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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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Sichel an den Teich und fiel jäh ab, der Abhang war nach dem letzten Regenguss aufgeweicht und nass. Sträucher und Kiefern bedeckten den Hang, am Teich unten wuchs jedoch nichts, außer einer einsamen Zypresse. Der Baum streckte sich übers Wasser, ein knorriger, ergrauter Veteran zahlloser Stürme. Die Zypresse gab kein Spiegelbild, das Wasser des Teiches unter ihr war kohlrabenschwarz.
    Der ganze Ort strahlte eine seltsame, bedrohliche Ruhe aus. Das Plantschen der Agenten tat dem kaum Abbruch, nicht mehr jedenfalls, als ein Totengräber die Ruhe eines Friedhofs gestört hätte.
    William verlagerte sein Gewicht, um die Blutzirkulation in seinen Armen in Gang zu halten. Er versteckte sich oberhalb des Nordufers, weit genug entfernt, um sich den Agenten nicht offen zu zeigen, aber auch nah genug, um nicht allzu viel zu versäumen. Aus dem Beutel des Spiegels hatte er eine Fernlinse, die er wie eine Augenklappe über dem linken Auge trug. Die Linse brachte die Agenten so nah heran, dass er die Pickel in ihren Gesichtern zählen konnte.
    Einen Meter unter ihm brach der Boden abrupt weg, und der Hügel fiel achtzig Meter steil zum tiefschwarzen Wasser des Teiches ab. Spider schenkte dem Hügel nicht sehr viel Aufmerksamkeit und hatte lediglich zwei Wachen dort abgestellt. Auch sie waren in Deckung gegangen, der nächste Mann war nur fünfzehn Meter von der Stelle entfernt, an der William lag. Aber keiner von beiden würde im Zweifelsfall ein Problem darstellen. William hätte es an Spiders Stelle nicht anders gemacht: Jede Attacke von Osten, über den Hügel, würde im Torf stecken bleiben, und seine Instinkte schrien ihn an, von dem schwarzen Wasser wegzubleiben.
    Spiders Agenten waren um den Teich konzentriert. William behielt vor allem den weißen Haarschopf im Auge: Karmash. Der massige Agent bellte einer dunkelhäutigen dicken Frau einen Befehl zu. Sie warf ihr Haar zurück und lief zu einer im Schlamm liegenden Kette. Die Muskeln ihres nackten Rückens traten hervor, etwas verschob sich unter ihrer Haut wie eine Sprungfeder, dann hob sie die Kettenrolle auf und trug sie ohne erkennbare Anstrengung dorthin, wo andere Agenten bei den Zypressenwurzeln Seile entwirrten.
    Anscheinend rüsteten sie einen Flaschenzug auf, den sie in die Zypresse hängen wollten, um die Kiste aus dem Wasser zu ziehen. Clever, Spider.
    Da brach ein von Schlamm triefender Agent aus dem Morast, ganz Sehnen und Fangarme, und schleuderte eine zappelnde Schlange übers Ufer. Das Tier wirbelte durch die Luft, weg vom Hauptkontingent der Agenten. Hinter einem Holzstapel schoss eine Frau hervor, ein Blitz fuhr aus ihrem Arm, und die Schlange fiel in zwei Teilen zuckend in den Morast. Das war dann wohl Veisan …
    Dann geriet Spider, an den Holzstapel gelehnt, ins Blickfeld der Linse. Williams Nackenhaare richteten sich auf. In seinem Wolfskleid hätte sich sein Fell gesträubt, und seinem Maul wäre ein Knurren entfahren. Spider stand gekrümmt, die Linse fing dunkle Ringe unter seinen Augen ein. Der Bastard war müde. Und müde war gut.
    Zwischen Karmash und der mit Fangarmen ausgestatteten Ungeheuerlichkeit, die Williams Gedächtnis als Seth identifizierte, brach fauchend ein Streit aus. Seths Tentakel fuchtelten durch die Risse in seiner schwarzen Robe, während Karmash mit seinen schaufelgroßen Händen knappe, schneidende Bewegungen ausführte. Spider stieß sich vom Holzstapel ab. Seth verzog sich, als er bemerkte, dass er Aufsehen erregte. Karmash reagierte eine Spur langsamer, aber einen Atemzug später fand auch er eine unaufschiebbare Beschäftigung, die seinen Abgang erforderte. Spider verfiel wieder in seine gebeugte Haltung.
    Einer der Agenten würde ins Torfmoor tauchen und die Kette befestigen müssen. William lächelte. Das wollte er gerne sehen.
    Und sobald die Kiste nach oben kam, würde hier die Hölle losbrechen.
    Er hatte getan, was er konnte, befand William. Er hatte Gaston den Plan auseinandergesetzt und ihm aufgetragen, die Kopie des Journals zu verstecken und abzuwarten. Wenn er es hier nicht schaffte, würde der Junge das Journal zu Zeke bringen. Dann wäre sein Auftrag erledigt, und der Spiegel würde bekommen, was er wollte. Und die Mars wären in Sicherheit.
    Dazu musste er Spider killen. Kinderkram.
    Nun trat eine schlanke, geschmeidige Frau an den Rand des Gewässers. Flüsternd fiel ihr Gewand, und sie stand nackt da. Sämtliche Männer reckten die Köpfe. Ohne Schuppen wäre sie eine vollkommene Schönheit

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