Laienspiel
griffbereit –, verneinte Kluftinger. Er runzelte die Stirn. Sandy hatte, was Männer anging, manchmal einen seltsamen Geschmack. Wenigstens war ihr letzter Partner, ein Staatsanwalt, eine gute Partie gewesen.
»Ja, Major Haas, hier Hauptkommissar Kluftinger aus Kempten. Ich hoffe, es geht Ihnen gut, Kollege. Hatten Sie eine angenehme Heimreise? Schön. Ich hoffe, Sie hatten nicht zu großen Ärger mit den übergeordneten Behörden«, begann Kluftinger in ausgesucht freundlichem Ton. »Wir wollten Sie nur gleich über die weiteren Ermittlungen informieren, stellen Sie sich vor, Sie waren da einer großen Sache auf der Spur, einem Anschlag mit Sprengstoff, einem Terrorakt. Und Kollege Maier hat einen Countdown entschlüsselt auf dem Laptop des Toten … Ja, das hat er tatsächlich gekonnt … Ja, möchte man manchmal nicht meinen, gell?«
Im weiteren Verlauf des Gesprächs, das bis zum Schluss herzlich verlief, einigten sich die Polizisten darauf, dass auch weiterhin beide Abteilungen unbürokratisch zusammenarbeiten sollten. Das sei, so Haas, auch ganz im Sinne des Landespolizeikommandanten von Tirol.
Kluftinger jedoch musste einräumen, dass er von seinem obersten Dienstherrn, dem Innenminister, noch keine diesbezügliche Nachricht erhalten hatte. Und er würde wohl auch nie eine solche bekommen, denn zwischen ihm und dem Innenminister stand ein geschätztes Dutzend Abteilungsleiter und Ressortchefs, von denen Lodenbacher das kleinste Licht war. Doch das verschwieg er Haas gegenüber lieber. Dennoch würde man sicher einen Weg der Zusammenarbeit finden. Haas versicherte, das Postfach weiter beschatten zu lassen und die Allgäuer über etwaige Vorkommnisse zu unterrichten.
»Ja, Kollege Haas, dann habe die Ehre. Und grüßen Sie den Herrn Bydlinski.« Kluftinger war so froh, dass der wieder in Österreich war, dass er ihn für diesen Umstand im Nachhinein fast mochte. »Wie, der kommt am Wochenende? Zu uns? Ich meine, in die Dienststelle? … Ach privat … ah ja. Interessant.«
Während des Gesprächs mit Haas hatte Strobl Kluftingers Büro betreten, und der Kommissar hatte seinem Mitarbeiter mit einer Geste zu verstehen gegeben, dass er kurz auf der Couch Platz nehmen und warten solle.
»Eugen«, wandte sich Kluftinger schließlich an den Kollegen, »stell dir vor, der Bydlinski plant am Wochenende einen kleinen Privatbesuch im schönen Allgäu. Jetzt rate mal, wen er da trifft.«
Die beiden sahen sich grinsend an, bevor Strobl lachend bemerkte: »Lass das bloß nicht den Roland hören, sonst bekommt er noch ein Magengeschwür.«
»Hast du was gefunden?«, wollte Kluftinger, der zu einem sachlichen Ton zurückgefunden hatte, wissen.
»Ich sag nur: Islam.«
»Wie: Islam?«
»Islam. Er hat sich offenbar sehr für diese Religion interessiert.«
»Du meinst, er war … Mohammedaner?«, fragte Kluftinger.
Strobl räusperte sich, sah zu Boden und sagte dann leise: »Also … Moslem heißt das offiziell. Mohammedaner ist wohl eher abwertend. Das solltest du vor einem Angehörigen des islamischen Glaubens nicht sagen.«
Kluftinger nickte. Kleine Ausrutscher und Unzulänglichkeiten waren ihm vor Strobl weniger peinlich als vor anderen, was an ihrem Vertrauensverhältnis lag. Er schätzte dessen Art, ihn diskret und ohne erhobenen Zeigefinger auf etwas hinzuweisen. Was allerdings nur der Fall war, wenn sie allein waren. Waren die Kollegen mit von der Partie, ließ Eugen keinen Kalauer auf Kosten anderer aus.
»Also, dann … Moslem. War er das?«
»Das weiß ich nicht. Aber er hat mehr Bücher über den Islam und sogar den Heiligen Krieg, den ›Dschihad‹, als über Elektronik oder Maschinenbau. Das ist an sich schon etwas komisch, lässt sich aber ja mit bloßem Interesse für Religion erklären. Aber jetzt halt dich fest.«
Strobl holte einige handgeschriebene Seiten, die er auf dem Couchtisch hatte liegen lassen. »Also: ›Vernichtet die Ungläubigen in ihren eigenen Häusern, ihren eigenen Städten.‹ Das ist eine Stelle aus dem Buch ›Der lange Weg des Heiligen Krieges‹, die er sich angestrichen hatte. Oder – Zitat – ›Der Märtyrer darf keine Schmerzen, ja den Tod nicht fürchten. Wenn er Unheil über die Gotteslästerer bringt, wenn er sie der ewigen Verdammnis zuführt, wird er selbst dafür von Allah in höchstem Maße belohnt. Scheut nicht den Tod des Märtyrers!‹. Was sagst du jetzt, Klufti?«
Kluftinger sagte gar nichts, blickte nur stumm vor sich hin. Hatten sie
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