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Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Titel: Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Druidenstabs schaurige Ansichten aus der nebligen Dunkelheit riss.
    Eiszapfen, mörderischen Zähnen gleich.
    Höhleneingänge, dunkel wie der Rachen eines Untiers.
    Felsen, so glatt und bleich wie Knochen.
    Und waren da nicht hin und wieder scheußliche Fratzen, die in Eis und Fels gehauen waren und die Eindringlinge zornig anstarrten? Oder waren es nur Täuschungen, die der flüchtige Schein aus Nebel und Schatten formte?
    So gefesselt waren Yvolar und Alphart davon, dass sie nicht ein einziges Mal zurückblickten. Das riesige dunkle Wesen, das sie im Wasser verfolgte, sahen sie nicht.

 
    29
     
     
     
    Getrieben von Hoffnung und von der Kraft des Versprechens, das sie ihren Gefährten gegeben hatten, setzten Leffel, Walkar und Mux den langen Marsch zum Gipfel fort.
    Der Schnee, der ihnen entgegenpeitschte, brannte wie Feuer in ihren Gesichtern unter den wollenen Kapuzen und Umhängen aus Fell. Immer weiter stiegen die drei Wanderer dem fernen Gipfel entgegen, der in undurchdringlichen Nebel gehüllt war. Langsam, aber stetig kamen sie voran.
    Leffel kam nicht umhin, sich über sich selbst zu wundern. Er dachte daran, dass noch vor nicht allzu langer Zeit seine Lieblingsbeschäftigung darin bestanden hatte, auf dem großen Stein bei der alten Mühle zu sitzen und zu angeln, und dass ihm süßes Nichtstun ungleich mehr Freude bereitet hatte, als bei harter Feldarbeit zu schwitzen. Doch sein Leben hatte sich grundlegend verändert – und es machte ihm nichts aus! Sein Heimatdorf schien nur noch eine schwache Erinnerung zu sein, die im blendend weißen Schnee verblasste, und zum ersten Mal hatte Leffel das Gefühl, dass sein Dasein einen Sinn ergab.
    Von frühester Kindheit an hatten die Menschen ihn gemieden, hatten ihn wegen seiner Mütze, die er nicht einmal zum Schlafen abnahm, gehänselt und dreiste Lügen über ihn erzählt. Daran hatte sich in all den Jahren nichts geändert – nicht einmal, nachdem seine Eltern zum Schöpfer gegangen waren. In alter Tradition hatte Leffel das kleine Haus geerbt, das sie ihr Eigen genannt hatten, und war damit zum vollwertigen Mitglied des Dorfes aufgestiegen.
    Eigentlich…
    Die Wirklichkeit freilich hatte anders ausgesehen. Weder hatte man ihn zu den Versammlungen im Haus des Magistrats eingeladen, noch hatte er dabei sein dürfen, wenn die resolute Witwe Burz und ihre rosige Nichte Jolanda das alljährliche Gartenfest ausgerichtet hatten. Aus der Ferne hatte Leffel die bunten Lampions brennen sehen und die Trinklieder gehört, hatte mit den Tränen gerungen, während im Dorf gelacht und gefeiert wurde.
    Nur wenn es Arbeit gab, war man immer gern zur Stelle gewesen. »Gilg, tu dies – Gilg, tu das«, hatte es geheißen. Allerhand niedere Aufgaben hatte man ihm angetragen, die er stets bereitwillig und ohne Murren erledigt hatte. Doch wenn es ans Zahlen gegangen war, hatte es stets Beschwerden gehagelt und geheißen, dass Leffel ein ungeschickter Tölpel wäre und zu nichts zu gebrauchen; dass er die Axt des Bauern Segges stumpf gemacht hätte und daran schuld wäre, dass die Kuh das Bauern Stank zu früh gekalbt hätte; dass er das Vieh schände und nicht wüsste, wie man einen Krug Dunkelbier einschenke.
    Nein, leicht hatte es Leffel in seinem Heimatdorf wirklich nicht gehabt. Dennoch waren ihm die Menschen dort irgendwie ans Herz gewachsen: der rechthaberische Magistrat Grindl, der hitzköpfige Stank, der dicke Segges und der Gegg vom Klauberhof – und natürlich die liebreizende Nichte der Witwe Burz. Ein anerkanntes Mitglied der Dorfgemeinschaft zu sein und vielleicht eines fernen Tages das Wohlgefallen Jolandas zu erwecken, danach hatte sich Leffel mehr als nach allem anderen gesehnt, und das war auch der Grund dafür gewesen, dass er nach Iónador gegangen war und dem Fürstregenten die Nachricht vom frühen Wintereinbruch und der Sichtung garstiger Wesen überbracht hatte.
    Hätte er allerdings geahnt, worauf er sich damit einließ, hätte er sich vermutlich in seinem Bett verkrochen und wäre nie wieder herausgekommen, Dorf hin, Jolanda her. So jedoch war sein Wunsch, endlich dazuzugehören und respektiert zu werden, größer gewesen als seine Furcht vor dem, was ihn erwarten mochte, und er hatte das Moos verlassen.
    Zum Glück…
    Denn trotz allem, was ihnen widerfahren war, trotz der Verluste und Niederlagen, die sie erlitten hatten, trotz der Strapazen und der Todesgefahr, die sie auf Schritt und Tritt begleitete, trotz der Kälte, die an Haut und Knochen

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