Land aus Feuer und Wasser
Stunden konnte es währen, dann würde die Tiefe von 50 Metern erreicht sein, die der Plan von Professor Eggerth für den Schacht vorsah. Und dann würde man vom Schachtgrund aus zwei Stollen vortreiben.
Das war der Stand der Arbeiten, als über der Seekimm im Norden die Masten eines Schiffes auftauchten. Ein undeutlicher Fleck zunächst und noch von niemand auf der Insel bemerkt. Doch bald war der Fleck viel größer und deutlicher geworden, und als Dr. Schmidt sein Fernglas darauf richtete, konnte er Masten unterscheiden und Decksaufbauten eines Motorschiffes erkennen.
Ein Schiff? Schon eine Seltenheit in diesem so wenig befahrenen Teil der Südsee, ein Motorschiff? Der lange Schmidt stellte sein Glas noch schärfer ein und kniff die Lider zusammen. Die Berenice Captain Drydens konnte das sein, der sich – darüber war Dr. Schmidt unterrichtet – mit seinem Schiff in dieser Gegend der Südsee herumtrieb. Ein Zweifel, daß das Schiff geraden Kurs auf die Insel zu hielt, war kaum noch möglich. Kurz entschlossen schob Dr. Schmidt sein Fernrohr zusammen, klemmte es sich unter den Ann und eilte zu ›St 25‹, um Professor Eggerth von dem voraussichtlichen Besuch zu benachrichtigen.
5
Captain Dryden hatte sich mit der Ausführung des Auftrages, den das Carnegie-Institut ihm erteilte, reichlich Zeit gelassen. Mehrere Tage hindurch lag die Berenice bei völliger Windstille unbeweglich auf der gleichen Stelle. Während die Botaniker und Zoologen, die sich an Bord befanden, gute Zeiten hatten und nach Herzenslust ihre Netze und Angeln auswerfen konnten, reckte sich Captain Dryden behaglich in seinem Liegestuhl auf Deck. Nur hin und wieder unterbrach er das süße Nichtstun, um einige nach seiner Meinung überflüssige Funksprüche des Instituts zu erwidern. Aus dem, was in seinen Antworten stand, konnten die Herren in USA entnehmen, daß die Berenice mit Motorkraft ihren Kurs auf die Insel verfolgte.
Als schließlich mit Beendigung der Windstille die Botaniker und Zoologen ihre Tätigkeit einstellten und Captain Dryden die Berenice südwärts steuern ließ, tat er es, obwohl er den Auftrag, den man ihm erteilt hatte, für zwecklos hielt. Was mit dieser Insel los war, glaubte er bereits zur Genüge bei seinem letzten Besuch festgestellt zu haben. Der Nebel, der sie damals verhüllte, würde sich jetzt wohl verzogen haben, aber ob er von der Insel überhaupt noch etwas vorfinden würde, erschien ihm mehr als zweifelhaft.
Mit einer größeren Sorgfalt als sonst nahm er die tägliche Ortsbestimmung vor und wiederholte sie mehrmals am Tage, als die Berenice sich der Stelle näherte, an der die Insel gelegen hatte.
Etwa zehn Seemeilen konnte er von seinem Bestimmungsort noch entfernt sein. Wenn von der Insel noch etwas vorhanden war, mußte es bald über der Kimm auftauchen. Er schickte einen Mann auf den Fockmast, mit dem Befehl, scharf Ausschau zu halten. Der war kaum oben, als auch schon sein Ruf ertönte: »Land voraus!«
Er ging selbst auf die Brücke und spähte mit einem guten Glase aus, während die Berenice ihren Kurs verfolgte.
Eine Spitze konnte er jetzt über der Kimm bemerken. Etwas, das sich, während die Minuten verrannen, immer mehr zu einem Bergkegel auswuchs. Ein leichtes Wölken schien über der Spitze zu schweben, doch sonst war von dem früheren Dunst und Nebel keine Spur mehr vorhanden. Und dann wurde das, was am Horizont auftauchte, immer breiter und massiger. Höhenzüge und das bläuliche Grün weit entfernter Wälder konnte Captain Dryden durch sein Glas erkennen, zu derselben Zeit, zu der Dr. Schmidt das seinige absetzte und nach ›St 25‹ eilte.
Der Captain unterdrückte einen ellenlangen Fluch, während sein Hirn bereits nach einer Begründung für seine frühere Meldung zu suchen begann. Die undurchdringlichen Dampfmassen damals … der veränderte Seeboden … Dunkel entsann er sich, daß er auch etwas von dem im weiten Kreis kochenden Meer gefunkt hatte … Das alles zusammen noch einmal gut aufgebauscht und richtig vorgebracht, gab vielleicht die Möglichkeit, sich dem Institut gegenüber herauszureden. So stellte sich Captain Dryden die Angelegenheit vor, denn von den weitreichenden politischen Folgen, die sein damaliger Funkspruch nach sich gezogen hatte, wußte er ja nichts.
Meile um Meile brachte die Berenice hinter sich, und deutlich wurden jetzt Einzelheiten auf der Insel erkennbar. Ein Mast, an dem eine Flagge wehte. Von der Besitznahme der Insel einige Tage vor der
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