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Lamento

Titel: Lamento Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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da so an? Ich sehe nichts. Ist da irgendjemand?«
    Luke schüttelte den Kopf. »Ich bin ziemlich sicher, dass du
sie
jetzt alle sehen kannst, wenn du dich ein bisschen anstrengst. Aber es gibt nichts zu sehen. Noch nicht.«
    »Noch nicht?«
    Er wies auf den Hang, auf dem der Garten lag. »Dieser große Hügel, die Weißdorne, der Sturm … Es gäbe wohl kaum einen besseren Ort und Zeitpunkt für die
Daoine Sidhe
, zu erscheinen.«
    Der Name hallte in meiner Seele wider, als sollte ich ihn wiedererkennen. »Was ist das?«
    »Die ›Ewig Jungen‹. Die Feen, die die Göttin Danu verehren. Sie sind …« Er schien nach den passenden Worten zu suchen. »… sie
sind
Musik. Musik ruft sie herbei. Dafür leben sie.« Er zuckte mit den Schultern. »Und wenn irgendwelche Musik sie anlocken dürfte, dann deine.«
    Meine Finger legten sich um den Schlüssel an meinem Hals. »Müssen wir jetzt Angst haben?«
    »Ich glaube nicht. Sie verweigern der Königin die Gefolgschaft, und sie hat ihrerseits alles in ihrer Macht Stehende getan, um
sie
zu vernichten. Von allen Feen sind sie die schwächsten in der wirklichen Welt – der Menschenwelt. Sie bräuchten schon ein Gewitter wie gerade eben, um auch nur daran zu denken, vor der Mittsommernacht zu erscheinen.« Doch die Wachsamkeit, mit der er die Bäume im Auge behielt, sagte mir, dass er sie trotzdem als potenzielle Bedrohung betrachtete. Ich zog eine Augenbraue hoch. »Ich habe dir doch gesagt, dass es so etwas wie eine ungefährliche Fee nicht gibt, oder? Es gibt
Sidhe
, die dich töten würden, um sich deine Stimme zu eigen zu machen«, erklärte er.
    Leicht erschrocken starrte ich zu den Weißdornen hinüber.
    »Ich werde nicht zulassen, dass dir jemand etwas tut«, sagte Luke leise.
    Ich glaubte ihm beinahe. Er hätte mich von seiner Unbesiegbarkeit überzeugen können, wenn ich nicht gesehen hätte, wie er zuckend auf den Küchenboden geschleudert wurde, von einem Feind, der sich nicht einmal im selben Haus befand. Doch ich reckte das Kinn und lehnte die Harfe wieder an meine Schulter. »Ich weiß. Möchtest du noch etwas spielen?«
    »Mit dir will ich Musik machen, bis ich einschlafe, und dann aufwachen und weiterspielen. Natürlich will ich.«
    Ich begann ein stimmungsvolles Lied in Moll, langsam und gedämpft. Luke erkannte die Melodie sofort und hob seine Flöte.
    Im Schatten der Weißdornbäume regte sich die Dunkelheit.
    Das Lied pulsierte rhythmisch wie der Schlag eines Herzens, angetrieben von einer Trommel, die schwach aus den Tiefen der Bäume drang. Ich konnte die Musik förmlich
sehen
, dicht verwoben wie ein Spinnennetz. Sie reckte sich in die Dunkelheithinaus, wo sie die Schatten ins Leben lockte. Jeder verliebte Ton, jeder hoffnungsvolle Takt, jedes bisschen emotionsgeladener Klang nahm Gestalt an; und im Schatten der Weißdornbäume wurde das Lied Wirklichkeit, wurde zu Fleisch und Blut.
    Die beiden Feen, die zwischen den Bäumen standen, waren zierlich und anmutig, und ihre helle Haut hatte einen grünlichen Schimmer, entweder von der eigentümlichen Beleuchtung oder von Natur aus. Eine hielt eine Fiedel in den lang-gliedrigen grünen Händen und wandte uns das junge Gesicht zu, die andere trug eine Handtrommel unterm Arm. Im Gegensatz zu Eleanor und Sommersprosse hätte man diese beiden nie für Menschen halten können. Aber sie waren ebenso schön wie fremdartig.
    Ich ließ das Lied verklingen und rechnete halb damit, dass sie verblassen würden. Doch sie blieben und beobachteten uns aus ihrem kleinen Hain.
    »Die beiden kenne ich. Ich nenne sie Brendan und Una.« Ich schrak zusammen, als ich Lukes leise Stimme an meinem Ohr hörte.
    »Du
nennst
sie? Was willst du damit sagen?«
    »Die
Daoine Sidhe
nennen niemandem ihren richtigen Namen«, fuhr er leise fort. »Sie glauben, dass sie damit anderen Macht über sich verleihen würden. Steh auf, wenn du mit ihnen sprichst. Es wäre sehr unhöflich, sitzen zu bleiben.«
    Er stand auf, hob den Kopf und sprach die Feen an. »Brendan. Una.«
    Brendan trat näher. Seine Miene wirkte neugierig, beinahe freundlich. »Luke Dillon. Ich dachte mir doch, dass ich deine ganz besondere Art von Leid gehört hätte.« Er wollte unter den Bäumen hervortreten, wich aber sofort wieder zurück und hielt sich die Hände vors Gesicht. »Und immer noch bis an die Zähne bewaffnet.«
    Ich dachte erst, er meinte damit Lukes versteckten Dolch, doch Brendans Blick war auf den Schlüssel an meinem Hals gerichtet. Luke nickte. »Mehr

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