Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
Vom Netzwerk:
seine gelben Fangzähne in die Luft stieß.
    Rose seufzte.
    Großvaters Spitzohren zuckten. Er wirbelte herum und ging auf sie los. Doch sie wich nicht von der Stelle. Kaum einen halben Meter vor ihr stürmte er mit dem Kopf voran gegen eine unsichtbare Mauer und klappte zusammen.
    »Nein«, sagte Georgie.
    »Aber ich will mein Geld für ’ne Halbe«, jammerte Großvater.
    »Nein«, wiederholte Georgie traurig. »Setz dich lieber hin.«
    Tatsächlich ließ sich Großvater mit übereinandergeschlagenen Beinen nieder und schaukelte unentwegt vor und zurück.
    Declan sprang von der Veranda und näherte sich ihnen, wobei er Großvater Cletus nicht aus den Augen ließ. »Hatte er immer schon spitze Ohren?«
    »Nein, das kam erst später«, sagte Rose. »Genau wie der Bart und die Zotteln. Als er starb, war er frisch rasiert. Und die Krallen sind ihm auch erst nach dem Tod gewachsen.«
    »Wie heißt du?«, fragte Declan.
    »Antworte Declan, bitte«, sagte Georgie.
    »Caedmon Cletus Drayton«, sagte Großpapa traurig. »Caedmon kommt vom altenglischen caed , was Schlacht heißt; und Cletus vom griechischen kleitos , ruhmreich .«
    »Er erinnert sich noch?«, fragte Declan mit neutraler Stimme.
    »Hier und da.« Rose streckte die Hand aus und tätschelte Großvaters verfilzte Haarzotteln. »Meistens will er nur noch ins Pub. Manchmal ist es aber auch die Seemannskneipe, in der er dann seinen Kumpel Connor treffen muss, bevor ihre Korvette, die Esmeralda , aus dem Hafen ausläuft. Er weiß noch, wer wir sind, und er erinnert sich an … an die Frau, der Sie zusammen mit Georgie geholfen haben. Wenn er sie sieht, oder wenn ich bloß ihren Namen ausspreche, fängt er sofort an zu heulen.«
    Sie fühlte sich selbst den Tränen nah und würgte den Kloß hinunter, der sich in ihrer Kehle breitmachte. »Georgie mag es nicht, wenn etwas stirbt.«
    Declans grüne Augen musterten sie. »Gibt es noch andere?«
    »Keine Menschen. Vögel. Kätzchen. Kleine Tiere, die ihm leidgetan haben.«
    Declans Miene verfinsterte sich. »Wie viele?«
    »Wissen wir nicht. Er versteckt sie.«
    Georgie blickte betreten ins Gras.
    »Mein Bruder hat ein sehr großes Herz«, sagte Rose. »Aber er kann das, was er ins Leben zurückholt, nicht loslassen. Wir haben es schon mit Erklärungen, Belohnungen und mit Strafen probiert. Ihm ist bewusst, dass er daran stirbt. All diese Geschöpfe am Leben zu erhalten entzieht ihm seine eigene Lebensenergie. Aber er weiß einfach nicht, wie er loslassen soll. Sie wollten eine Prüfung. Hier ist sie: Retten Sie meinen Bruder vor sich selbst!«
    Declan saß neben Georgie, während Rose Großvater in seinen Schuppen zurücktrieb. Dabei hörte sie Declans ruhige Stimme: »Du wolltest nicht, dass dein Großvater stirbt?«
    »Nein.«
    »Aber alles stirbt einmal, George, so geht es nun mal zu in der Welt.«
    Na, dann viel Glück, dachte Rose. Dieses Gespräch hatten sie schon dutzendfach geführt. Und immer ergebnislos.
    »Sagt wer?«, sagte Georgie leise.
    »Die Natur. Nur so kann die Menschheit überleben.«
    Georgie schüttelte den Kopf. »Aber so muss es nicht sein. Ich will nicht, dass es so ist.«
    Er stand auf und ging rein.
    Declan blieb mit auf die Knie gestützten Armen sitzen. Als Rose auf dem Weg ins Haus an ihm vorbeikam, sagte er: »Ich benötige ein paar Sachen. Würde es Sie zu sehr belasten, ein paar Einkäufe für mich zu erledigen?«
    Sie blieb stehen. Er hatte also tatsächlich einen Plan. »Was brauchen Sie denn?«
    »Blaue Kerzen. Eine Metallschüssel oder einen großen Topf. Bestimmte Kräuter. Einen Kessel, je größer, desto besser, und noch ein paar andere Sachen.«
    Das hörte sich ziemlich speziell an. »Wie sicher sind Sie, dass die Bluthunde nicht angreifen?«
    »Sehr sicher.«
    »Dann ziehen Sie die Klamotten an, die Amy Ihnen gegeben hat. Ich fahre Sie zu Wal-Mart.«
    Zehn Minuten später saßen sie nebeneinander im Truck. Das Führerhaus war gar nicht mal so klein, aber mit Declan darin herrschte sofort drangvolle Enge. Sie ließ den Motor an. »Haben Sie überhaupt schon mal in einem Auto gesessen?«
    »Nein.«
    Rose wies mit einem Nicken auf die Flinten. »Können Sie damit umgehen?«
    Er hob ein Gewehr auf und lud es durch.
    »Gut. Aber lassen Sie die Flinte nicht sehen, und schnallen Sie sich bitte an.«
    Ein paar Minuten lang fuhren sie schweigend. »Woher Ihr unerwartetes Wohlwollen?«, wollte Declan wissen.
    Sie vermied es, ihn anzuschauen. »Was meinen Sie, wie viel Zeit bleibt

Weitere Kostenlose Bücher