Lady meines Herzens
schweiften ab und kamen ohne sein Zutun zum Kern der Sache. Und dann, nach einer Stunde im Sattel, verstand er endlich, warum Miss Harlow ihn so unendlich beunruhigte.
Weil es ihr irgendwie gelang, den Mann zum Vorschein zu bringen, der er vor dem Tod seines Vaters gewesen war. Bevor ihm alle Verpflichtungen und Entscheidungen auferlegt worden waren. Früher hatte er gerne gelacht, hatte mit hübschen Mädchen geflirtet und oft genug mit Charlotte etwas ausgeheckt, statt missbilligend die Stirn zu runzeln, wenn er von ihren neuesten Streichen hörte.
Früher war er glücklich gewesen. Doch er konnte weder die Zeit zurückdrehen noch so sorglos sein wie damals. Der Brandon von früher konnte in derWelt von heute nicht bestehen. Das brächte nichts Gutes mit sich, selbst wenn es möglich wäre.
Kapitel 13
Noch achtzehn Tage bis zur Hochzeit …
Hamilton House
Die Duchessen hatten um seine Anwesenheit gebeten, daher betrat Brandon den blauen Salon im Südflügel. Er wollte sich nur kurz aufhalten und Miss Harlow so wenig Aufmerksamkeit widmen, wie es die Höflichkeit erlaubte.
Gut möglich, dass sie den früheren Brandon in ihm erweckt hatte wie eine Magierin. Aber dafür war es viel zu spät, denn in dieser Welt gab es für sein altes Ich keinen Platz mehr.
»Wir sind gerade mit der Gästeliste fertig«, sagte Lady Richmond.
»Da wir gerade über Listen reden, es gibt noch einige Dinge, um die du dich kümmern müsstest«, fügte seine Mutter hinzu und gab ihm ein Blatt Papier.
Dinge, die vor der Hochzeit erledigt werden müssen
1. Die Sondererlaubnis besorgen.
2. Einen Trauzeugen finden.
3. Eine Hochzeitsrede vorbereiten.
»Ich dachte, die Hochzeit sei auf elf Uhr am Samstagmorgen angesetzt«, sagte er.
»Wir haben die Trauungszeremonie auf halb eins verschoben«, erklärte Lady Richmond. Hochzeiten, die zu dieser späteren Stunde stattfanden, erforderten eine Sondergenehmigung, die nur der Erzbischof von Canterbury erteilen konnte. Es wäre viel einfacher und billiger, wenn die Zeremonie eine Stunde früher stattfinden würde.
»Gibt es dafür einen bestimmten Grund?«, fragte Brandon. Sobald die Frage im Raum stand, bereute er sie auch schon. Der Grund war eigentlich egal. Er war ein Gentleman, und als Gentleman würde er nachgeben.
»Man setzt ein Zeichen, wenn man mit einer Sondergenehmigung heiratet«, verkündete Lady Richmond. »Und wir wollen doch nicht riskieren, dass beim Verlesen des Aufgebots jemand Einspruch einlegt.«
»Warum sollte das irgendjemand tun?«, fragte er. Noch nie hatte er davon gehört, dass jemand gegen ein Aufgebot Einspruch erhob. Genauso wenig war ihm je ein Fall untergekommen, bei dem jemand während der Zeremonie einen Grund vorbrachte, warum ein Paar nicht heiraten sollte. Er wusste, wen man da fragen konnte. »Miss Harlow, waren Sie schon einmal auf einer Hochzeit oder haben von einer gehört, bei der jemand gegen die Eheschließung protestiert hat?«
»Zuletzt ist mir ein derartiger Fall am vierzehnten Januar bei Sir Hunt und Miss Bailey untergekommen. Ihr ehemaliger Verehrer Mr Westlake hat Einspruch erhoben.«
»Wie können Sie sich nur so genau daran erinnern?«, wollte Clarissa wissen. Es überraschte Brandon, dass sie sich am Gespräch beteiligte, aber er freute sich über ihren Einwurf, da er sich dieselbe Frage stellte.
»Während der Zeremonie wurde ich überraschend krank«, erklärte Miss Harlow. Ihre Wangen wurden rot, was seine Neugier nur verstärkte. »Es war ziemlich unangenehm.«
»Sehen Sie, es kommt vor. Und bei all den Verehrern, denen Clarissa bereits einen Korb gegeben hat, will ich das Risiko nicht eingehen. Lieber auf Nummer sicher gehen, sage ich immer, sonst bereut man es später. Und mit der Sondergenehmigung …«
Lady Richmond musste den Satz nicht vollenden. Jeder Anwesende wusste, wie sehr sie nach Statussymbolen lechzte.
»Dann werde ich mich selbstverständlich um eine Erlaubnis bemühen«, gab Brandon nach. Ein Gentleman gab den Wünschen einer Lady immer nach, auch wenn sie noch so idiotisch oder unbequem waren. »Und nun muss ich mich leider entschuldigen, ich habe in Kürze einen Termin im Parlament.«
»Gehst du sofort?«, fragte seine Mutter.
»Ja, warum?«
»Ist der Nebel immer noch so fürchterlich dicht?«, fügte sie hinzu.
»Ziemlich«, antwortete er. Es war sogar noch schlimmer geworden.
»Würde es dir etwas ausmachen, Miss Harlow nach Hause zu begleiten?«, bat seine Mutter ihn. »Wenn sie bei diesem Wetter
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