Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen
»Das vereinte Heer der Menschen zieht gen Süden, um Iónador zurückzuerobern. Wenn die Erle die Stadt besetzt halten, kontrollieren sie damit die Hauptstraße und die Grenzburgen – und damit das ganze Land. Das darf nicht geschehen.«
»Was redest du?«, schnaubte Fyrhack. »Es ist bereits geschehen.«
»Fürwahr«, bestätigte Yvolar düster, »verschenkt wurde an die Schergen des Bösen, was bis zuletzt hätte verteidigt werden müssen. Die Goldene Stadt ist gefallen, ohne dass der Feind auch nur einen einzigen Verlust zu beklagen hätte. Aber dies wird sich ändern. Schon bald werden Waldkrieger und Ritter Iónadors gemeinsam gegen die jahrhundertealten Mauern anrennen…«
»… und sich dabei blutige Köpfe holen«, war Alphart überzeugt. »Ich verstehe nicht viel von solchen Dingen, aber heißt es nicht, die Goldene Stadt sei uneinnehmbar? Dass der Schildberg über sie wache und dafür sorge, dass sich kein Feind nähern kann?«
»Das ist wahr«, räumte Yvolar ein. »Dennoch haben die Menschen keine andere Wahl – selbst wenn sie vor den Toren Iónadors scheitern.«
»Was meinst du damit?«
»Das Ziel ihres Angriffs ist es, die Goldene Stadt zurückzuerobern und sie den Klauen des Feindes zu entreißen. Doch selbst, wenn dies nicht gelingt, wird der Blutzoll, der vor den Mauern Iónadors entrichtet wird, nicht vergeblich sein. Denn durch den Kampf um die Goldene Stadt wird der Herr des Eises von unserem eigentlichen Vorhaben abgelenkt.«
»Von unserem eigentlichen Vorhaben? Wovon sprichst du?«
»Das Sylfenhorn«, brachte der Druide in Erinnerung. »Es vom Gipfel des Korin Nifol zu bergen ist unsere Aufgabe und unser Ziel. Hast du das etwa vergessen?«
»Nein«, erwiderte Alphart einigermaßen verwundert. »Ich dachte nur, die Suche nach dem Horn hätte sich erledigt, nachdem sich der Drache nun doch entschieden hat…«
»Lass dich von meiner Anwesenheit hier nicht täuschen, Mensch«, unterbrach ihn Fyrhack. »Weder glaube ich an euren sinnlosen Kampf noch daran, dass der junge Spund ein Erbe Ventars ist. Selbst wenn er den Mut aufbrächte, auf meinen Rücken zu steigen und sich von mir durch die Lüfte tragen zu lassen, verfügte er nicht über die Kraft, das Sylfenfeuer zu entfesseln.«
»Das Sylfenfeuer?« Alphart blickte Yvolar fragend an.
»In den alten Tagen«, erläuterte der Druide, »als Danaóns Kämpen auf Drachen durch die Lüfte flogen, pflegten sie mit diesen Tieren auf eine Art und Weise zu verschmelzen, die Sterblichen stets ein Rätsel bleiben wird. Ihre Kräfte und Fähigkeiten vereinigten sich, um dem Schlund des Drachen etwas zu entlocken, das wir ›Sylfenfeuer‹ nennen – eine reine, ungebändigte Kraft, so heiß wie tausend Flammen und so hell wie die Sonne.«
Alphart nickte nachdenklich. »Deshalb warst du so überzeugt davon, dass ein Drache, geritten von Ventars Erbe, das Eis besiegen könnte…«
»In der Tat. Aber Fyrhack behauptet, bei Erwyn nichts davon zu spüren, was ich mir nicht erklären kann. Er ist Dochandar, der letzte Spross aus Danaóns Stamm…«
»Ich kann etwas fühlen«, versicherte der Drache und hob das Haupt wie ein Raubtier, das etwas wittert. »Es ist hier in diesem Lager – aber der Junge hat nicht genug davon, als dass ich mit ihm das koshángal eingehen könnte, wie die Verbindung unserer Arten in alter Zeit genannt wurde. Ich fürchte, mein Freund, du hast dich all die Jahre über selbst betrogen.«
»Möglicherweise«, meinte Yvolar und schüttelte sein kahles Haupt. Der Druide setzte alles daran, ruhig und beherrscht zu klingen, aber Alphart ahnte, wie sehr ihn all dies erschüttern musste. Der Wildfänger wusste, wie es sich anfühlte, von einem Tag auf den anderen vor den Trümmern seines Lebens zu stehen…
»Es liegt wohl daran, dass nur zur Hälfte Sylfenblut in den Adern des Jungen fließt«, überlegte Yvolar laut. »Hoffen wir, dass seine Kräfte ausreichen, um in Danaóns Horn zu stoßen.«
»Und wenn nicht?«, fragte Alphart.
»Diese Frage stellt sich nicht.« Abermals schüttelte der Druide den Kopf. »Wenn die Salige recht hatte – und wir haben keinen Grund, daran zu zweifeln –, bleibt uns nur diese eine Hoffnung, das Eis des Nebelherrn zu brechen.«
»Wir werden die Reise zum Gipfel also fortsetzen?«
»Allerdings – und wenn du erlaubst, werde ich wieder die Führung übernehmen.«
»Nichts lieber als das.« Alphart hatte das Gefühl, dass ein ganzer Steinschlag der Erleichterung von seinem Herzen
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