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Landgericht

Landgericht

Titel: Landgericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkoetter
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beweisen. Weil den das natürlich auf die Palme gebracht hätte. Na ja, wie auch immer. Marius war dann kurz vor seinem Tod in der Firma, weil er mir bei einer Mathehausaufgabe helfen wollte. Da hab ich ihn zur Rede gestellt. Und er … er hat mich behandelt wie einen dummen Jungen. Als wäre ich nicht ganz dicht. Da war ich stocksauer. Ich wollte irgendwas machen, um mich abzureagieren.« Er stockte.
    »Und was hast du getan?«, fragte Keller.
    »Sie dürfen nichts meinen Vater erzählen.«
    »Was hast du getan, Roland?«
    »Ich bin ihm nachgefahren, nach Münster. Mit dem Zug. Er war ja bei dieser Schlampe, das wusste ich. Ich bin also dahingefahren und hab auf der Straße vor dem Haus gestanden. Da hatte ich noch keine Ahnung, was ich machen sollte. Ich hab einfach da gestanden und nach oben gestarrt.«
    »Woher wusstest du, wo Nathalie Brüggenthies wohnt?«, warf Hambrock ein. »Es gab doch überhaupt keinen Kontakt zu deiner Familie, und Marius wird es dir sicher nicht gesagt haben.«
    Roland sah ihn mit großen Augen an. »Nicole wusste das. Sie wusste ja auch, dass es diese Frau überhaupt gibt. Von ihr habe ich das alles erst erfahren.«
    »Gut. Erzähl weiter.«
    »Ich hab Licht hinter den Fenstern gesehen. Ab und zu auch mal einen der Leute, die da oben waren. Sogar Marius habe ich einmal gesehen. Zuerst wollte ich Steine sammeln und die Scheiben kaputt werfen. Aber die Fenster waren zu hoch, das hätte ich nie geschafft. Dann bin ich einmal um den Block gelaufen, um mich abzureagieren. Ja, und dann lag da eine verletzte Taube auf der Straße. Die hatte einen Flügel gebrochen und war mehr tot als lebendig. Als ich die gesehen habe, da kam mir eine Idee.«
    »Was für eine Idee? Rede weiter.«
    »Ich hab sie gepackt und ihr den Hals umgedreht. Sie hätte eh nicht mehr lange gelebt, es war ein Gnadenakt. Dann bin ich zu dem Haus zurück, hab bei Nachbarn geklingelt und bin unter einem Vorwand ins Treppenhaus gelangt. Die tote Taube habe ich bei dieser Kanakenbraut vor die Tür gelegt. Nur, um sie zu erschrecken. Ihr ein bisschen Angst einzujagen. Sie sollte nicht denken, sie kann mit einem Baar zusammen sein. Marius, dieser Idiot. Er hat das doch nur gemacht, um unserem Vater eins auszuwischen.«
    Schweigen legte sich über den Raum. Die Kommissare warteten darauf, was Roland noch sagen würde.
    »Mehr ist nicht passiert, ich schwöre. Ich habe die Taube auf die Fußmatte gelegt und bin wieder nach Hause gefahren.«
    »Und wieso erzählst du uns das jetzt?«, fragte Keller.
    »Ich dachte, Sie werden eh dahinterkommen, dass ich das war«, schloss der Junge. »Und dann sieht das so aus, als hätte ich etwas Wichtiges verschwiegen. Weil ich einen guten Grund dazu gehabt hätte. Aber das mit Marius … Ich hab da nichts mit zu tun. Er war doch mein Bruder.«
    Nachdem Roland Baar gegangen war, schloss Keller sorgsam die Tür. Hambrock ließ sich auf den Besucherstuhl sinken.
    »Interessante Geschichte, nicht wahr?«, meinte er.
    Keller nickte. »Das kannst du wohl sagen. Roland will uns also überzeugen, dass er nichts mit dem Tod seines Bruders zu tun hat. Glaubst du ihm?«
    Hambrock hob die Schultern. »Er hat es als Gnadenakt bezeichnet, die verletzte Taube zu töten. Hört sich nicht wie ein eiskalter Killer an.«
    »Das ist mir auch aufgefallen.« Keller ließ sich ebenfalls auf einen Stuhl sinken. »Wie auch immer. Es gibt eine ganz andere Sache, die viel interessanter ist.«
    Hambrock nickte. »Das denke ich auch. Und zwar die Frage, weshalb wir nichts davon wussten. Eine tote Taube vor der Wohnungstür.«
    »Nathalie Brüggenthies hat diese Geschichte der Polizei verschwiegen. Dabei haben wir sie ausführlich zu Marius befragt. Zu den letzten Tagen vor seinem Tod. Zu allen Auffälligkeiten, die sie beobachtet hatte. Von einer toten Taube hat sie nichts erwähnt.«
    Hambrock nickte. »Dafür muss es einen guten Grund geben.«
    »Das denke ich auch. Jetzt müssen wir nur noch herausfinden, welchen.«
    Es war ein ruhiger Vormittag in der Polizeiwache Gertenbeck am See. Polizeimeisterin Sindy Erlenkamp saß an der Heizung am Fenster, ließ sich die Sonne ins Gesicht scheinen und löste das Kreuzworträtsel in der Tageszeitung. Nebenan surrte der Computer. Sie hörte, wie ihr Kollege Klaus Benning mit der Tastatur kämpfte. Mit dem Zwei-Finger-Suchsystem arbeitete er sich mal wieder in aufreizender Langsamkeit durch die Berichte. Normalerweise machte das Sindy ganz nervös. Am liebsten hätte sie ihn dann zur

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