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Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
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von einem Kollegen zum anderen hin- und hergeworfen. Immer wieder gab es neue Erkenntnisse, die man ihm sofort mitteilen wollte. Ein aufgeregter Strobl erklärte ihm, dass Schumacher vor zwei Jahren aus der Kirche aus- und zum muslimischen Glauben übergetreten sei. Eine offizielle Urkunde der Konversion, ausgestellt von einer islamischen Gemeinde in Stuttgart, habe sich bei seinen Unterlagen gefunden.
    »Eine Gemeinde übrigens, die seit einem halben Jahr vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Wegen volksverhetzender, islamistischextremer Propaganda und mehrerer Aufrufe zur Gewalt«, hatte Strobl noch angeführt.
    Kluftinger machte sich auf den Weg in sein Büro. Er brauchte jetzt unbedingt ein paar Minuten, in denen er die neuen Erkenntnisse zu einem Ganzen zusammensetzen und sich über das weitere Vorgehen ein Bild machen konnte. Doch Hefele wartete bereits vor seiner Tür auf ihn. Außer Atem hetzte er zu Kluftinger, stellte sich vor ihn, schluckte und presste dann hervor: »EM. Fußball-EM.«
    Kluftinger brauchte ein, zwei Sekunden, dann verstand er.
    Natürlich. Die Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz. Das also war die Verbindung nach Österreich.
    »Und wo ist da ein Spiel? Ich meine, wenn der Countdown abläuft?«
    »Das sind gleich mehrere. Unter anderem eins in Innsbruck!«
    »Mein Gott, ich ruf gleich den Haas an. Gute Arbeit, Roland«, lobte Kluftinger ihn für die Information, die zwar im Ergebnis durchaus spektakulär war, Hefele aber lediglich einige Klicks im Internet gekostet hatte.
    Nach einem weiteren Anruf in Österreich – zu seinem Bedauern hatte er diesmal Valentin Bydlinski am Apparat – war klar, dass der Wiederanpfiff nach der Halbzeitpause der Viertelfinalspiele genau zu dem Zeitpunkt vorgesehen war, an dem die letzte Sekunde des Countdowns ablief: 21.15 Uhr.
    »Ich hoff eh, dass eure Laienspieler an dem Abend dran sind. Die Österreichspiele will ich schließlich sehen«, sagte Bydlinski spöttisch.
    Kluftinger antwortete knapp: »Keine Sorge, Herr Bydlinski, das ist kein Vorrundenspiel mehr, da seid ihr eh schon ausgeschieden.«
    Nun war es Zeit, dass Kluftinger seinem Vorgesetzten, Polizeidirektor Dietmar Lodenbacher, Bericht erstattete. Schließlich zeichnete der offiziell für alle Fälle verantwortlich.
    Nachdem Kluftinger eingetreten war, legte Lodenbacher zunächst ohne Begrüßung los. Die Verwicklungen mit Österreich seien noch nicht ausgestanden, in Zukunft gebe es überhaupt keine Alleingänge mehr ohne sein Wissen, unprofessionell sei das und undiplomatisch und obendrein eine Frechheit. Nachdem der Chef der Polizeidirektion Kempten noch einige stark niederbayerisch intonierte Ausdrücke wie »Grattlerei«, »dös geht geng meine Autorität« und »Schlomparai, elendige« hinterhergeschoben hatte, verriet er auch den Grund seines morgendlichen Wutausbruchs: Der Innenminister habe kein Verständnis für die Aktion mit den Österreichern gezeigt und angekündigt, in Zukunft genauer hinzuschauen in Kempten.
    Ob Kluftinger wisse, was das bedeute, wollte Lodenbacher schließlich wissen. Als der verneinte, prasselte ein wahrer Sturzbach von Schreckensszenarien auf den Kommissar ein. »Disziplinarverfohrn«, »Zwangsvasetzung« schienen Kluftinger dabei noch die kleinsten Übel, jedenfalls gegenüber »Auflösung dea ganzn Abteilung, samt Eahna«. Er beruhigte sich aber mit der Überzeugung, dass Lodenbacher sich das in seiner Angst, bei seinem Dienstherren an Ansehen zu verlieren, nur zusammengereimt hatte. Schließlich hatte sich Kluftinger objektiv betrachtet gar nichts zuschulden kommen lassen.
    Dann forderte Lodenbacher den Kommissar auf, ihn jetzt sofort über den neuesten Stand aufzuklären. Je länger der Bericht dauerte, desto stiller wurde der Direktionsleiter. Nach fünfzehn Minuten bat er schließlich ruhig darum, eine Besprechung im kleinen Konferenzraum anzuberaumen.
    »Wo issn jetza der Herr Maier? Moant der, er miassat ned kemma?«
    Keiner der Anwesenden fühlte sich bemüßigt, zu reagieren, nur Kluftinger murmelte, er habe es ihm gerade eben gesagt, könne ihn aber gleich holen. Nach einer kurzen Pause versetzte Lodenbacher: »A gengan S’ weida, den brauch ma eigentle ned. So wichtig is der aa wieder ned, der Maier.«
    Lodenbacher hielt inne, schwieg für einige Augenblicke und hob dann feierlich an: »Meine Herrn, mia homm olle exzellente Arbat gleistet.« Nachdem sie einige ungläubige Blicke getauscht hatten, fuhr ihr Chef fort, und

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