Lady meines Herzens
wieder rot. Jetzt bin ich wirklich neugierig.«
»Das erzähle ich ein anderes Mal. Ich hatte heute schon genug Gespräche über Hochzeiten«, gab sie keck zurück.
»Ich wusste nicht, dass Frauen es jemals müde werden, darüber zu reden.«
»Diese Frauen haben wahrscheinlich nicht ständig mit Hochzeiten zu tun so wie ich. Es wäre dasselbe, als wollte ich mit Ihnen über Ihre Geschäftsbücher reden. Hochzeiten sind mein Geschäft, mehr nicht.«
Er schenkte ihr ein ironisches Lächeln. Irgendwie verstand er sie. Und er fühlte sich an ihre erste Begegnung erinnert, bei der sie sich kurz über Geschäftsbücher, Ausflüge, Zeitungen und die Frage unterhalten hatten, ob er ein Wüstling war oder nicht.
Die Antwort lautete zweifellos Nein , und trotzdem überlegte Brandon, was wohl ein Lebemann an seiner Stelle tun würde, wenn er mit einer so verführerischen Frau wie Sophie in einem so beengten Raum allein wäre. Bestimmt nicht über Geschäftsbücher und Hochzeiten reden.
Ein plötzlicher Ruck der Kutsche ließ Miss Harlows Retikül quer über den Sitz auf den Boden schießen. Ehe er sich vorbeugen konnte, bückte sie sich bereits, um es wieder aufzuheben. Dies gewährte Brandon einen unvergleichlichen Blick auf die Rundungen ihrer Brüste. Ein Wüstling würde hinschauen.
Brandon gab sich keine Mühe, seinen Blick abzuwenden. Sein Mund fühlte sich trocken an. Er ballte die Hände zu Fäusten, um nicht nach ihr zu greifen. In diesem Moment hätte er eines seiner Häuser dafür gegeben, sie nur ein Mal berühren zu dürfen.
»Wollen Sie über Ihre Geschäftsbücher reden? Oder haben Sie in letzter Zeit etwas Spannendes gelesen? Den neuen Wordsworth beispielsweise?«
»Um Gottes willen, nein«, sagte er.
»Nein … Lassen Sie mich überlegen.« Sie hob die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. Dann tippte sie mit der Fingerspitze nachdenklich gegen ihre Unterlippe. Er war hingerissen. »Parlamentsprotokolle, landwirtschaftliche Fachliteratur oder etwa religiöse Traktate?«
Das kleine Biest verspottete ihn. Zumindest hoffte er das von Herzen. Was sagte es über ihn aus, wenn sie ihn für einen S.B.I.K . hielt und glaubte, er lese in seiner Freizeit religiöse Traktate? Die Antwort war, gelinde gesagt, entsetzlich.
Es entsprach jedenfalls nicht dem Bild, das er von sich hatte. Und er konnte es einfach nicht ertragen, wenn sie – die lustige, gewitzte, kluge, hübsche, freche und gefährliche Miss Harlow – ihn für einen langweiligen Musterschüler hielt.
»Können Sie ein Geheimnis für sich behalten, Miss Harlow?«
»Oh ja«, sagte sie und klang atemlos. Ihre Augen waren weit aufgerissen, und sie beugte sich vor, was ihm erneut eine herrliche und zugleich ablenkende Aussicht bot. Es bestand also noch Hoffnung für ihn.
»Ich lese keine erbaulichen religiösen Schriften. Gelegentlich lese ich landwirtschaftliche Fachliteratur und Parlamentsberichte, weil meine Stellung beides von mir verlangt. Aber wenn ich die Wahl habe und mir die Zeit dafür bleibt, lese ich Abenteuerromane«, sagte er.
»Nun, das klingt plausibel«, sagte sie. »Sie lesen gern von gefährlichen Abenteuern an fernen Orten, weil Sie selbst in England in Ihrem immer gleichen Alltag feststecken.«
Er starrte sie sekundenlang stumm an.
»Ach, verflixt, es war schrecklich unsensibel von mir, das einfach so auszusprechen. Ich muss mich entschuldigen.«
»Sie sind erstaunlich scharfsinnig, Miss Harlow«, sagte er leise. Ausgerechnet sie schien die einzige Person auf der Welt zu sein, die ihn verstand und ihn kannte. Und das, nachdem sie erst so wenig Zeit miteinander verbracht hatten. Es war natürlich beängstigend, und wieder dachte er, dass er sich unbedingt von ihr fernhalten sollte. Aber sie war so faszinierend …
»Welche Romane gefallen Ihnen am besten?«, fragte sie.
»Ich habe erst kürzlich Der Pirat gelesen – das neueste Buch dieses Schriftstellers, dessen Romane anonym veröffentlicht werden und der von allen nur der Waverley-Autor genannt wird.«
»Jeder hat dieses Buch gelesen, außer mir! Ich liebe seine oder ihre Romane, aber jedes Mal, wenn ich zur Leihbücherei komme, ist Der Pirat ausgeliehen.«
»Ist das etwa ein Wink mit dem Zaunpfahl, Miss Harlow?«, wollte er wissen und hob eine Braue. Insgeheim beschloss er, ihr eine Ausgabe des Buchs zu schicken.
»Es ist nichts dergleichen, und nennen Sie mich doch bitte Sophie. Schließlich sieht es so aus, als verbrächten wir in den kommenden Wochen ziemlich
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