Lady meines Herzens
Grautöne.
Plötzlich kam ihm ein gefährlicher Gedanke. Könnte es ehrbar sein, wenn er seine Verlobung mit Clarissa löste?
Das Lachen einer Frau, das ihm entfernt vertraut schien, erklang irgendwo in den Tiefen des Gartens, und lenkte ihn von dem absurden Gedanken ab, ehe er ihn ernsthaft in Erwägung ziehen konnte.
»Willst du dein Leben wirklich mit jemandem verbringen, der dich nicht liebt?«, fragte sie. Er wusste, sie wollte auf etwas Bestimmtes hinaus. Es ging nicht nur um sie beide, sondern auch um Clarissa und von Vennigan. Er weigerte sich standhaft, auf ihre Anspielung einzugehen.
»Ich habe dir meine Ansichten über die Liebe bereits mitgeteilt«, antwortete er.
»Aber was ist mit jemandem, der dich liebt?«, hakte sie nach.
Darüber hatte er noch nie nachgedacht. Er sorgte lediglich dafür, dass er sich nicht in eine andere Frau verliebte. Wollte er wirklich sein Leben mit jemandem verbringen, der ihn nicht liebte? Vielleicht sogar mit jemandem, der ihn verabscheute oder ihm mit Gleichgültigkeit begegnete?
Darüber wollte er im Augenblick nicht nachdenken und richtete seine Aufmerksamkeit wieder ganz auf Sophie.
»Ich würde nicht die Frau eines Mannes sein wollen, der mich nicht liebt«, erklärte sie.
»Ich verstehe nicht, warum er dich verlassen hat«, sagte Brandon.
Das verschlug Sophie für einen Augenblick die Sprache. Er blickte sie von der Seite an. Sie wirkte sehr nachdenklich und runzelte leicht die Stirn.
»Ich bin heute eine andere Person als damals.«
»Warst du nicht so schön, nicht so klug, freundlich und lustig?«, fragte er.
»Ich war eine junge Frau, die aus einer guten Familie vom Land stammte. Ich hatte einen sehr beschränkten Blick auf die Welt und meinen Platz in dieser Welt. Vielleicht habe ich all diese Eigenschaften bereits besessen, aber sie wurden durch mein Leben in London geschärft und ausgebildet«, antwortete sie.
Und dann verstand er. Wie bei ihm gab es bei Sophie ein Davor und ein Danach.
Es tat ihm leid, dass sie so großen Kummer hatte ertragen müssen. Aber dieses schreckliche Erlebnis hatte sie zu der Frau gemacht, die sie heute war. Der Prozess war sicher nicht einfach gewesen, aber jetzt stand vor ihm eine wunderbare Frau.
Er wollte sie für sich. Aber durfte er das? Er wollte zu ihr gehören. Konnte er das?
Auf einem anderen spärlich beleuchteten Weg
in Vauxhall Gardens
Frederick Maximilian Wilhelm von Vennigan, Prinz von Bayern, hatte sich verliebt. Schweigend spazierte er mit dem Objekt seiner Begierde Arm in Arm über die Pfade von Vauxhall. Es war ein Vergnügen, einfach nur mit Clarissa zusammen zu sein, denn er hatte sich unsterblich in sie verliebt.
Zum ersten Mal hatte er die Symptome dieser Liebe bei der Hochzeit seines Freunds Winchester bemerkt. Er war zu seiner eigenen Überraschung unfähig gewesen, den Blick von ihr abzuwenden.
Als er Clarissa das erste Mal erblickt hatte, hatte er natürlich bemerkt, wie schön sie war. Aber ihn faszinierte vielmehr die Traurigkeit, die sie wie ein dunkler Schleier umgab. Die Linie ihrer Schultern und die Art, wie sie den Kopf einzog, verrieten ihm, dass sie sich wünschte, nicht bemerkt zu werden. Aber das war ihm einfach nicht möglich.
Frederick zog Clarissa näher an sich, während sie den Weg hinunterspazierten. Sie blickte lächelnd zu ihm auf. Er wusste nicht, wie er sie jemals wieder gehen lassen sollte …
Der zweiten Begegnung folgten Briefe. Dutzende Seiten, die sie mit ihrer hübschen, damenhaften Handschrift füllte. Sie vertraute sich ihm an, und er schickte ihr ebenso viele Briefe, in denen er ihr sein wahres Ich zeigte: nicht den Prinzen, sondern den Mann.
Sie war schön, aber das hatte nichts mit seinen Gefühlen zu tun.
Es passte allerdings ausgezeichnet zu ihrer märchenhaften Situation: er, der strahlende Prinz auf dem weißen Pferd (er sollte darüber nachdenken, sich einen Schimmel anzuschaffen), und sie, die wunderschöne Dame voller Kummer, die von einer bösen (Stief-)Mutter und einem grimmigen Verlobten gequält wurde, der auf die Erfüllung eiserner Verträge bestand.
Fredericks Herz schlug jedes Mal schneller, wenn er einen Blick auf Clarissa erhaschen durfte. Er fühlte sich an eine Sternschnuppe erinnert, die nur kurz hell erstrahlte, ehe sie vollständig erlosch. Er durfte sie jetzt im Arm halten, aber würde er das auch in Zukunft tun können?
Ihm stockte der Atem, und sein Magen verkrampfte sich. Sein Herz raste. Er konnte sich nicht vorstellen, wie es
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