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Landgericht

Landgericht

Titel: Landgericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkoetter
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nur ein Kratzer.«
    »Du brauchst hier nicht den Helden zu spielen, Mikey. Am besten fahren wir gleich in die Notaufnahme.«
    »Ich will nicht ins Krankenhaus. Ich… Aua! Pass doch auf.«
    »Sorry. Ich bin eben keine Krankenschwester. Bitte, lass uns zur Notaufnahme. Und danach musst du eine Anzeige bei der Polizei machen.«
    Marius trat an die offene Badezimmertür und lugte hinein. Mikey saß auf dem Badewannenrand. Sein Gesicht sah grauenhaft aus. Er war grün und blau geschlagen, über dem linken Auge klaffte eine Platzwunde. Sein Hemd war zerrissen und voller Blut. Es sah nach einer üblen Schlägerei aus. Nathalie stand über ihm. Vorsichtig reinigte sie sein Gesicht mit einem feuchten Tuch.
    »Was ist denn hier passiert?«, fragte Marius.
    Die beiden drehten sich um. Mikeys Gesicht verdunkelte sich, als er Marius sah. Nathalie dagegen blickte eher wie ein verwundetes Waldtier. Sie senkte den Kopf, wandte sich ab und hantierte an einem Jodfläschchen herum.
    Marius hielt die Luft an. Natürlich konnte er sich die Antwort darauf, was passiert war, selbst geben. Roland. Das waren tatsächlich seine Freunde gewesen, die Mikey hinterm Weinzelt umzingelt hatten.
    »Wer will, dass Nathalie mit dir Schluss macht?«, fragte Mikey düster. »Sag mir das, Marius. Wer will, dass ihr euch trennt?«
    »Ich… ich weiß nicht, was du meinst.«
    »Bist du dir sicher?«, fragte er.
    »Was ist denn überhaupt passiert? Du warst auf einmal nicht mehr im Weinzelt. Es hat deswegen Ärger gegeben.«
    »Da waren plötzlich so ein paar Wichser. Fünf oder sechs. Die drängen mich an die Wand und faseln was davon, dass sie eine Warnung für mich haben. Wenn uns unser Leben lieb ist, sollen wir besser tun, was sie sagen. Und ich soll… ich soll… also Nathalie…« Er stockte.
    »Er soll der Niggerhure sagen, sie soll ihre dreckigen Finger von dir lassen«, sagte Nathalie kühl. »Sonst landet sie in Einzelteilen auf der Müllkippe.«
    Marius starrte ihn an. Er konnte nicht glauben, dass Roland tatsächlich so weit gegangen war.
    »Mein Gott… Mikey… Nathalie… Es tut mir so leid.«
    »Weißt du denn, wer das war?«, fragte Nathalie. »Wer steckt dahinter? Das muss doch einer sein, den du kennst.«
    »Das Schwein mach ich fertig!«, sagte Mikey.
    »Ich… nein, ich hab keine Ahnung.«
    »Hat das dein Vater in Auftrag gegeben?«, kam es von Mikey. »Ist das die Art und Weise, wie in eurer Welt so etwas geregelt wird?«
    »Mikey, hör auf«, sagte Nathalie. »Das ist doch Unsinn. Marius’ Vater hat seinen Sohn längst fortgejagt. Er wird ihn enterben und fertig. Der ist durch mit der Sache. Warum sollte er das tun?«
    »Keine Ahnung. Einer muss schließlich dafür verantwortlich sein.«
    Marius’ Gedanken rasten. Er durfte jetzt nichts Falsches sagen.
    Mikey fixierte ihn.
    »Du musst doch eine Ahnung haben, wer das war.«
    »Ist doch egal«, sagte Nathalie. »Ein Grund mehr, nach Berlin zu gehen. Wir lassen diese ganze Scheiße einfach hinter uns. Es tut mir nur leid, dass du da mit reingezogen wurdest, Mikey.«
    Er brummte grimmig und erhob sich vom Badewannenrand.
    »Ich dreh mir erst mal einen Joint. Danach sieht die Welt wieder anders aus.«
    »Aber solltest du nicht in die Notaufnahme?«, fragte Nathalie. »Wir begleiten dich, Mikey.«
    Er machte eine wegwerfende Handbewegung, drückte sich an Marius vorbei und verschwand in seinem Zimmer. Marius sah ihm nach. Das schlechte Gewissen drückte ihn.
    »Was machen wir denn jetzt, Nathalie?«
    »Nichts. Was sollen wir auch machen? Das ist jetzt Vergangenheit. Wir ziehen nach Berlin. Und da fangen wir ganz neu an.«
    Er schwieg. So hatte er sich die Aussprache nicht vorgestellt. Nathalie betrachtete ihn. Ein Schatten fiel über ihr Gesicht.
    »Das tun wir doch, oder? Wir gehen nach Berlin.«
    »Ich… ich habe mit meinem Vater gesprochen.«
    »Du hast… was?«
    »Hör doch erst mal zu«, sagte er eilig. »Er möchte dich kennenlernen. Er akzeptiert, dass wir zusammen sind. Ich habe ihn davon überzeugt, dass du die Richtige für mich bist.« Das war vielleicht ein bisschen übertrieben, aber so hörte es sich besser an. »Wir haben geredet, verstehst du? Er will dich wie eine Tochter aufnehmen, das hat er mir wortwörtlich so gesagt.«
    Nathalie schien gar nicht richtig zuzuhören. »Marius! Du willst zu deiner Familie zurück? Wegen denen machen wir das doch alles. Damit du ein eigenes Leben führen kannst. Wir machen das für dich.« Ihre Stimme klang verzweifelt. »Ich lass

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