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Land des Todes

Land des Todes

Titel: Land des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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nicht verlangen, dass …«
    »Die Ehe mit diesem einfältigen Tor ist keine Ehe. Sogar Lina weiß das. Sie ist also in anderen Umständen, na und? Ich werde warten, Anna, bis sie das Kind zur Welt gebracht hat, aber danach muss sie mit allem ins Reine kommen. Ich lasse mich von niemandem betrügen, nicht einmal von Lina.«
    Obwohl ich fand, dass seine Äußerungen scharfen Widerspruch erforderten, fiel mir keine Antwort ein. Bevor ich mir einen Tadel zurechtlegen konnte, war Damek bereits die Treppe hinaufgerannt, um Lina mitzuteilen, dass die Leiche weg sei und sie ihre Kammer wieder verlassen könne.
XXV
    Nach jener Unterhaltung behielt ich Lina und Damek unter wachsendem Argwohn im Auge.
    Dameks Absichten standen fest, Linas hingegen weniger: Sie frönte ihrer Zweisamkeit mit Damek, als wäre es die natürlichste Sache der Welt und begegnete jedweden Einwänden dagegen mit Überraschung oder Zorn. Tibor äußerte sich dazu weder so noch so, doch nur mit einer guten Portion Selbsttäuschung konnte man sein Schweigen als Zustimmung auffassen. Während die Tage ins Land zogen, brach er morgens früher und früher auf und kam abends später und später heim. Oft stank er bei seiner Rückkehr nach Raki, und Lina – die durchaus angetan von seiner Gesellschaft war, wenn Dameknicht bei ihr weilte – zeigte sich häufig verärgert über seine Abwesenheit, beschuldigte ihn, sie zu vernachlässigen, und verspottete ihn dafür, mit den Bauern zu saufen. In der Regel steigerte sich dieses Wortgefecht zu einem handfesten Streit, der sich manchmal in den nächsten Tag hinein erstreckte. Für gewöhnlich hatten sie ihn bis zum Frühstück beigelegt, und alle waren kurz zufrieden, bis sich dasselbe Theater einen Tag später wiederholte.
    Was ich indes nicht verstand, war das Wesen von Linas und Dameks gegenwärtiger Beziehung. Wenngleich mir Damek seinen Standpunkt unzweifelhaft dargelegt hatte, konnte ich nicht sicher sein, dass er Lina gegenüber genauso offen gewesen war. Wenn sie meinte, Damek sei ihr wie ein Bruder, und die ordinären Gedanken derer verhöhnte, die etwas anderes behaupteten, wusste ich nie, ob ich sie für unaufrichtig halten oder glauben sollte, dass sie nur sagte, was sie tatsächlich empfand. Trotz all des durch Dameks Gegenwart verursachten Gezänks zwischen Tibor und Lina hatten sie einander, wenn sie gerade nicht stritten, so lieb wie eh und je. Dameks Geringschätzung seines Rivalen schien nie darauf abzufärben, wie Lina ihren Gemahl betrachtete. Kurz gesagt, ich war von all dem ebenso qualvoll verwirrt, wie mir bange war. Ich begann, mich ungeduldig auf die Geburt des Kindes zu freuen, da damit zwangsläufig Dameks Abwesenheit einhergehen und etwas Ruhe einkehren würde.
    Die bevorstehende Niederkunft lastete unverkennbar auch Damek auf der Seele. Im letzten Monat schwoll Linas Körper an. Davor war ihr Bauch zwar unübersehbar gewesen, aber er hatte nie ihre Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Ich glaube, dass Damek ihre Leibesfülle nach seiner ersten Bestürzung einfach verdrängt hatte. Mittlerweile jedoch klagte Lina über Rückenschmerzen, hatte Mühe, sich ohne Hilfe von einem Stuhl zu erheben, und wurde immer öfter von schwerer Müdigkeit geplagt, was mir große Sorgen bereitete. Mir schien, dass all die zusätzlichen Strapazen, denen sie sich seit DameksRückkehr hingegeben hatte, nun ihren Tribut forderten, und das mit Zinsen. Gut daran war, dass diese Situation Damek mehrere Tage hintereinander zwang, die Manse früher als von ihm geplant zu verlassen.
    »Wann bekommt sie dieses Balg?«, fragte er mich eines Nachmittags, als ich ihn hinausbegleitete, nachdem ihn Lina gereizt entlassen hatte. »Der Teufel soll es verfluchen! Das verdammte Ding ist ein Schmarotzer, der sie mir stiehlt!«
    Ich biss mir auf die Zunge, da ich wusste, es wäre sinnlos, ihn dafür zu schelten, und teilte ihm mit, dass sie noch einige Wochen vor sich hätte, so alles gut verliefe. Darob schnaubte er, nahm seinen Stock und stapfte in düsterer Stimmung nach Hause.
    Ich kehrte in Linas Zimmer zurück, wo sie mit geschlossenen Augen auf einer Chaiselongue lag. Als sie mich eintreten hörte, setzte sie sich auf und bat mich, ihr etwas Wasser einzuschenken. Die Energie, die Lina während der vergangenen Wochen beseelt hatte, war mittlerweile völlig verflogen, und ohne ihre Kraft wirkte sie zerbrechlicher denn je zuvor.
    »Sie ermüden mich so sehr, Anna«, vertraute sie mir an. Ich nickte, erwiderte jedoch

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