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Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
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zu helfen, Zusammenhänge aufzudecken, hatte sie eher als Mahnmal dafür fungiert, wie schleppend sie vorankamen.
    Nun aber bot sich dem Kommissar ein anderes Bild: Zahlreiche Fotos waren mit Magnetpinns an der Wand befestigt worden, Tatortfotos, aber auch ein paar Porträts, dazu Ausschnitte aus Landkarten, handgeschriebene Zettel und Computerausdrucke, dazwischen waren mit dicken Filzschreibern Linien gezogen worden, Pfeile verwiesen auf Querverbindungen, einige Informationen waren eingekreist.
    Yildrim stand mit verschränkten Armen vor der Tafel und beobachtete, wie sie sich weiter füllte. Kluftinger wusste, dass er versuchte, den Fall anhand dieses Materials »zu lesen«, wie er es einmal formuliert hatte. Für den Kommissar war es jedoch auf den ersten Blick nicht mehr als ein verwirrendes Durcheinander aus vielen Einzelkomponenten. Dennoch bekam er das Gefühl, dass sich da vor seinen Augen aus einzelnen Puzzleteilen allmählich ein Bild zusammenfügte.
    Die Tür öffnete sich, und Willi Renn kam herein. Er schien ebenfalls ein paar Sekunden zu brauchen, um die veränderte Atmosphäre zu verarbeiten, dann ging er schnurstracks auf Yildrim zu. »Ich weiß, was sie für die Bombe benutzt haben.« Einen Augenblick war es still, alle schauten auf.
    Yildrim grinste den Erkennungsdienstler an: »Na, dann raus damit.« Er setzte sich, und der enge Kreis der Task-Force-Mitglieder tat es ihm gleich. Die Sitzordnung war inzwischen aufgehoben worden, allein schon wegen der zahlreichen Kollegen, die aus und ein gingen, sodass sie sich einfach irgendwelche Stühle schnappten und sie um Willi Renn herum gruppierten. Der nahm vor der Pinnwand Aufstellung und sagte lediglich: »Satans Mutter.« Er ließ die Worte wirken und blickte seine Kollegen durch die dicken Gläser seiner Hornbrille einen nach dem anderen an. Nur Yildrim nickte, die anderen warteten gespannt darauf, wie es weitergehen würde.
    »So nennt man das Gemisch aus Chemikalien, das die sich da zusammengebraut haben. Das hat auch seine Gründe, denn die Wirkung dessen, was dabei rauskommt, ist verheerend, aber das brauche ich euch ja nicht zu sagen.«
    Jetzt nickten alle in der Runde.
    »Gut, dann mal etwas genauer: Es handelt sich um die Verbindung TATP oder auch Triacetontriperoxid. Und dieses Teufelszeug nennt man eben ›Satans Mutter‹. Der Stoff ist nicht nur hochexplosiv, das Problem ist, dass der Sprengstoff zu Selbstentzündung neigt, wenn man ihn Erschütterung oder hohen Temperaturschwankungen aussetzt. Mit anderen Worten: Er ist sehr instabil.«
    Das wunderte Kluftinger. »Warum hat er dann ausgerechnet den genommen, um ihn auf einem ferngesteuerten Auto unter den Wagen zu bringen? Entweder er war ziemlich dumm oder er hatte ein sehr großes Gottvertrauen.«
    Willi lächelte milde: »Tja, eine berechtigte Frage. Aber ich hab euch bisher ja nur die Nachteile erzählt. Jetzt kommt das Gute am Ganzen: Man kann sich den Sprengstoff problemlos selber anrühren.«
    Renns Mitstreiter blickten sich fragend an. »Wie jetzt: selber anrühren?«, fragte schließlich Bydlinski. »Mit’m Kochlöffel oder was?«
    »So ähnlich«, erwiderte Renn mit spitzbübischem Grinsen.
    »Und wo kriegt man die … Zutaten her?«, wollte Kluftinger wissen. »Wohl kaum aus dem Chemiebaukasten, oder?«
    »Fast«, sagt Renn. »Das ist ja das Teuflische: Die Komponenten sind für jedermann frei verfügbar. Und man setzt sich noch nicht einmal einem besonderen Verdacht aus, wenn man sich die beschafft: TATP besteht aus einem Gemisch aus Aceton, Wasserstoffperoxyd und Schwefelsäure.«
    Eine Weile sagte keiner etwas, dann räusperte sich Bydlinski: »Dann ist ja jede Friseuse oder Nagelpflege-Tussi schon eine potenzielle Attentäterin.«
    Renn nickte: »Zumindest, wenn sie über die Maßen blond ist, ja. Ich wusste ja nicht, dass Sie sich in Chemie auskennen. Beziehungsweise im Friseurhandwerk.«
    Bydlinski winkte ab, dann meldete sich Kluftinger zu Wort: »Würdet ihr das mal so erklären, dass auch die modisch Minderbemittelten das verstehen?«
    »Wollen Sie, Herr Kollege?«, fragte Renn in Bydlinskis Richtung.
    »Nein, bitte, Sie können das eh besser, Herr Renn.«
    Der Kommissar verdrehte die Augen. Vielleicht würden die beiden Turteltauben ja irgendwann mal zum Punkt kommen.
    »Also, es ist so«, begann Renn schließlich, und Kluftinger seufzte demonstrativ, »Aceton, auch bekannt als Propanon oder auch Dimethylketon, ist das einfachste Keton. Es ist eine farblose

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