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Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Titel: Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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sie schließlich mit dem Eis am Boden verschmolzen. Wie ein undurchdringlicher Wald erstreckte sich das Labyrinth der Eissäulen vor Erwyn, doch seine Bewacher hatten offenbar keinerlei Mühe, ihren Weg zu finden. Vielleicht, argwöhnte er, gingen sie auch nur den Geräuschen nach, die immer noch lauter und bedrohlicher wurden.
    Erwyn glaubte auch festzustellen, dass die Trolle nervöser wurden, je weiter es in die Tiefe ging. Wenn Muortis’ Diener sich schon vor dem fürchteten, was dort unten lauerte – wie würde er dann erst reagieren, wenn er es zu Gesicht bekam? Wie sollte er nicht den Verstand verlieren angesichts der Schrecken, die dort auf ihn lauerten?
    Schwerfällig stampften die Trolle durch den Irrgarten der Eissäulen, dampfenden Atem vor den Nüstern, den Blick starr geradeaus gerichtet. Für einen Augenblick erwog Erwyn zu fliehen, aber zum einen hätte er sich im Wald der Eissäulen nicht zurechtgefunden, zum anderen war die Furcht vor seinen Bewachern einfach zu groß. Einmal mehr musste der Junge erkennen, dass er nicht zum Helden geboren war, was ihn nur noch verzweifelter werden ließ. Nicht nur Yvolars Plan war gescheitert, auch er selbst konnte die hohen Erwartungen, die man in ihn gesetzt hatte, bei Weitem nicht erfüllen. Warum also mit dem Schicksal hadern? Er hatte nichts als den Tod verdient.
    Allmählich lichtete sich der Wald, und Erwyn konnte vereinzelte Blicke auf das erheischen, was sich jenseits der Säulen befand. Von Grauen geschüttelt, sah er dolchartige Klauen.
    Mörderisch gefletschte Fänge, Eiszapfen gleich.
    Einen breiten, stachelbewehrten Rücken.
    Bleiche Schuppenhaut.
    Und ein rot glühendes Augenpaar, das durch das Labyrinth des Eises geradewegs auf ihn zu starren schien.
    Obwohl Yvolar ihm die Bestie beschrieben hatte, die in den Tiefen Urgulroths hauste, war Erwyn wie vom Donner gerührt. Dies war der Eisdrache, jene aus grauer Vorzeit verbliebene Kreatur, deren Pestatem die Welt langsam erstarren ließ…
    Der Wald aus Eis lichtete sich, und sie betraten den Drachenhort. Erwyn erstarrte, nicht nur vor Kälte, sondern auch aus Furcht, denn eine grässlichere Bestie war ihm nie begegnet.
    Das Ungeheuer ruhte auf einem Lager aus schimmernden Kristallen und sah wie ein Zerrbild Fyrhacks aus. Feist und fett fläzte es in seiner Höhle, umgeben von Eis, und mit jedem Schnauben, das es von sich gab, mit jedem grollenden Atemzug spie es bitterkalte Luft aus seinem Rachen, die sich zu einer Wolke ballte, die wiederum zur hohen, trichterförmigen Decke aufstieg und durch dunkle Löcher weiter nach oben verschwand. Erwyn nahm an, dass die Kälte auf diese Weise überall hingelangte, von den Tiefen des Grundmeers bis hinauf zu den höchsten Gipfeln, um so für den tödlichen Frost zu sorgen.
    Der Brustkorb, der sich blähte wie ein Blasebalg und dieses eisige Schnauben erzeugte, war mächtig und mit milchig weißen Hornplatten versehen. Die Flügel der Kreatur lagen eng an ihrem Körper, ihr Schwanz peitschte hin und her und sorgte dabei für jenes scheußliche Heulen, das die Gänge Urgulroths durchdrang. Das Haupt der Bestie bot einen nicht weniger grässlichen Anblick: Bleiche Haut spannte sich über einem dreieckigen Schädel, in dem ein rotes Augenpaar glomm. Dass sie viel damit zu sehen vermochte, bezweifelte Erwyn – es schienen mehr die Gerüche der Eindringlinge zu sein, die die Aufmerksamkeit des Drachen erregten, sodass er in seinem Zerstörungswerk innehielt.
    Die Trolle schienen keinen Augenblick länger als nötig in Gesellschaft des Drachen verbringen zu wollen. Sie packten Erwyn und schleppten ihn rasch bis an den Fuß des Kristallhaufens, auf dem das Ungetüm thronte. Von dort aus betrachtet wirkte der Drache noch um vieles größer und Furcht einflößender, und Erwyns Verstand begann zu flackern wie eine Kerze im Wind.
    »Nein! Nein!«, schrie er aus Leibeskräften, während seine Bewacher ihn zu einer eichendicken Eissäule schleppten, die vom Boden bis zur Decke reichte und aus der Ketten mit eisernen Schellen hingen. Kurzerhand wurden sie dem Jungen angelegt, mit hässlichem Klicken schlossen sie sich um seine Handgelenke. Nur am Rande nahm Erwyn wahr, dass sie ihm ein wenig zu groß und für Gefangene gedacht waren, die älter und stärker waren als er. Unwillkürlich fragte er sich, wie viele Elende vor ihm schon an diese Eissäule gekettet worden waren und ein grausames Ende gefunden hatten.
    »Bitte nicht! Habt Erbarmen«, flehte er entgegen aller

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