagte Sophie. Sie hoffte, von Vennigan war tatsächlich so atemberaubend romantisch und heldenhaft, wie er immer tat. Vielleicht holte er Clarissa fort, damit sie glücklich bis an ihr Lebensende in Bayern leben konnten. Brandon wäre dann frei und könnte ihr Held werden.
»Sie sind ein undankbares, niederes und impertinentes Luder, Miss Harlow. Ich bereue den Tag, an dem ich Sie eingeladen habe, an der Hochzeit meiner Tochter teilzunehmen«, ließ Lady Richmond Sophie wissen. Diese Gefühlswallung war nur allzu verständlich, und Sophie entschied, darauf lieber nichts zu erwidern. »Meine undankbare, erbärmliche Tochter und ich gehen jetzt. Wir kommen morgen wieder, um die letzten Vorbereitungen für die Hochzeit zu treffen. Diese Hochzeit wird wie geplant stattfinden!«
Sophie schickte den Brief sofort an von Vennigan. Dann erzählte sie Julianna die ganze Geschichte, die anbot, ihre Kolumne mit wenig schmeichelhaften Gerüchten über Lady Richmond anzureichern. Sie behauptete, diese neue Entwicklung mache doch deutlich, wer letztendlich wen heiraten werde. Mit anderen Worten: Sophie sollte sich schon
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