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Landgericht

Landgericht

Titel: Landgericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkoetter
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Überlegten, in welcher Jahreszeit die Hauptstadt am schönsten sei. Irgendwann lagen sie rauchend nebeneinander und hingen schweigend ihren Gedanken nach.
    »Meinst du, dass das wirklich wahr wird?«, fragte Nathalie.
    »Natürlich! Wieso denn nicht?«
    »Ich weiß nicht, es klingt irgendwie nach einem Traum.«
    »Finde ich gar nicht.«
    »Ich habe wohl einfach Angst, dass etwas passieren wird, was alles ändert. Ich kann einfach nicht glauben, dass dieser Traum wahr werden wird.«
    Er rückte an sie heran und küsste sie.
    »Im Herbst sind wir in Berlin, das verspreche ich dir.«
    »Schwörst du es?«
    »Ich schwöre es.«
    Sie schlang ihre Arme um ihn.
    »Das wird unsere Zukunft sein«, sagte er. »Das kann uns keiner nehmen. Wenn wir erst in Berlin sind, dann sind wir frei.«
    Das Pfeifen des Zuges holte ihn in die Gegenwart zurück. Das Abteil hatte sich ziemlich geleert. Die nächste Station wäre Gertenbeck. Er stand auf und nahm seine Tasche.
    Auf einmal fragte er sich, ob er die Sache mit der Taube wirklich weiterverfolgen sollte. Wenn er und Nathalie in Berlin wären, dann wären Roland und der Rest seiner Familie ohnehin nicht mehr Teil seines Lebens. Vielleicht sollte er sich seine Kräfte besser für den Absprung aufsparen? Warum sollte er sich hier noch in Kämpfe verstricken? Sollten die doch machen, was sie wollten. Es ging ihn im Grunde nichts mehr an.
    Der Zug fuhr in den Bahnhof ein, und die Türen glitten auseinander. Er trat auf den Bahnsteig und steuerte den Ausgang an.
    Vor ihm waren drei Jugendliche, die breitbeinig zum Ausgang gingen und dabei den ganzen Bahnsteig für sich einnahmen. Halbstarke mit Basecaps, Lederjacken und Jogginghosen, die mit ihren machohaften Posen aussahen, als suchten sie nach Ärger. Eine Frau in einem Geschäftskostüm drückte sich gegen eine Säule, um ihnen nicht den Weg zu versperren. Die Halbstarken nahmen diese Geste wie selbstverständlich hin und gingen durch die Glastür ins Bahnhofgebäude.
    Marius achtete nicht weiter auf sie. Er hielt sich schützend die Hand über die Augen und blickte hinüber zur Villa seiner Eltern, die bereits von Weitem zu erkennen war.
    Eigentlich war er gekommen, um Roland zur Rede zu stellen. Doch jetzt überlegte er es sich anders. Er wollte lieber vorsichtig sein. Beobachten. Sich noch nicht aus der Deckung begeben. Sollte Roland was mit der Sache zu tun haben, würde er das herausfinden. Und er würde dafür sorgen, dass sich so etwas nicht wiederholte. Nicht, so lange er und Nathalie noch hier waren.

16
    Die Morgensonne fiel durchs Fenster und tauchte den Frühstückstisch in helles Licht. Kaffeeduft und das Aroma ofenfrischer Croissants erfüllten den Raum. Hambrock, der um diese Uhrzeit für gewöhnlich sehr wortkarg war, nahm sich die Zeitung und schlug sie geräuschvoll auf, eine Geste, mit der er seine Umwelt wissen ließ, dass es noch zu früh für eine Unterhaltung war.
    Erlend blickte schweigend zur Uhr, leerte eilig ihre Kaffeetasse und rückte den Stuhl zurück, als es zaghaft an der Tür klopfte und Fabio schüchtern den Raum betrat. Erlend, die bereits perfekt frisiert und geschminkt war, ging dem verschlafenen Jungen mit einem strahlenden Lächeln entgegen.
    »Guten Morgen, Fabio«, sagte sie. »Komm herein und setz dich zu uns. Ich bin Erlend, wir kennen uns noch nicht. Ich bin die Ehefrau von diesem Morgenmuffel da hinter der Zeitung. Du kannst mich Elli nennen.«
    Fabio lächelte scheu. »Danke. Guten Morgen, Elli.«
    Erlend war wie gemacht für die Rolle der Gastgeberin. Sie ließ sich nicht anmerken, was sie tatsächlich über Fabios Auftauchen dachte. Gestern Nacht, als sie nach Hause gekommen war, hatte sich das noch ganz anders angehört.
    »Bernhard, da ist jemand in unserem Gästezimmer«, hatte sie geflüstert, als sie zu ihm ins Bett gekrochen war. »Oder spukt es neuerdings bei uns?«
    »Nein, das ist … ein Bekannter. Ich habe ihn mitgebracht, als ich von Jamaine nach Hause gekommen bin. Hoffentlich hast du nichts dagegen?«
    »Ein Bekannter?« Erlend machte ein skeptisches Gesicht. »Das hört sich ja geheimnisvoll an. Hat dieser Bekannte auch einen Namen?«
    »Er heißt Fabio. Du weißt schon, das ist dieser Junge aus Coerde. Der, dessen Vater die Mutter erschlagen hat.«
    Erlend sah ihn ungläubig an. »Bringst du neuerdings Zeugen mit nach Hause? Bist du von allen guten Geistern verlassen?«
    »Er ist doch gar kein Zeuge mehr. Der Fall ist längst abgeschlossen. Mir ist nichts anderes übrig

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