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Lamento

Titel: Lamento Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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denn je.«
    Brendan hob seine Geige, ein wunderschönes Instrument, mit Goldfarbe bemalt oder vergoldet und mit einem Muster aus verflochtenen Blumen und Ranken verziert. »Ich wollte dich fragen, ob ich mit dir spielen darf, aber du weißt ja, dass ich dieses Zeug nicht ertrage. Könntest du es ihr nicht abnehmen, damit wir zusammen spielen können wie früher?«
    Luke schüttelte den Kopf und sah mich an. Seine Miene drückte deutlich aus, wie wichtig es ihm war, mich zu beschützen, und mir wurde warm. »Ich fürchte, diesmal können wir es nicht ablegen. Es tut mir leid.«
    Una – zierlicher als Brendan mit hellem Haar, das in dicken, hochgesteckten Zöpfen auf ihrem Kopf arrangiert war – ergriff das Wort. Ich war nicht sicher, ob ihre Stimme neckend oder höhnisch klang. »Sieh nur, wie er glüht, wenn er sie anblickt.«
    Brendan sah sich stirnrunzelnd nach ihr um, ehe er sich wieder mir zuwandte und mich und meine Harfe mit abschätzendem Blick betrachtete. »Du also bist die andere Stimme, die ich gehört habe. Du spielst beinahe so gut wie eine von uns.« Luke warf mir einen scharfen Blick zu, und ich wusste, dass dies ein ungeheures Kompliment war.
    Ich stand auf und versuchte, mich daran zu erinnern, was in den alten Märchen über die Feen-Etikette stand. Mir fielen nur ein paar vereinzelte Ratschläge ein: Sei höflich, iss niemals Feenspeisen, und wenn du Hausgeister loswerden willst, lege ein paar überzählige Kleidungsstücke für sie heraus. Ich war nicht sicher, ob irgendetwas davon hier zutraf. Also versuchte ich es mit ein wenig Schmeichelei, die bei Moms Catering-Kunden immer Wirkung zeigte. »Ich bin nicht sicher, ob das überhaupt möglich ist, aber trotzdem danke.«
    Bei dem Kompliment verzogen sich Brendans Lippen zu einem angedeuteten Lächeln, während ich insgeheim einen erleichterten Seufzer ausstieß. Offenbar hatte ich mich richtig verhalten.
    »Ich denke, dein Dasein wäre wesentlich angenehmer, wenn du mit uns statt in dieser Welt musizieren würdest«, entgegnete er. »Bestimmt ist dir bewusst, dass Luke Dillon und seine Musik nicht so sind wie die meisten deiner Art.«
    »Er hat bei den Besten gelernt«, fügte Una hinzu, deren Stimme mit einem Mal erschreckend nahe war.
    Ich wandte den Kopf und sah sie nur wenige Meter entfernt stehen. Im selben Moment trat Luke hinter mich und schlang schützend die Arme um meinen Oberkörper. Seine Stimme klang liebenswürdig, obwohl er mich festhielt. »Nicht, dass ich dir nicht trauen würde, Una.«
    Una lächelte und wirbelte auf dem Gras herum. »Oh, Brendan, sieh nur, wie er sie im Arm hält.«
    Brendan lächelte nicht, sondern musterte uns weiter. »Dies ist also Deirdre, ja? Ich habe in
Tir na Nog
Gerüchte über Luke Dillon und seinen Ungehorsam gehört. Es heißt, dass der Mann, der niemandem Liebe entgegenbringt, nun selbst in ihren Klauen leidet.«
    Lukes Stimme klang nachdenklich. »Das ist wahr.«
    Brendan betrachtete ihn ernst. »Trotz und Auflehnung sind Züge, die wir sehr schätzen, aber ich glaube, sie werden dir nicht dienlich sein. Die Königin ist eine eifersüchtige Herr-scherin.« Er sah mich an. »Weißt du, welches Schicksal ihn erwartet, weil er dich verschont hat?«
    »Sie hat mich nicht darum gebeten«, fuhr Luke auf.
    Una trat noch näher. Offenbar störte sie sich weniger an dem Eisen als ihr Gefährte. Ihr Blick bohrte sich in meinen, und ich hatte das seltsame Gefühl, in den alterslosen grünenTiefen ihrer Augen zu versinken. Dann bildeten sich kleine Fältchen darum, als sie grinste. »Liebst du ihn?«
    Ich spürte, wie Luke hinter mir erstarrte. Es gab eine Million Gründe, weshalb ich hätte nein sagen sollen. Doch nur eine Antwort entsprach der Wahrheit, obwohl sie sogar mir selbst völlig irrational erschien.
    Ich nickte.
    Luke stieß den Atem aus.
    Unter den Weißdornen, das Gesicht vom letzten Abendlicht nur halb beleuchtet, runzelte Brendan die Stirn. »Wie interessant. Es ist sehr schwierig, Menschen zu verstehen – sogar bei dir, Luke Dillon, obgleich du uns so ähnlich bist.«
    Una tanzte zu Brendan zurück, umkreiste ihn und strich ihm mit den Händen über Brust und Rücken. »Hast du ihre Musik nicht gehört, mein Freund? Hast du schon jemals Menschen gehört, die solche Musik spielen? Das also muss die Liebe sein.«
    »Nein, so hört sie sich nur an«, sagte Luke hinter mir mitfühlend.
    »Ein Symptom«, erklärte Brendan, als wäre die Liebe eine Krankheit, mit der sich allein die Menschen

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