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Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Titel: Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Urzeiten über den See spannte und zum Symbol für Iónadors Stolz und Unbeugsamkeit geworden war, brach unter ihrer Last zusammen. Pfeiler für Pfeiler versank in den dunklen Fluten, kaum dass der letzte Flüchtling das jenseitige Ufer erreicht hatte.
    Es war kein anderer als Galfyn selbst.
    Bis zuletzt hatte der junge Häuptling des Falkenclans auf der Brücke ausgeharrt, während Menschen und Zwerge aus der dem Untergang geweihten Stadt geflüchtet waren. Dennoch waren viele ums Leben gekommen, insbesondere die schwer Verwundeten, die man hatte zurückgelassen müssen, weil ein schneller Abtransport nicht organisiert werden konnte.
    Als Galfyn auf das Bild der Zerstörung blickte, empfand er tiefe Trauer. Trauer über jene, die in diesem schrecklichen Inferno ihr Leben gelassen hatten; Trauer über diejenigen, die in der verbissen geführten Schlacht gefallen waren, unter ihnen Barand von Falkenstein, Geltar vom Schlangenclan, Baras von den Bärenkriegern und Fyrhack, der Letzte der Feuerdrachen.
    Doch immerhin waren ihre Opfer nicht vergebens gewesen, denn auch wenn die Goldene Stadt nicht mehr existierte, hatten die Streiter des Lichts am Ende den Sieg davongetragen.
    Galfyn wusste nicht zu sagen, welcher glücklichen Fügung sie die Wende im Schlachtgeschehen zu verdanken hatten, warum sich die zerstörerischen Kräfte des Eises plötzlich gegen ihre eigene Brut gerichtet hatten. Der Bann des Nebelherrn war gebrochen, nur darauf kam es an.
    Verschwunden waren der Schild und der Turm, der ihn gestützt hatte, fort auch die Stadt mit ihren weißen Mauern und schimmernden Dächern. Ein gewaltiges Kar erstreckte sich dort, wo sich Iónador befunden hatte, und verlieh den Überresten des Schildbergs eine hornartige Form. Vermutlich würde es nicht lange dauern, bis sich an den Hängen dichter Wald erstreckten und eine neue Stadt am Ufer des Spiegelsees errichtet würde.
    Auch der See selbst hatte durch den Erdrutsch eine neue Form bekommen; während das östliche Ufer völlig verschüttet war, ragte ein Stück weiter westlich eine Geröllzunge so weit ins Wasser, dass sie bis ans diesseitige Ufer reichte und den See teilte. Nichts mehr erinnerte an das einstige Gewässer, das vermutlich schon bald einen anderen Namen bekommen würde.
    Galfyn merkte, wie jemand neben ihn trat. Es war Rionna. Statt den Hang hinaufzulaufen, wie die meisten Flüchtlinge es getan hatten, war sie am Ufer des Sees zurückgeblieben und hatte das furchtbare Schauspiel der Zerstörung schaudernd mitangesehen. Noch immer waren die überstandenen Schrecken in ihren Zügen zu erkennen, aber Galfyn konnte nicht anders, als sie für ihren Mut und ihre Fassung zu bewundern – und für ihre Schönheit, die trotz allem ungebrochen war.
    Schweigend blickten sie hinaus auf den See, dessen aufgewühlte Oberfläche im letzten Licht des Tages schimmerte. Eine Brise kam auf, die nicht mehr kalt war und eisig, sondern angenehm lau. Der würzige Duft von Spätsommerblüten, den sie auf ihren Schwingen trug, wehte über den See und vertrieb die letzten Staubwolken.
    Die Veränderung, die nicht nur Allagáin, sondern die ganze Welt betraf, lag spürbar in der Luft. Schon bald würde die Nacht hereinbrechen, und wenn der neue Tag heraufdämmerte, würde eine neue Zeit anbrechen.
    Die Ära der Mythen war vorüber.
    Jene der Menschen hatte begonnen.

 
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    Es dauerte nicht lange, bis die Kunde vom Ende des Krieges und vom Sieg des Lichts über den grimmen Winter auch bis in den entlegensten Winkel Allagáins gedrungen war. Vom Wang bis ins Egg, vom Ried bis ins Moos verbreitete sich die frohe Nachricht, und über die Ruinen des alten Grenzwalls hinweg gelangte sie auch bis weit hinein in den Dunkelwald.
    Vielfältig waren die Geschichten, die man sich erzählte über einen einsamen Jäger aus dem Oberland, einen Jungen aus dem Zwergenreich, einen geheimnisvollen Druiden, einen vorlauten Kobling, einen Bärengänger und einen beherzten Unterländer mit Namen Leffel Furr, der im Augenblick der höchsten Not über sich hinausgewachsen war und seine wahre Berufung erkannt hatte. Überall in Allagáin wurden die Gefährten als Helden gefeiert – auch in einem gewissen Dorf im Unterland, wo man erkennen musste, wie unrecht man einem ungeliebten Mitmenschen getan hatte, den man abwertend den Gilg genannt hatte. Ein Magistrat namens Belmus Grindl verschwand über Nacht aus Allagáin und wurde nie mehr gesehen, und eine resolute Witwe namens Burz

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