Ladys Zirkel: Die Fotografin (German Edition)
habe (und das vor dem Mittagessen), einkaufen war und die Nudeln zum Mittagessen mehr schlecht als recht verzehrt wurden, jetzt setze ich mich aber mal hin und werde konstruktiv.
Zunächst sollte ich mir klar darüber werden, ob sich ein Ladenlokal für mich anbietet oder ob ich erst einmal als Fotografin auf Events arbeite. Es wäre schon schön, ein Atelier zu haben mit verschiedenen Sets und Hintergründen, wo ich wetterunabhängig fotografieren könnte. Auch um zum Beispiel erotische Fotos machen zu können, ohne dass die Kundin oder der Kunde Exhibitionist sein müsste. Und Laufkundschaft für Passbilder hätte ich eventuell dann auch.
Dieser kleine Laden, den ich auf Sophies Schulweg in der Königstraße entdeckt habe, der wäre schon ideal. Es ist ein kleines Geschäft in einer Altbauhäuserzeile mit einem bodentiefen Schaufenster. Es befindet sich an einer Hauptverkehrsstraße, aber nicht direkt an ihr, sondern etwas zurückgesetzt. Zwischen Straße und Geschäft sind noch ein Geh- und Fahrradweg und eine Reihe Bäume. Das Häuschen sieht schon etwas in die Jahre gekommen aus, aber hat unheimlich viel Charme. Außerdem glaube ich, kann es richtig Freude bereiten, dieses kleine Schmuckstück zu renovieren. Kommt natürlich darauf an, wie der Zustand von innen ist.
Wobei ich mir auch verschiedene „Hotspots“ suchen könnte und diese nach Bedarf mieten könnte. Nur wie komme ich an diese Lokalitäten ohne die nötigen Kontakte? Tja, wahrscheinlich einfach fragen. Aber was ist daran schon einfach? Zumindest für mich nichts! Und schon bin ich wieder bei meinen Schwachpunkten: Mut und selbstbewusste Ausstrahlung. Aber Selbstmitleid hatte ich mir ja für heute verboten.
Ich werde erstmal eine P ro-/Contraliste erstellen zu meinen Fähigkeiten und Schwächen. Und dann überlege ich mir, wie ich meine Fähigkeiten nutzen und meine Schwächen in etwas Positives umwandeln kann.
Da habe ich doch erst vor kurzem etwas in diesem Ratgeber gelesen, was dazu passt. Danach ist eine Schwäche nur eine Schwäche, wenn man nicht dazu steht. Eine eingestandene Schwäche wird zu einer individuellen Charaktereigenschaft und macht eine Persönlichkeit interessant. Menschen, die zu perfekt wirken oder so wirken wollen, werden als unauthentisch und bedrohlich wahrgenommen, hieß es da.
Soll also heißen, ich sollte zu meiner Unsicherheit stehen und das so akzeptieren. O.K., aber wie soll ich das in etwas Positives umwandeln?
Eine andere Idee wäre natürlich, das , worin ich gut bin, auszubauen um auf diesem Weg sicherer zu werden. So würde vielleicht meine Schwäche nicht mehr so auffallen.
Dann fang ich doch mal mit meinen Stärken an. Da wäre auf jeden Fall schon mal meine Ausbildung. Dabei bin ich wohl durch die härteste Schule gegangen , die man sich vorstellen kann. Zwei Jahre unter den Fittichen von Reiner Kamark. Sehr exzentrisch, dieser Mensch, sehr exzentrisch. Im Prinzip habe ich nur permanent sein Equipment getragen und im Wege gestanden. Aber ihn zu beobachten, wie er voller Leidenschaft fotografierte, war schon beeindruckend. Mit dem Blick für das Wesentliche und das Spektakuläre. Aus einem normalen Hochzeitsshooting (die er hasste) machte er einen Event, wenn er wollte.
Ich erinnere mich an einen Fototermin, wo er Hochzeitsbilder von einem Paar, das aussah wie aus dem Bilderbuch, machen sollte. Sie waren so traumhaft schön und elegant, für He rrn Kamark war es aber zu langweilig. Und so sahen die Bilder nachher dann auch aus. Recht lieblos und einfach. Dem Paar gefielen sie trotzdem. Es musste allerdings einen deutlich höheren Preis bezahlen. Wie er sagte, als „Schmerzensgeld“. Dann zeigte er mir ein Foto von dem Paar, das die beiden gar nicht zu sehen bekamen. Es zeigte eine Szenerie, die eine Gänsehaut verursachte, so sehr fesselte sie einen.
Das Brautpaar saß auf einer weißen Bank , in einem Stück Wald. Sie hatte lässig ein Bein über seine Beine geschwungen, der schmale Rock ihres Brautkleides war etwas hoch gerutscht.
Der Brautstrauß lag vor ihr auf dem Boden. Sie waren sich zugewandt, blicken aber aneinander vorbei in die Ferne und er spielte tief in Gedanken versunken mit seinem Ehering. Beide sahen unheimlich aristokratisch aus, geradezu kühl. Dazu stand der starke Kontrast der Waldkulisse, die warm und frisch wirkte.
Ich habe Herrn Kamark bewundert für diese besondere Gabe, so etwas einzufangen und auf ein Bild zu bannen. Und vor allem auch zuerkennen, wie besonders dieses
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