Land meiner Träume collin1
kannte ich nur flüchtig.« »War die Bekanntschaft freundschaftlich?« »Ziemlich freundschaftlich, was ihn anging.« Sie lächelte reumütig bei der Erinnerung. »Ich fürchte, ich war als Kind ihm gegenüber ziemlich ungehobelt.« »Sie? Niemals.« Schweigen. »Wollen Sie darüber reden?« Meggan schüttelte den Kopf. »Lieber nicht.« Cookie musterte sie einen Augenblick und sah mehr, als Meggan für möglich hielt. Sie nickte wie zu sich selbst. »Das ist in Ordnung, meine Liebe. Aber Sie wissen, wenn Sie je etwas auf dem Herzen haben, dann habe ich ein Ohr, das zuhören kann, und eine Schulter, an der Sie sich ausweinen können.« »Ich weiß, Cookie.«
Als die Zwillinge zum Mittagsschlaf in ihrem Schlafzimmer verschwunden waren, zog sich Meggan, wie sie es gewohnt war, in ihr Zimmer zurück. Sie würde den Unterricht für den nächsten Tag vorbereiten, bevor sie sich wieder an die mühsame Arbeit machte, den Rock zu nähen, den sie sich vor einigen Tagen zerrissen hatte. Unter der unaufhörlichen Kritik ihrer Mutter hatte sie einigermaßen akzeptable Stiche erlernt. Barney war ein typischer Junge, der sich ständig die Kleider zerriss und Knöpfe verlor, und das Flicken war eine Aufgabe, die Meggan, auch wenn sie ihre Abneigung gegen das Nähen nie überwunden hatte, als kleinen Preis für ihr glückliches Leben gerne auf sich nahm. Sie hatte herausgefunden, dass die Arbeit ihr leichter von der Hand ging, wenn sie leise dabei sang oder ihrer Fantasie erlaubte, nach Belieben zu wandern. An diesem Nachmittag sang Meggan, denn sie wollte nicht dahin reisen, wohin ihr Geist sie entführen wollte. Doch so aufrichtig sie sich auch bem?hte, sich ganz auf ihre Aufgabe zu konzentrieren, dr?ngten sich Con Trevannick und Jenny Tremayne immer wieder in ihre Gedanken. Und damit kehrten Erinnerungen an die Vergangenheit zur?ck, Gedanken ?ber die Gegenwart und unbeantwortbare Fragen ?ber die Zukunft. Das erste Mal seit Jahren dachte Meggan an den weißen Hasen, den sie damals gesehen hatte. Wie deutlich sie sich an das Geschöpf erinnerte. Es hatte eindeutig eine Aura von Jenseitigkeit an sich gehabt. Die Hände müßig im Schoß und die Augen geschlossen, empfand sie dieselbe Besorgnis wie damals, eine Vorahnung – diesmal nicht einer Tragödie, sondern von etwas, das noch unbekannt war, das sie innerlich jedoch zusammenzucken ließ. Gab es eine Verbindung, sinnierte sie, zwischen der alten Tragödie und der Anwesenheit von Con Trevannick und Jenny Tremayne in Burra? Die Welt war doch sicher nicht so klein, dass ihr Aufenthalt just in der Stadt, in die Henry Collins mit seiner Familie gezogen war, reiner Zufall war. Meggan nahm ihre Näharbeit wieder auf und runzelte über den Stichen die Stirn. Sie überlegte, ob sie mit ihrem Pa über ihre vage Unruhe reden sollte. Das Band zwischen Vater und Tochter, das stets stark gewesen war, war im Laufe der Jahre noch stärker geworden. In seinen Armen hatte sie wegen ihrer Schuldgefühle geweint. Ihm hatte sie ihre qualvolle Angst gestanden, dass sie für Caros Tod verantwortlich war. Andere mochten über den Grund für Carolines Tod sagen, was sie wollten, sie, Meggan, hatte zuerst den weißen Hasen gesehen und dann die jungen Liebenden. Caroline hatte sich das Leben genommen, Rodney Tremayne war weggelaufen, ihre Ma hatte sich in eine harte Schale zurückgezogen, in der es keinen Platz für etwas anderes gab als fanatische Religiosität. Solche Tragödien wurden kaum aufgewogen von dem guten Leben, das der restlichen Familie in Burra zugefallen war. Und dann war da Tom Roberts. Meggan wusste, dass sie allen Grund hatte, ihm gegenüber wachsam zu sein. An jenem Abend kleidete Meggan sich ziemlich nervös zum Abendessen an. Die Versuchung, abzusagen, Kopfschmerzen oder eine andere Unpässlichkeit vorzugeben, war groß. Nur das sichere Wissen, dass Con Trevannick wüsste, sie ginge ihm aus dem Weg, und dass Mrs. Heilbuth sie mit Fragen plagen würde, auf die es keine Antworten gab, hielt sie davon ab. Ganz gegen ihre Natur überlegte sie lange hin und her, was sie anziehen sollte. Einerseits wollte sie ihr bestes Kleid tragen, um sich dem Paar aus Pengelly als ebenbürtig zu präsentieren. Andererseits fand sie es besser, etwas Schlichtes zu tragen, um die Distanz, die sie zu ihnen zu halten wünschte, noch zu unterstreichen. Am Ende fand sie, es sei das Beste, sich so normal wie möglich zu benehmen, und zog ein Kleid aus grau-weiß gestreifter Seide an, das sie häufig zum
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