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Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Titel: Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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konnte nicht zulassen, dass sie ihn überrumpelten.
    Warum? Sie waren doch Freunde – warum machten sie so etwas? Und warum unternahm George nichts dagegen?
    »Du bist auf dich allein gestellt«, sagte George. »Bitte nicht mich um Hilfe, Heulsuse.«
    Verräter . Jack sah seinem Bruder in die Augen. Sie blickten blau und gelassen, beinahe sanftmütig. George hatte ihm immer geholfen. Immer. Selbst wenn alle anderen sich abgewendet hatten.
    Irgendwas stimmte hier nicht. George würde sich niemals gegen ihn wenden.
    Es ist ein Test , ging ihm plötzlich auf. Sie stellten ihn auf die Probe, um herauszufinden, ob er zusammenklappen und die Kontrolle verlieren würde. Sie beobachteten ihn und versuchten einzuschätzen, wie er sich verhalten würde.
    Jacks Instinkte geboten ihm, so hart wie möglich zurückzuschlagen. Aber genau das erwarteten sie von ihm, dann würde er mutterseelenallein auf dieser Lichtung festsitzen, während George als Kundschafter und vielleicht sogar als Kämpfer loszog. Okay, George konnte gut mit seinem Rapier umgehen, so gut allerdings auch wieder nicht.
    Jack schob die Wildheit in ihr Versteck zurück. Sie schlug ihre Krallen in ihn, weigerte sich zurückzuweichen, also musste er sie Schritt für Schritt dazu zwingen. Es tat weh. Er spürte einen bitteren Geschmack im Mund. Endlich hatte er sie da, wo er sie haben wollte, an dem Ort, an den sie gehörte. Das Ganze hatte sicher nur wenige Augenblicke gedauert, ihm jedoch kam es wie eine Ewigkeit vor.
    Die Farben wirkten nicht mehr so grell, die Gerüche wurden einen Deut schwächer, endlich trat er vom Rand des Abgrunds zurück.
    Jack holte tief Luft und zwang sich zu einem Lächeln. »Schon gut. Wenn ich in Schwierigkeiten gerate, wische ich meine Tränen einfach mit Georges Haaren auf.«
    Ein müder Witz. Aber mehr bekam er nicht auf die Reihe.
    Audrey sah ihn an, ihre Augen blickten wieder freundlich.
    »Guter Mann«, sagte Kaldar. »Es besteht noch Hoffnung für dich.«
    Gaston kam zu ihm und klopfte ihm auf die Schulter.
    Jack schöpfte Atem, war plötzlich furchtbar müde.
    »Schön, als Nächstes benötigen wir Geld«, sagte Audrey. »Und zwar einen ganzen Haufen. Vorzugsweise von irgendeinem Arsch, damit ich kein schlechtes Gewissen kriege, wenn ich ihn beraube. Irgendwelche Kandidaten, Gaston?«
    Gaston wölbte die schwarzen Augenbrauen. »Wie wäre es mit einem Sklaventreiber? Gerüchten zufolge hat er kein Vertrauen in Banken. Deshalb bewahrt er sein Geld in seinem Herrenhaus im Edge auf.«
    Kaldar hob eine Hand. »Gebongt!«
    »Ach, echt?« Audrey verschränkte die Arme. »Dann wollen Sie ganz ohne mein Zutun in dieses Herrenhaus einsteigen?«
    »Gut möglich«, meinte Kaldar. »Aber ich würde bestimmt erwischt.«
    »Wie wäre es dann, wenn ich entscheide, was gebongt ist und was nicht?«
    Gaston wedelte mit seinem Notizbuch. »Vielleicht lauscht ihr zwei erst mal, was ich euch über den Burschen zu sagen habe.«
    Jack hörte sie zanken, verstand aber kaum, was sie sagten. Er bekam weiche Knie, als hätten sich seine Muskeln in Brei verwandelt. Er wich ein paar Schritte zurück und fiel halb, halb setzte er sich ins Gras. Die Erschöpfung hatte ihn fest im Griff. Er atmete schnell und flach.
    George kam und ließ sich neben ihm nieder. »Die Wildheit?«
    Jack nickte. Diesmal hatte er sie zurückgedrängt, aber es war ihm schwergefallen, viel schwerer als damals auf dem Parkplatz. Diesmal hatte er gewonnen. Aber es würde ein nächstes Mal geben, und er war sich nicht sicher, ob er dann auch wieder gewinnen würde.

10
    Kaldar lag in einem der Tarnanzüge des Spiegels auf einer Hügelkuppe. Der mit Dutzenden Grauschattierungen bedruckte Stoff schmiegte sich an seinen Körper, umgab ihn wie eine zweite Haut, ohne indes seine Bewegungsfreiheit einzuschränken. Mit der Sturmhaube, die seine Haare und das grau und schwarz bemalte Gesicht bedeckte, kam er sich vor wie ein Ninja-Kämpfer.
    Es war gut, dass ihn niemand sah, denn er machte eine vollkommen lächerliche Figur.
    Allerdings hatten diese Anzüge, wenn man’s recht bedachte, gewisse Vorteile. Bei guter Nachtsicht konnte man zum Beispiel bewundern, wie sich der elastische Stoff an Audreys unglaublichen Hintern schmiegte …
    »Kaldar«, zischte Audrey. »Hören Sie auf, mir auf den Po zu starren.«
    Hinter ihnen gab Gaston erstickte Laute von sich, bei denen es sich womöglich um Husten, eher jedoch um amüsiertes Glucksen handelte.
    Sie musste einen sechsten Sinn haben, anders

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