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Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Titel: Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Berggipfeln flackerten – zornige Entladungen zerstörerischer Energie, die erahnen ließen, was schon bald über die Sterblichen hereinbrechen würde. Muortis hatte seine Rückkehr von langer Hand vorbereitet; er hatte seine Kräfte gesammelt und ein Heer geformt und entfesselte nun die Elemente. Eis und Kälte drang aus den Tiefen und sorgte dafür, dass das Wetter in Unordnung geriet. Stürme brauten sich zusammen, schlimmer als alles, was Allagáin je erlebt hatte.
    Das Ende der sterblichen Welt war nahe.
    Die Gefährten konnten es fühlen.
    Fassungslos starrten sie auf das beängstigende Schauspiel, das sich am Himmel vollzog, auf die dunklen Wolken, die sich dort ballten und nicht selten die Form bizarrer Fratzen annahmen; höhnisch blickten sie auf das verbliebene Quartett unter ihnen herab, dessen Mission, die Welt zu retten, kläglich gescheitert war.
    »Verdammt!«, schrie Alphart in seiner Verzweiflung gegen den aufkommenden Sturmwind an. »Die Welt versinkt in Kälte und Eis, und der einzige Gegenstand, der die Rettung bringen könnte, soll nutzlos sein in unseren Händen?«
    Beherzt griff der Jäger nach dem Sylfenhorn, riss es Leffel aus den Händen, zerrte es aus dem Umhang hervor, in den der Gilg es gewickelt hatte, setzte es an die Lippen, holte tief Luft und stieß mit aller Kraft hinein.
    Nicht mehr als ein klägliches Tuten quälte sich aus dem Trichter, das der Wind sogleich davontrug. Alphart versuchte es noch einmal und noch einmal. Seine Bemühungen blieben jedoch auch weiterhin fruchtlos, sodass er das Instrument in einem Anfall von zorniger Verzweiflung von sich schleudern wollte.
    »Gib es nicht aus deinen Händen! Das Horn kann dunkles Schicksal wenden!«, rief Mux entsetzt, worauf sich der Wildfänger tatsächlich besann. »Ein jeder sollte es probieren, mit dem Horn zu musizieren«, fügte Mux leiser hinzu.
    »Nur zu!«, brummte Alphart und warf ihm das Instrument, das beinahe so groß war wie der Kobling selbst, vor die Füße. »Tu, was du nicht lassen kannst, und verschwende deine Zeit. Ich werde mich unterdessen auf den Weg ins Tal machen.«
    »Um was zu tun?«, wollte Leffel wissen.
    »Dämliche Frage!«, rief Alphart gegen den Wind. »Um zu kämpfen natürlich. Meine Klinge soll Erlblut schmecken, ehe alles in Finsternis versinkt.«
    »Damit wirst du nichts ändern«, gab der Gilg zu bedenken.
    »Nein«, gab Alphart zu. »Aber dadurch, dass ich hier bleibe und meine Zeit verschwende, ändere ich ebenfalls nichts.«
    Damit wandte er sich um und begann den Abstieg über das steile, verschneite Gelände, über dem sich die Wolken immer noch dunkler und bedrohlicher zusammenballten. Donner erklang, der den ganzen Berg zu erschüttern schien, gleißende Blitze zuckten aus der Schwärze. Ein Schneesturm, wie die Welt ihn noch nie gesehen hatte, würde bald losbrechen und alles unter sich begraben…
    »Was machen wir jetzt?«, fragte Leffel ratlos und blickte verzweifelt zwischen dem Kobling und dem sich mit entschlossenen Schritten entfernenden Wildfänger hin und her. »Was sollen wir nur tun, Mux?«
    Anstatt etwas zu erwidern, legte ihm der Kobling das Horn vor die Füße.
    »Ich?«, fragte Leffel ungläubig.
    Mux nickte.
    »Ich soll es versuchen? Aber ich bin nur ein einfacher Bauer aus Allagáin – und noch nicht mal ein besonders fleißiger…«
    Statt zu antworten, zitierte der Kobling aus einem alten Lied der Zwerge, das er einst in den Stollen Glondwaracs aufgeschnappt hatte und das ihm gefallen hatte, weil es sich so hübsch reimte:
     
    So lernt daraus für alle Zeit,
    dass nicht Gold, nicht Edelstein entscheidet,
    wer am jüngsten Tag,
    wird reinen Herzens sein.
     
    Leffel begriff, was sein kleiner Begleiter ihm damit sagen wollte, und er bückte sich zögernd und hob das Horn aus dem tiefen Schnee.
    Ein Schauer durchrieselte ihn, als er es berührte und an sich nahm, und für einen Augenblick war ihm, als hätte er das Sylfenhorn schon einmal in Händen gehalten. Natürlich war das unmöglich, aber bei all den wirren Gedanken, die ihm im Kopf herumschwirrten, und bei der Kälte, Furcht und Erschöpfung dachte der Gilg nicht weiter darüber nach. Stattdessen setzte er das Instrument an die blau gefrorenen Lippen, warf sich in die Brust – und stieß mit aller Kraft, die ihm noch verblieben war, in das Horn Danaóns.
    Es war, als würden Fesseln gesprengt.
    Als würden Ketten reißen, die die Welt in unsichtbaren Banden gehalten hatten – so klar und durchdringend, so

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