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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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schienen Jahrhunderte alt zu sein.
    »Was ist mit dem Fluss?«, fragte er.
    »Im Fluss auch. Auf dem Grund liegen von einer Seite bis zur anderen Wehrsteine. Man kommt nur bis zum Rattennest, wenn wir damit einverstanden sind. Aber, wie gesagt, die Wehre reichen nicht sehr weit. Der größte Teil unseres Gebiets ist ungeschützt.«
    Das erklärte, warum Spider das Haus nicht einfach überfallen hatte. Ein sicherer Stützpunkt war immer gut. »Was ist mit dem Haus Ihrer Großeltern?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Da gibt’s keine Wehre. Großvater wollte dort keine.«
    Der Nebel lichtete sich. Sie bogen in eine schmalere Fahrrinne ein. Kalter Nieselregen rieselte vom Himmel. William knirschte mit den Zähnen. Hörte es in dieser verdammten Gegend denn nie zu regnen auf?
    Liebend gerne wäre er jetzt wieder in seiner Hütte gewesen. Er hätte sich eine Tasse guten, starken Kaffee gekocht und sich vor den Fernseher gesetzt. Die letzte Staffel CSI wartete darauf, endlich ausgepackt zu werden. CSI gefiel ihm gut. Die Serie war wie Zauberei. Und wenn er Lust auf Komödien hatte, fand sich bestimmt irgendwo eine Folge COPS . Er hatte sich diese Serie anfänglich angesehen, um zu erfahren, wie gut die Polizei im Broken wirklich war, für den Fall, dass er mal mit den Bullen da aneinandergeriet, aber diese hemdlosen, betrunkenen Schwachköpfe waren zum Brüllen komisch und stahlen allen die Show. Das Einzige, was er über die Bullen gelernt hatte, war, dass sie jede Menge Laufarbeit absolvieren mussten.
    Er stellte sich vor, wie er auf seinem Sofa saß und Cerise an sich zog. Nett. Nie im Leben , rief er sich ins Gedächtnis.
    Er wäre gerne nur mal für ein paar Minuten trocken gewesen. Man musste sein Fell sauber halten, sonst fing es an zu jucken und zog Ungeziefer an. Er gab kein Geld für Schnickschnack wie überteuerte Autos oder Handys aus, aber er hatte immer anständiges Haarwaschmittel im Haus und ließ sich regelmäßig in einem Friseursalon die Haare schneiden. Da roch es gut, und die hübschen Frauen, die ihm die Haare schnitten, flirteten mit ihm und beugten sich tief über ihn.
    Die permanente Feuchtigkeit machte ihn wahnsinnig. Wenn das so weiterging, würden auf seinem Kopf bis zum Ende der Woche Wasserpflanzen sprießen. Sobald er das nächste Mal zum Friseur ging, würde man dort vermutlich erst mal die Pilze von seiner Kopfhaut schneiden müssen.
    Die Fahrrinne weitete sich zu einer kleinen, von Kiefern und stämmigen malerischen Bäumen mit runden, gelben Blättern gesäumten Bucht. Um besser sehen zu können, beugte sich William vor. Hübsch.
    Als natürliche Verlängerung des den Hügel hinaufführenden Schotterwegs ragte ein schmaler Bootssteg ins Wasser. Links versperrte ein schweres Holztor vermutlich die Zufahrt zu einer weiteren Fahrrinne. Er roch Rolpies. Sein Ohr vernahm ihr fernes Ächzen hinter dem Tor. Die Edger hielten die Tiere anscheinend wie Kühe.
    Ein Mann betrat den Bootssteg und betrachtete sie. Schwarzes Haar, durchtrainiert, groß, ungefähr dreißig. Wären sie hier im Weird gewesen, hätte William geschworen, einen Blaublütigen vor sich zu haben. Der Mann hielt sich äußerst gerade, beanspruchte mehr Raum, als sein schlanker Körper eigentlich benötigt hätte, und strahlte genug eisige, hochnäsige Eleganz aus, damit Declans Verwandtschaft voll auf ihre Kosten gekommen wäre. William grollte innerlich und zog Declan aus den Tiefen seines Gedächtnisses hervor. Wenn der Typ da wirklich ein Blaublütiger war, musste er genau darauf achten, dass er sich nicht verriet.
    »Das ist Richard. Mein Cousin«, sagte Cerise.
    Zu Richards Füßen saß ein kleines, mit Schlamm bespritztes Geschöpf. Er hielt ihm gerade eine Standpauke. William bekam nicht viel mit, aber es hörte sich an wie eine ernsthafte Kopfwäsche. William sah sich das kleine Scheusal genauer an. Ein Kind. Anscheinend ein Mädel, das mit bis an die Brust hochgezogenen Beinen dasaß und seine mit Matsch und Laub verklebte Mähne präsentierte.
    Cerise holte tief Luft. Er sah sie an. Sie betrachtete das kleine Mädchen, dessen schwarze Augenbrauen sich zusammenzogen. Sein Mund bebte kurz, die Mundwinkel wollten sich abwärts neigen. Er erkannte Traurigkeit in den Augen des Kindes. Doch dann verbarg es seine Gefühle und setzte ein maskenhaftes Lächeln auf.
    Nun drangen Richards Worte bis zu ihnen. »… ist absolut unangemessen, vor allem, ihm einen Stein auf den Kopf zu hauen …«
    Das kleine Mädchen entdeckte ihn.

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