Land des Todes
Floskel fallen, die seemännische Kenntnisse andeutete. So ließ sich ein plötzlicher Reichtum ohne den Makel des Verbrechertums erklären, wenngleich sein beharrliches Schweigen auf die Frage nahelegte, dass seine wahre Geschichte weniger ehrbar war.
Natürlich verstärkte dieses Geheimnis seine Anziehungskraft, und anfangs achtete er sorgsam darauf, anziehend zu wirken. Wenn ich Gelegenheit hatte, Damek in Gesellschaft zu beobachten, sah ich, dass er jeden verzauberte, ob Mann oder Frau; allerdings verriet mir das Funkeln in seinen Augen, das stark an Verachtung erinnerte, dass er lediglich eine Rolle spielte und seine Absichten alles andere als gutartig waren. Ich hatte ihn zu lange und zu gut gekannt, um seinem Zauber zu erliegen.
An jenem Tag jedenfalls sah ich ihn nicht mehr. Masko hatte seine Spießgesellen zu einem Kartenspiel eingeladen, und die Feierlichkeiten gingen laut vonstatten und dauerten lange an. Die anderen Bediensteten waren ständig damit beschäftigt, Erfrischungen ins Esszimmer zu bringen. Meine Mutter und ich verbrachten unseren Abend still in der Küche,und ich zog mich früh zurück, da ich am nächsten Tag vor Sonnenaufgang aufbrechen musste, wenn ich mich um meine Pflichten in der Manse kümmern wollte.
Obwohl ich mich so früh zu Bett begab, schlief ich vor Sorgen kaum. Was sollte ich Lina sagen? Wie sollte ich damit anfangen, von einem Mann zu erzählen, dessen Name in all den Monaten seit meiner Heimkehr kein einziges Mal zwischen uns erwähnt worden war? Und – ein noch schlimmerer Gedanke – was, wenn die Nachricht sie vor mir erreichte?
Wie sich herausstellte, lebten wir auf der Manse so abgeschieden, dass ich als Erste mit der Neuigkeit eintraf. Ich wartete, bis ich das Frühstück aufgetragen hatte und Tibor hinausgegangen war, um sich um irgendeine Aufgabe zu kümmern, dann erzählte ich Lina von Dameks Rückkehr. Ich fühlte mich dermaßen unbehaglich, dass ich herumstammelte, bis sie die Geduld mit mir verlor, und schließlich sprudelte es ohne Ausschmückungen oder Vorbereitung einfach aus mir heraus.
»Damek?«, sagte sie, als ich geendet hatte, und erbleichte. »Du sagst, Damek ist nach Hause gekommen?«
»Ich fürchte, ja«, bestätigte ich.
»Und du hast ihn selbst gesehen? Er ist nicht tot?«
Ich versicherte ihr, dass ich ihn mit eigenen Augen gesehen hatte und er ebenso lebendig sei wie wir. Sie wandte das Gesicht von mir ab. Ich stand unsicher vor ihr und überlegte, ob ich gehen sollte oder ob sie womöglich Beistand brauchen könnte. Aber gleich darauf sprang sie auf und ergriff mit leuchtenden Augen meine Hände.
»Anna, ich weiß, dass du mich nicht irreführen würdest. Aber ich kann meinen Ohren kaum glauben! Das übersteigt alles Wunderbare! Es ist ein Wunder! Damek ist nach Hause gekommen. Oh, ich glaube es nicht. Er ist nicht tot! Und geht es ihm gut? Ist er glücklich darüber, wieder zu Hause zu sein? Warum ist er nicht zuerst zu mir gekommen? Warum ist er nicht hier? Ich muss es sofort Tibor erzählen! Was für Neuigkeiten!« An der Stelle setzte sie dazu an, aus dem Raum zu laufen, hielt jedoch an der Tür inne. »Hat er gesagt, wann er mich besuchen wird? Hat er gesagt, wann wir uns wiedersehen werden?«
»Bald, meinte er. Bald. Er wird bald hier sein.« Ich betrachtete mit Besorgnis die hektische Röte, die ihr in die Wangen gestiegen war. »Frau Lina, Sie dürfen sich nicht zu sehr aufregen. Es reicht doch, wenn Sie es Herrn Tibor beim Mittagessen sagen, ohne loszueilen, um nach ihm zu suchen. Kommen Sie, lassen Sie mich Ihnen Wein einschenken.«
»Wein? Was brauche ich Wein?« Sie stürmte zurück in den Raum und umarmte mich. »Aber du hast recht, ich kann es Tibor auch später noch sagen. Er wird so glücklich sein! Ich glaube, ich war in meinem ganzen Leben noch nie glücklicher! Aber was, wenn Damek vorbeikäme und ich draußen wäre? Das könnte ich nicht ertragen. Er ist im Roten Haus, sagst du? Ich sollte unverzüglich hinreiten! Ich kann unmöglich auch nur eine Minute länger warten. Ich mache mich sofort auf den Weg. Lass mein Pferd vorbereiten, Anna.«
Ob ihrer Aufregung atmete sie schnell, und ihre Augen leuchteten wie im Fieber. Ich flehte sie an, sich zu setzen, und ich schenkte ihr Wein ein, den ich sie trinken ließ. Letztlich willigte sie ein, Platz zu nehmen, doch sie wurde dadurch nicht weniger rastlos. Die Worte purzelten nur so aus ihr heraus, brachten nichts als ihr Erstaunen, ihre Freude, ihre Ungeduld, Damek zu
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