Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Landgericht

Landgericht

Titel: Landgericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkoetter
Vom Netzwerk:
mein ganzes Leben zurück. Nur für dich. Ich gebe alles auf. Damit wir in Berlin zusammen sein können.«
    »Aber vielleicht ist das ja gar nicht nötig. Überleg doch mal. Ich werde keinen ordentlichen Job in Berlin bekommen. Ich wäre von dir abhängig. Wie soll das denn funktionieren?«
    »Vergiss mal das Geld. Du kannst doch nicht im Ernst darüber nachdenken, zu dieser Familie zurückzugehen.«
    »Du hättest meinen Vater sehen sollen! Er war wie ausgewechselt. Er nimmt mich jetzt ernst. Und dich. Es wird alles anders werden.«
    »Ach, Marius… Bitte nicht.«
    Im Flur rumpelte es. Mikey tauchte mit einem brennenden Joint in der Badezimmertür auf. Mit seinem geschundenen Gesicht sah er aus wie ein Zombie. Offenbar bemerkte er die angespannte Atmosphäre nicht, denn er inhalierte tief, blies den Rauch durch die Luft und wandte sich an Marius.
    »Sagt dir vielleicht der Name Roland etwas?«
    Erschrockene Stille im Badezimmer.
    »Einer der Typen hat was von einem Roland gesagt«, fuhr er fort. »Hörte sich irgendwie so an, als hätte der was mit der Sache zu tun.«
    »Roland?« Nathalie sah Marius an wie ein Gespenst. »Dein Bruder war das?«
    Mikey wollte etwas sagen, doch Nathalie ließ ihn nicht zu Wort kommen.
    »Dein Bruder lässt Mikey zusammenschlagen? Um mich einzuschüchtern? Was hast du nur für eine Familie! Und dahin willst du mich mitnehmen?«
    »Nein, das verstehst du falsch«, sagte Marius verzweifelt. »Roland ist ein Idiot. Das wird sich klären. Er ist mein Bruder, verdammt. Er wird sich daran gewöhnen müssen. Keine Ahnung, was im Moment mit dem los ist. Er hat sich da in etwas verrannt. Aber früher haben wir uns wirklich gut verstanden. Er wird zur Besinnung kommen, das verspreche ich.«
    »Aber diese Typen waren Rassisten. Nazis. Ist dein Bruder etwa auch so einer?«
    »Er hat einen Knall, Nathalie! Das ist eine Phase. Er will uns damit irgendwas beweisen. Genau wie mit der toten Taube. Wenn Roland und ich mal in Ruhe miteinander reden…«
    »Die Taube? Dein Bruder war das? Du wusstest die ganze Zeit, wer dahintersteckt, und hast nichts gesagt?«
    Marius biss sich auf die Lippe. Doch es war zu spät, es ungesagt zu machen. Nathalie funkelte ihn wütend an. Sie wurde laut.
    »Du wusstest das!«, schrie sie.
    »Ja… nein. Ich habe es vermutet. Ich wollte nur… Nathalie, ich bring das in Ordnung. Mein Vater kümmert sich darum. Ich werde mit ihm reden. Er wird dafür sorgen, dass Roland zur Rechenschaft gezogen wird. Lass mich nur mit meinem Vater sprechen. Ich…«
    Sie wandte ihr Gesicht ab. Egal, was er jetzt sagte, er würde es nur noch schlimmer machen.
    Mikey, der ihrer Unterhaltung mit offenem Mund gefolgt war, erwachte aus seiner Starre. Er warf den Joint achtlos ins Klo, wo er zischend verlosch. Dann packte er Marius und stieß ihn in den Wohnungsflur.
    »Raus hier. Aber ganz schnell. Verschwinde.«
    »Aber… Nathalie! Warte doch. Ich bring das in Ordnung. Das verspreche ich.«
    »Ach ja?« Mikey stieß ihn in Richtung Wohnungstür. »Dafür ist es wohl zu spät.«
    »Nathalie! Bitte!«
    Er stolperte zurück. Mikey beförderte ihn mit Tritten und Boxhieben zur Tür. Nathalie blieb im Badezimmer. Sie verschwand aus seinem Blickfeld. Eine Welle der Wut überspülte ihn. Dies war eine Sache zwischen ihm und seiner Freundin. Mikey sollte sich da raushalten.
    »Wer hat dich überhaupt gefragt?«, brüllte er. »Geh mir aus dem Weg, du Idiot.«
    Mikey verpasste ihm einen weiteren Hieb.
    »Wer mich gefragt hat? Keine Ahnung. Deine Kumpel, die mir die Fresse poliert haben, jedenfalls nicht.«
    »Meine Kumpel, sagst du?«
    Er war jetzt blind vor Wut. Mikey wollte ihm seine Freundin wegnehmen, das war ihm von Anfang an klar gewesen. Mit einer flinken Bewegung schnippte Marius seine Finger in Mikeys Platzwunde. Das reichte aus, um ihn außer Gefecht zu setzen. Er krümmte sich wimmernd.
    »Lass mich mit Nathalie allein. Geh in dein Zimmer. Das hier geht dich nichts an.«
    Mikey hielt sich die Hand schützend über dem Kopf.
    »Du blödes Arschloch…«, heulte er.
    Marius betrachtete ihn mit bitterer Genugtuung. Dieser Typ würde ihn nicht vor die Tür setzen. Der würde ihn nicht aus Nathalies Leben befördern. Er wusste, wie er mit solchen Menschen umgehen musste. Das hatte er bei seinem Vater gelernt.
    »Hau ab. Du langweilst mich. Keine Sorge, mein Vater wird dich großzügig abfinden. Er wird dir mehr Schmerzensgeld zahlen, als du mit deinen lächerlichen Kneipenjobs je verdienen

Weitere Kostenlose Bücher