Lady meines Herzens
viel Zeit miteinander.«
»Es ist besser, wenn ich das nicht tue«, erwiderte er. »Was sollten die Duchessen denken, wenn ich Sie in ihrer Gegenwart aus Versehen beim Vornamen nenne?«
»Gibt es denn etwas, das sie denken könnten?«, fragte Sophie und legte den Kopf leicht zur Seite. Sie blickte ihn neugierig und charmant lächelnd an.
»Was denken Sie?«, gab er zurück und hob herausfordernd eine Braue.
»Ich denke … Ich weiß nicht, was ich denken soll«, gab sie mit einem Lachen zu.
»Nun, ich denke, wir machen exzessiven Gebrauch von dem kleinen Wörtchen ›denken‹.« Er schmunzelte unwillkürlich. Er wollte ihre Gesellschaft nicht genießen, aber er – der Meister der Selbstbeherrschung – schaffte es einfach nicht.
»Und ich denke, Sie weichen der Frage aus.« Sie forderte ihn heraus. Und dann lächelte sie ihn wieder an. Er ergab sich.
»Es ist ein ständiger Kampf, nicht an Sie zu denken, Miss Harlow. Einer, den ich nicht immer gewinne. Ich bin mit einer anderen Frau verlobt und …«
»Und das ist der Grund, weshalb wir nicht aneinander denken sollten, ich weiß. Trotzdem kann ich nicht aufhören, an Sie zu denken«, gestand Sophie ihm.
Er hatte sich bisher nicht gefragt, ob sie sich ebenso zu ihm hingezogen fühlte wie er zu ihr. Aber jetzt wusste er, dass dieses Begehren beidseitig war. Sein Verstand schrie Gefahr, Gefahr!, während sein Herz unruhig in der Brust hämmerte. Und dieses Herzklopfen war nicht unangenehm.
Sie dachte an ihn.
Wenn er nicht so ein perfekter Gentleman wäre, hätte Brandon diesen Moment sofort ausgenutzt. Er hätte sie berührt, ihr einen Kuss gestohlen oder mehr. Aber er war an seine Ehre gebunden. Diese Fesseln konnte er nicht so einfach sprengen.
Trotzdem dachte er kurz darüber nach. Er könnte einfach die Hand nach ihr ausstrecken, ihre Finger nehmen und zarte, federleichte Küsse auf ihre Handfläche drücken. Auf die empfindliche Innenseite ihres Handgelenks. Sie würde sich dann natürlich zu ihm vorbeugen, gleichermaßen von ihrem Instinkt und ihrem Begehren geleitet. Und dann würde er seine Lippen auf ihren Mund pressen und sie mit diesem Kuss in Besitz nehmen. Was dann folgte, war keinen Gedanken wert. Denn es durfte nie so weit kommen.
»Wir bewegen uns auf gefährlichem Terrain«, sagte er schließlich.
»Wie in einem Abenteuerroman«, bemerkte sie trocken. Er spürte erneut dieses Stechen in der Brust. Wieder hatte er den Eindruck, sie würde ihn gut kennen. Besser als jeder andere kannte sie ihn, und das bereits nach so kurzer Zeit. Und sie durften nie mehr als flüchtige Bekannte sein.
»Ich vermute, Sie wären ein lebenslanges Abenteuer«, gestand er. Seine Augen erkundeten die zarte Linie ihrer Schulter, die er schon so gut kannte, und er dachte an all die anderen Kurven, die er niemals würde erkunden dürfen. Das Stechen in seiner Brust begann zu schmerzen.
»Nur wird es nicht Ihr Abenteuer sein«, bemerkte sie wehmütig.
»Nein, meines ist es nicht«, wiederholte er fest, mehr zu sich selbst als an sie gewandt.
»Nun, dieses Gespräch hat doch eine recht ernste Wendung genommen. Das habe ich so nicht erwartet«, erklärte sie. Eine lange Stille folgte. Sie schaute aus dem Fenster hinaus in den Nebel und blickte ihn gelegentlich flüchtig an. Inzwischen dämmerte ihm, dass sie dieselben Gefühle für ihn hegte wie er für sie. Und sie hatte es ihm anscheinend nicht sagen wollen. Sie würde schon bald unzählige Stunden damit verbringen, die Vorbereitungen seiner Hochzeit zu begleiten – seiner Hochzeit mit einer anderen Frau. Sie würde darüber schreiben, und ganz London würde lesen, was sie schrieb. Und die ganze Zeit würde sie dabei an ihn denken und niemandem etwas davon sagen.
Das beeindruckte ihn sehr. Er bewunderte ihre Standhaftigkeit und Integrität. Die Anziehungskraft, die von Miss Harlow ausging, war eine Sache. Aber Bewunderung verkomplizierte die Angelegenheit nur. Als wäre es nicht schon kompliziert genug.
Er wusste , er hätte sie lieber in einer anderen Kutsche heimschicken sollen.
»Lord Brandon, wir sind jetzt da. Hier ist mein Zuhause, und dieses kleine Abenteuer ist nun leider vorbei. Aber Sie sollten wissen, dass ich versucht habe, die Artikelserie abzugeben. Mr Knightly, der Zeitungsverleger, hat es mir nicht erlaubt. Darum werde ich auch morgen wieder zugegen sein und übermorgen …«
»Ich bin gewarnt«, sagte er. Sie hatte ebenso wie er versucht, ihm aus dem Weg zu gehen. Er war nicht sicher, was
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