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Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Ledergürtel um die schmalen Hüften schlingend, eilte der Junge ans Fenster.
    Er hatte lange geschlafen, und anders als sonst hatte Urys, sein stets besorgter Ziehvater, ihn nicht geweckt. Die Sonne stand hoch über den Bergen, und eine klare, frische Luft drang in Erwyns Lungen, als er das schmale Fenster aufstieß. Jenseits davon fiel der Fels steil in die Tiefe.
    Etwas erregte die Aufmerksamkeit Erwyns. Es war ein Zug, der sich von Norden her auf die Zwergenfestung zubewegte, geradewegs aus Richtung des Großen Sees. Doch so sehr Erwyn seine jungen Augen bemühte – er konnte nur einige Karren erkennen, die von Fellhörnern gezogen wurden, und dass Zwerge die Kolonne begleiteten.
    Mehr war auf die Ferne nicht auszumachen, aber ein untrügliches Gefühl sagte Erwyn, dass dieser Zug die Veränderung bringen würde, die er nach dem Erwachen gespürt hatte – und auf die er sein Leben lang gewartet hatte…

 
    32
     
     
     
    Als Alphart die Augen aufschlug, hätte er nicht zu sagen vermocht, ob er noch am Leben war oder schon tot. Das Letzte, woran er sich erinnerte, war der Strudel, der seine Gefährten und ihn in die Tiefe des Sees gezogen hatte, und der mörderische Rachen der Bestie, der sich unter ihnen öffnete.
    Wo also war er? Befand er sich bereits im Reich des Schöpfergeists, um in dessen immergrünen Gründen auf die Jagd zu gehen? Der Wildfänger richtete sich auf und sah eine schemenhafte Gestalt. Schon glaubte er, dass es sich um seinen Bruder handelte, und wollte ihn freudig begrüßen. Aber dann wurde das Bild vor seinen Augen schärfer. Nein, es war keineswegs Bannhart, der vor seinem Lager hockte, sondern Yvolar der Druide.
    Und in diesem Moment begriff Alphart, dass er auch nicht tot war, auch wenn er sich beim besten Willen nicht erklären konnte, wo er sich befand, wie er dorthin gekommen und wie er gerettet worden war…
    »Guten Morgen, Wildfänger«, hörte er Yvolar mit vergnügter Stimme sagen. »Hast du gut geschlafen?«
    Erst da nahm Alphart wahr, dass er in einem Bett lag, das groß war und wunderbar weich, und unter einer Decke, die ihn herrlich wärmte. Der Jäger, der an das Leben in der rauen Natur gewöhnt war, konnte sich nicht erinnern, jemals auf einem Lager wie diesem geruht zu haben, und er wusste nicht, wie lange er geschlafen hatte, aber er fühlte sich frisch und ausgeruht.
    Er sah das wissende Lächeln im faltigen Gesicht des Druiden. Yvolar saß am Fußende des Bettes auf einem mit reichen Schnitzereien verzierten Stuhl und paffte an einer langstieligen Pfeife.
    »Es wurde auch allmählich Zeit, dass du erwachst«, sagte er schmunzelnd. »Dein Schnarchen war kaum noch auszuhalten.«
    »Wie lange habe ich denn geschlafen?«, murmelte Alphart.
    »Fast einen halben Tag.«
    Alphart riss die Augen weit auf. »Bei Furrars Fluch!«, wetterte er. »Ein halber Tag, sagst du!« Dann wollte er wissen: »Wo sind die anderen? Der Gilg und die Fischer?«
    »Sieh an.« Yvolar lächelte. »Wie schön, dass du nach ihnen fragst. Offenbar schlägt dein Herz doch nicht nur für deine Rache.«
    »Wo sind sie?«, wiederholte Alphart in barschem Ton.
    »Es geht ihnen gut«, versicherte der Druide und nahm die Pfeife aus dem Mund. »Die beiden Fischer, die den Angriff des Seeungetüms überlebten, sind bereits auf dem Weg zurück nach Seestadt, und Leffel Gilg hält gerade ein ausgiebiges Mittagsmahl. Nachdem er wieder zu sich kam, hatte er vor allem Hunger.«
    Alphart grinste. »Sieht ihm ähnlich…« Dann blickte er sich in der Kammer um, deren Decke gewölbt war und deren hohe steinerne Wände silbern glitzerten. Sonnenschein fiel durch ein schmales Fenster mit bunt gefärbtem Glas, sodass unwirkliches farbiges Licht den Raum erfüllte.
    »Wo bin ich?«, wollte der Jäger wissen.
    »In Glondwarac«, entgegnete Yvolar schlicht.
    »Der Zwergenfestung?«, fragte Alphart erstaunt.
    »So ist es«, bestätigte der Druide gelassen.
    »Dann… haben wir es also geschafft?«
    »Allerdings.«
    »Aber wie kann das sein? Das Letzte, woran ich mich erinnere, ist der Strudel, der uns alle verschlungen hat. Und da war diese Bestie, die…« Er verstummte.
    »Glücklicherweise bekam ich meinen Druidenstab noch rechtzeitig zu fassen«, erklärte Yvolar zwischen zwei Pfeifenzügen.
    »Verstehe«, murmelte der Wildfänger. »Ist die Kreatur tot?«
    »Das wohl nicht. Aber es werden Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende vergehen, bis sie sich wieder blicken lässt. Ich bin ihr gefolgt bis hinab zum

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