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Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
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Hansjürgen diese Worte immer wieder, während die wogende Masse hinter ihm seinen Schritt imitierte.
    Kluftinger nutzte die Gelegenheit, um sich etwas hinter die feindlichen Linien zurückzuziehen. Bei jedem Schritt machte er einen Hopser nach hinten. Erika gelang es nicht, mit ihm auf gleicher Höhe zu bleiben.
    Doch seine Deckung hielt den durchdringenden Blicken der Tanzlehrerin Francesca nicht lange stand. »Wo isse Mann, der immer tanze Kluftingeretanz?«, dröhnte ihre Stimme aus dem Lautsprecher. »Sie musse schon mitmacke. Bitte auch gehe etwas vor, damit ick kanne Sie immer inne Spiegel observiere.«
    Kluftingers Gesicht nahm nun die rote Färbung von Francescas Tuchkleid an. Er drängte sich durch die Linie nach vorn neben seine Frau, die ihm mit tadelndem Blick zuzischte: »Jetzt reiß dich halt mal ein bissle zamm! Wir wollen hier doch Tanzen lernen, nicht Versteck-Spielen. Versau mir bitte den Abend nicht.«
    Kluftinger biss also die Zähne zusammen und machte mit, so gut es ihm eben gelang. Als Hansjürgen ihnen auftrug, die Schrittfolge laut mitzusprechen, grummelte er … so viel Opposition wenigstens musste sein … einen leicht abgewandelten Text vor sich hin: »Vor, vor, des regt mi auf, jetzt-isch-glei-Schluss!« Nach ein paar Minuten hatte sich der Text zu einem »Aus, aus, des wär so leicht, nur-ei-nen-Schuss!« gesteigert. Bevor sich der Kommissar in weiteren gewalttätigen Fantasien verlieren konnte, läutete Hansjürgen die nächste Runde ein.
    Zu den Klängen von »Tanze mit mir in den Morgen« sollten sie das eben Erlernte im Paartanz üben. Richtige Tango-Atmosphäre wollte bei den Kluftingers allerdings nicht aufkommen, denn statt, wie von Hansjürgen und Francesca gefordert und demonstriert, die Körper möglichst dicht aneinanderzupressen, hielt der Kommissar den gebotenen Abstand, um mit gebeugtem Kopf nach unten sehen zu können und seine Schritte zu kontrollieren.
    Ein Seitenblick auf den Doktor zeigte ihm, dass der schon wieder wilde Figuren fabrizierte. Gerade, als Kluftinger den Blick abwandte, vollführte Langhammer eine dieser zackigen Kopfbewegungen, wie man sie von professionellen Tangotänzern kennt. Dabei sah Kluftinger im Augenwinkel, wie sich eine Schweißsalve von der Stirn des Doktors löste und wie ein Geschoss auf ihn zuflog. Starr vor Entsetzen musste Kluftinger mit ansehen, wie dieser Schwall Schwitzwasser durch die Luft flog, immer näher kam und schließlich auf seinem Gesicht landete.
    »Bah! Wäh! Das ist ja ekelhaft! Pfui Teufel!«, schrie er sofort und putzte sich mit seinem Hemdsärmel übers Gesicht.
    »Ja, abe Reckt! Isse wirklich keine ästhetische Hochgenuss, wie Sie tanze, junge Mann«, stimmte ihm Francesca zu.
    Erika sah ihn verständnislos an. Doch die Frage, die er in ihren Augen las, blieb unbeantwortet, denn die Tanzlehrerin kam resoluten Schrittes auf ihn zu, packte seine Hand und zerrte ihn in die Mitte des Saals. »Wasse Mann macke falsch, isse tipische Feller. Alle jess bitte schaue her, damit lerne und nie mehr falsch macke.« Mit diesen Worten stellte sie sich vor den Kommissar, klatschte in die Hände, worauf das Lied von Neuem begann, und gab ihm mit einem Kopfnicken zu verstehen, dass er nun allein zu tanzen beginnen solle. Der Kommissar war so überrumpelt, dass er nicht wirklich realisierte, was er da gerade tat.
    Raus, raus, i will hier raus, und-zwar-so-fort , zählte Kluftinger im Kopf mit. Mit hängenden Schultern und eingezogenem Kopf wiederholte er immer wieder die Schrittfolge und wagte dabei nicht, in den Spiegel zu sehen und so möglicherweise das triumphierende Gesicht des Doktors oder den schockierten Blick Erikas zu sehen.
    Plötzlich spürte er ein Kribbeln in seiner Kniekehle und wagte doch einen Blick zur Lehrerin … und glaubte nicht, was er sah: Francesca hatte einen leicht verbogenen Teleskopstab in der Hand, der ein bisschen wie die Antenne seines alten Küchenradios aussah, und klopfte damit auf seine Beine: »Musse locker macke inne Knie, junge Mann! Nix so steif wie bei Kluftingeretanz. Komme ssu mir!« Sie zog ihn so eng an sich, dass er ihre üppigen Formen unter dem Flattergewand spüren konnte. Dann legte sie mit ihm einen Tango aufs Parkett, dass ihm Hören und Sehen verging. Der schwindelerregende Tanz wurde nur ab und zu durch ihre Ermahnungen unterbrochen, etwa: »Nix wackele mit Oberekorper, simmer nix inne Bierzelt bei Schunkeln, oda?«
    Als sie ihn wieder entließ, sah Kluftinger nicht viel anders

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