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Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Titel: Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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verirrter Pfeil ereilt hatte, um sowohl seiner Regentschaft als auch seinen hehren Idealen ein jähes Ende zu setzen.
    Erst ganz zuletzt, als seine Züge bereits vom nahen Tod gezeichnet gewesen waren, hatte Karrol die Wahrheit erkannt – den Ausdruck im Gesicht seines Bruders würde Klaigon nie vergessen. Kein Vorwurf hatte darin gelegen, sondern eine Mischung aus Unglauben und grenzenlosem Erstaunen – die gleiche naive Mischung, die Klaigon auch in den Zügen seiner Nichte Rionna gesehen hatte, als er ihr die Wahrheit über den Tod ihres Vaters enthüllte.
    Rionna…
    Der Gedanke an seine Nichte ließ Klaigon missbilligend mit der Zunge schnalzen.
    Karrols Tochter war ihrem Vater in vielfacher Hinsicht sehr ähnlich. Der gleiche Starrsinn, der gleiche törichte Hang zum Idealismus, die gleiche Blindheit für die Schliche des Bösen. Nur aus dem einen Grund hatte Klaigon sie zunächst unbehelligt gelassen: weil sie seinen Plänen lebend zuträglicher gewesen war als tot. Ein weiteres Bündnis, das Klaigon auf Zeit geschlossen hatte. Er hatte vorgehabt, Rionna mit Barand von Falkenstein zu verheiraten, dem tüchtigen, aber nicht eben klugen Oberbefehlshaber seiner Armee; auf diese Weise hätte sich Klaigon der immerwährenden Loyalität der Soldaten Iónadors versichert, die wie ein Mann hinter Barand standen.
    Diese Taktik hatte sich jedoch als Fehlschlag erwiesen. Den Starrsinn und die Einfalt hatte Rionna von ihrem Vater geerbt, jedoch nicht dessen sanftmütiges Wesen. Nicht nur, dass sie sich Klaigon offen widersetzt und sich geweigert hatte, Barand zu heiraten; sie hatte ihren Onkel auch hintergangen, und das gleich zweimal binnen kürzester Zeit.
    Das erste Mal, als sie sich heimlich davongeschlichen und auf den Weg nach Damasia gemacht hatte, um den Druiden und die beiden Einfaltspinsel vor dem Meuchelmörder zu warnen, den Klaigon ihnen nachgesandt hatte. Das zweite Mal, als sie ihre Zofe Calma damit beauftragt hatte, Barand von Falkenstein über die jüngsten Vorgänge in Iónador in Kenntnis zu setzen.
    Darüber, was geschehen wäre, hätte Barand den verräterischen Brief erhalten, konnte Klaigon nur spekulieren. Wahrscheinlich, so vermutete er, hätte Barand das Schreiben gelesen und es anschließend sofort ins Feuer geworfen, da ihm sein Treueschwur gegenüber seinem Lehnsherrn mehr galt als alle Warnungen. Vielleicht aber – und dieser Gedanke beunruhigte den Fürstregenten – hätte Barand den Feldzug auch für beendet erklärt und wäre nach Iónador zurückgekehrt, und was dies bedeutet hätte, darüber wollte Klaigon lieber gar nicht nachdenken.
    Brauchte er auch nicht.
    Er hatte das verräterische Komplott aufgedeckt, noch ehe irgendein Schaden entstanden war, und die verräterische Zofe ihrer gerechten Strafe zugeführt. Ihren Kopf aber hatte er seiner Nichte geschickt, um ihr klarzumachen, dass ihr verantwortungsloses Handeln verheerende Folgen hatte. Und weil es ihm Freude bereitet hatte, das Entsetzen und die Furcht in Rionnas rebellischen Zügen zu sehen, hatte er ihr auch erzählt, wer in Wahrheit für den Tod ihres Vaters verantwortlich war.
    Klaigon war erleichtert darüber.
    Er hatte es sattgehabt, nach außen stets eine Maske tragen und seine wahren Ziele und Beweggründe verbergen zu müssen. Nun jedoch, da Karrols Tochter im tiefsten Verlies Iónadors gefangen saß und die Mächtigen des Reiches das Tal des Allair mit ihrem Blut tränkten, gab es niemanden mehr, der ihm gefährlich werden, geschweige denn ihn aufhalten konnte. Endlich konnte Klaigon das tun, was ihm beliebte und wozu sein berechnender Verstand ihm riet – jener Verstand, der ihn an die Macht gebracht hatte und ihm dabei helfen würde, sie auch in Zukunft zu behalten…
    Einmal mehr hob der Fürstregent sein kahles Haupt und ließ den Blick über die dunkelnden Hügel schweifen, über die sich endlos scheinende Kolonnen wälzten. Von Osten und Westen strömten sie heran, um sich schließlich an der Brücke zu vereinen. Die ehrwürdige Konstruktion erbebte unter den Tritten der mit Klauen bewehrten Füße, während sie zu Hunderten, zu Tausenden darüber hinweg – und in die Stadt strömten.
    Erle.
    In der zunehmenden Dunkelheit konnte Klaigon keine Einzelheiten erkennen. Weder sah er die grässlichen Schweinsfratzen noch die schmutzigen, zottigen Felle oder die rostigen Kettenhemden, mit denen die Unholde bekleidet waren. Von seinem hohen Beobachtungsposten aus stellte sich Muortis’ Heer als dunkle, namenlose

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