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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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arbeitet, denkt irgendwann, er müsse für seine Anstrengungen belohnt werden. Und wenn man etwas will, wird man mit Zähnen und Klauen darum kämpfen.«
    Offenkundig verfolgte sie mit diesem Gespräch einen Zweck, aber William hätte bei Androhung der Todesstrafe nicht sagen können, worauf sie hinauswollte.
    »Mein Vater war ein großer Schwertkämpfer. Aber das sagte ich ja bereits. Mein Gatte …« Großmutter Az bewegte abwägend ihre verhutzelte Hand hin und her.
    »Nicht so sehr?«, erriet William.
    »Nein.« Die Alte lächelte wieder. »Er kam aus dem Broken. Aus einem Land namens Frankreich. Ein hübscher Bursche. Sehr tapfer. Aber nicht so gut mit dem Schwert. Mein Vater wollte nicht, dass ich ihn heiratete, also forderte er Henri zum Zweikampf heraus.«
    »Und Henri hat gewonnen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Aber als mein Vater seine Klinge auf Henris Herz setzte, habe ich meine gegen die Kehle meines Vaters erhoben. Und ihm gesagt, ich hätte nur ein Leben und wolle glücklich sein. Verstehen Sie, was ich Ihnen damit sagen will, Kind?«
    »Nein.«
    »Macht nichts. Das kommt noch. Denken Sie darüber nach.«
    Er hatte keinen Schimmer, wovon sie sprach. »Erzählen Sie mir von dem Monster.«
    Ihre Züge entglitten ihr. »Halten Sie sich fern von ihm. Er ist ein furchtbares Ding. Ein furchtbares, furchtbares Ding.«
    »Wer ist er? Was will er hier?«
    »Er wittert Ärger. Bald ist alles vorbei. Die Dinge kommen an ihr Ende.«
    William verkniff sich ein Grollen. Sie würde ihm gar nichts sagen.
    »Was ist mit Lark passiert?«
    Großmutter Az schüttelte den Kopf. In ihrem Gesicht klebte wieder das heitere Lächeln. William atmete Enttäuschung aus.
    »Erzählen Sie mir von Lagar Sheerile.«
    »Er ist hübsch. Reich. Auf altmodische Art stark.«
    Na toll. »Also kann er wie Cerise seinen Blitz in sein Schwert leiten?«
    »Unsere Fehde reicht lange zurück, Kind. Glauben Sie, die Sheeriles hätten so lange standgehalten, wenn sie nicht an der Alten Weise festhalten würden?« Die alte Frau seufzte schwer. »Aber bei Lagar zu Hause gibt es Probleme. Gutes Blut hat sich mit schlechtem vermischt. Die Tradition wird bald aussterben.«
    »Was soll das heißen?«
    »Kaitlin.« Sie spie den Namen aus wie eine vergiftete Frucht. »Sie entstammt einer guten Familie. Wir waren mal Freundinnen, damals, bevor sie den Sheerile geheiratet hat. Ihr Vater war ein harter Knochen. Er hat nach dem Tod seiner Frau nie wieder geheiratet. Und Kaitlin war sein einziges Kind. Sein Vermächtnis. Er hielt sie mit eiserner Hand, und nichts, nicht mal sein Tod, hat daran jemals etwas geändert.«
    Sie machte eine Geste des Abscheus. »Kaitlin verfährt mit ihren Kindern genauso. Sie treibt sie an, lenkt sie auf allen Wegen, wie Kutschpferde.« Die alte Frau schnaubte. »Lagar … aus ihm hätte etwas werden können, wenigstens aus ihm, aber sie hat das verhindert und ihm ihren Willen aufgezwungen. Kaitlin kapiert’s einfach nicht – ein Schwertkämpfer muss in der Welt seinen eigenen Weg finden, ganz gleich, wie lange er dafür braucht. Ihr Mann wusste das.«
    Ihre Stimme klang jetzt bitter. »So gutes Blut. Sie haben sich uns vier Generationen lang widersetzt und überlebt. Aber diese alte Närrin hat alles zunichtegemacht. Doch jetzt wird nicht mal mehr ihre Magie sie retten.«
    In den Augen der alten Frau loderte ein garstiges Feuer auf. Ihre Finger krümmten sich zu Krallen. Ihre Lippen kräuselten sich, sie bleckte die Zähne, und hinter ihr flackerte Magie auf, dunkel und unheimlich wie ein Gespenst. William erschrak.
    Großmutter Az blickte durch ihn hindurch und reckte mit brennenden Augen das Kinn. Ihre Stimme kollerte, tief, furchteinflößend. »Vergangen wird Kaitlin sein, vergangen ihre Kinder und ihr Heim. Wir werden die Sheeriles aus dem Gedächtnis der Welt tilgen. Von heute an in zehn Jahren wird sich niemand mehr an ihren Namen erinnern, wir aber werden immer noch hier sein und zusehen, wie das Blut der Sheeriles, das wir vergossen haben, neue Bäume aus der Erde wachsen lässt.«
    William schaffte es, tief einzuatmen. Die Luft ringsum war schwer von der dem Sumpf eigentümlichen aromatischen Stille, geil, brutal, urtümlich. Fauliger Morast, der stechende Geruch nächtlicher Blüten, der Gestank nasser Hunde aus dem Zwinger …
    Links schlug eine Tür, und das unpassend alltägliche Lachen einer Frau hallte durchs Haus.
    Sofort erlosch die wilde Wut in Großmutter Az’ Augen, sie tätschelte William sanft die

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