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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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in seinen Armen.
    Verdammt. Womöglich hatte er die Grenze für sie zu schnell genommen.
    William hob sie höher, um sie betrachten zu können. »Reden Sie mit mir.«
    Ihr blutleeres Gesicht glich einem weißen Fleck im Regen. Er schüttelte sie ein bisschen und sah ihre langen, dunklen Wimpern zittern.
    »Weg«, hauchte sie. Er sah, dass sie schöne Augen hatte, groß und dunkelbraun, und in diesem Moment glänzten sie vor Erleichterung. »Das Ungeziefer ist weg. Die Punkte auch.«
    »Gut.« Er stapfte auf das Haus zu.
    »Lassen Sie mich runter.«
    Die Frau führte ihr Schwert wie der Teufel. Und einen Schlag hatte sie am Leib. Er hätte für sein Leben gern gewusst, wie sie unter ihrer Dreckkruste aussah. »Wenn ich Sie runterlasse, fallen Sie, und ich will Sie nicht noch mal aufheben, nachdem Sie sich im Dreck gewälzt haben. Ich bin so schon schmutzig genug.«
    »Sie sind ein Rüpel und ein Arsch«, beschied sie ihn und zeigte ihre kleinen, gleichmäßigen Zähne.
    Wenn sie Kraft zum Schimpfen hatte, ging es ihr wieder besser. Gut. »Sie sagen so nette Sachen. Und Ihr Spaghettiparfüm ist wirklich hinreißend. Da könnte kein Landstreicher widerstehen.«
    Sie knurrte. He.
    »Sie hören sich an wie ein angepisstes Karnickel.« Für den Fall, dass sie ihn wieder schlagen wollte, drückte er sie fester an sich und lief zum Haus, die Verandastufen hinauf und zur Tür. Die Tür sah gut und solide aus.
    »Moment!«
    Die Besorgnis in ihrer Stimme brachte ihn zum Stehen. »Was?«
    Cerise deutete mit ihrer schmutzigen Hand auf ein kleines, in den Türrahmen eingebranntes Zeichen, während sie sich mit der anderen an ihm festhielt. Der Buchstabe A mit leicht schräg stehendem Innenbalken.
    Ihre abgrundtiefen Augen weiteten sich. »Wir müssen hier weg«, flüsterte Cerise.
    »Was bedeutet der Buchstabe?«
    »Alphas.«
    Er wartete auf weitere Erklärungen.
    »Sie sind nicht aus dem Edge oder dem Weird, sondern aus dem Broken, ziehen aber ihr eigenes Ding durch und können mordsgefährlich werden. Wir sehen sie schon mal, aber solange wir sie in Ruhe lassen, tun sie uns auch nichts. Das Haus gehört ihnen. Wenn wir einbrechen und sie uns entdecken, sind wir tot.«
    William zuckte die Achseln. »Das passt schon. Das Haus steht schon seit Monaten leer.«
    »Woher wissen Sie das?«
    Er hätte ihr zu viel erklären müssen: die Schmutzschicht, die sich vor der Tür angesammelt hatte, das Fehlen menschlicher Gerüche, die Wochen oder Tage alten Duftmarken kleiner Tiere, die hier ihr Revier markiert hatten … »Ich weiß es einfach. Wer auch immer diese Alphas sein mögen – sie sind jedenfalls nicht zu Hause. Und wir benötigen eine trockene Unterkunft.«
    Alarmiert verzog Cerise das Gesicht. »Hören Sie, wir müssen hier weg. Das ist übel …«
    William trat gegen die Tür, die sofort aufsprang. »Zu spät.«
    Sie erstarrte in seinen Armen.
    Das Haus wirkte finster und verlassen. Keine Alarmanlage zerriss die Stille. Niemand ging auf sie los.
    »Verdammt, William.«
    Ihm gefiel, wie sie seinen Namen aussprach. »Keine Panik, Eure Hoheit vom Bettelstab. Ich passe auf Euch auf.«
    Sie verfluchte ihn.
    William trat über die Schwelle und setzte sie vorsichtig ab. Sie schwankte und hielt sich an der Wand fest.
    »Wo wollen Sie hin?«
    »Das Haus durchsuchen. Was sonst?« Sie stieß sich ab und drang tiefer in die Eingangshalle vor.
    William holte tief Luft. Die Duftmarken waren alt, und er vernahm keinerlei Geräusch. Sie vergeudete bloß ihre Zeit.
    Offenbar hatte jemand mit Erfahrung beim Militär Cerise die Grundlagen des Verhaltens auf Feindgebiet eingebläut. Eine Zivilistin hätte sich nach allem, was sie durchgemacht hatten, bestimmt auf der erstbesten weichen Unterlage niedergelassen. Sie sicherte erst mal das Haus. Aber wahrscheinlich ging ihr nach einer Minute die Puste aus, und sie klappte zusammen.
    Die Edger waren ein undisziplinierter, ungebildeter Haufen. Dumm wie Brot, verließen sie sich auf Glück und Gebete. Nicht so Cerise. Er kannte auch keinen Edger, der wie sie einen Gegner mitten entzweihauen konnte. Das wäre allenfalls mit einem hoch konzentrierten Blitz möglich gewesen, aber er hatte nichts von dem verräterisch leuchtenden Lichtbogen gesehen. Außerdem schafften die meisten Edger ohnehin keine weißen Blitze, und eine derartig verheerende Wirkung bekam man nur mit einem weißen Blitz hin.
    Er tat besser daran, die Königin der Landstreicher nicht zu unterschätzen, oder er würde es noch bereuen.
    Er

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