Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
Vom Netzwerk:
Handelskammer und dem
    Komitee zur Erhaltung der Schulgebäude für Owen, beim
    Gartenclub und dem Stadtteil-Verbesserungs-Verein für
    Phyllis – neben

    ihrer Madrigal-Gr p
    u pe und ihrem Yoga-
    Unterricht.
    Irgendwo in diesem dichten Netz, träumt er, steckt sein
    rapide sprießendes Verhältnis mit Julia, der kompakten, so-
    liden, entschlossenen Julia, die überraschend sexy ist, aber
    er verliert sie immer wieder, es ist einfach zu schwierig,
    die heikle heimliche Verbindung aufrechtzuerhalten – die
    hastigen, atemlosen Telefongespräche, die von Panik be-
    stimmten Zusammenkünfte da, wo die Ränder seiner Stadt
    mit denen einer anderen verschmelzen –, und es vergehen
    Wochen, in seinem Traum, ohne dass eine Verbindung
    zustande käme, und das Objekt seiner Liebe sinkt tiefer
    und immer tiefer unter die Oberfläche des Alltäglichen,
    das respektable dichte Gewebe seines Lebens als Bürger,
    als Unternehmer und als Vater, und jenes Verhältnis, das in
    einem Sommerwetterleuchten der Leidenschaft und des

    243
    gegenseitigen Entdeckens entstanden war, kühlt sich zu
    nichts ab, wie eine Ferienfreundschaft zwischen Kindern,
    die sich auflöst, sobald die Ferien vorbei sind. Julia, zu der
    Tage hintereinander keine Verbindung bestand, schwindet,
    wird immer kleiner und fallt durch das Netz, geht verloren
    in der unfruchtbaren Geschäftigkeit des «normalen», er-
    laubten Lebens. Panische Angst weckt ihn; Owen erwacht
    mit einem Gefühl des Verlusts und der Verwirrung, bis
    ihm langsam dämmert – so wie er die Tapete wahrnimmt
    und das erbarmungslose Sonnenlicht der Küste, das schon
    durch den Spalt unter der Jalousie brennt –, dass es Phyl-
    lis ist, die verloren ist, versunken unter der Oberfläche der
    Dinge, und dass er und Julia, längst ordentlich verheiratet,
    seit über zwanzig Jahren zusammen in Haskells Crossing,
    Massachusetts, leben.

    Zu den Stützpunkten in Middle Falls hatte der Strand aus
    herbeigeschafftem Sand am Heron Pond gehört. Hierher
    kamen im Sommer die jungen Mütter aus Owens Bekannt-
    schaft, die sich der Mitte ihres, der Bibel nach, siebzig Jahre
    währenden Erdenlebens näherten, die aber in seinen Au-
    gen immer noch reizend waren; sie kamen mit ihren Kin-
    dern, die sich in der Mitte des Tages eine Stunde lang un-
    bekümmert vergnügten, einen schnellen Imbiss kriegten
    und dann nach Hause zu einem Mittagsschlaf. Manchmal
    am schattigen Nachmittag erschienen sie wieder, wenn die
    Zeit langsam weiterkroch, auf das Abendessen der Kinder
    nach fünf Uhr zu. Mit ihren zwölf und zehneinhalb Jahren
    waren Gregory und Iris zu groß für das lauwarme braune
    Wasser und den Seilball, der an einem wackligen Pfosten
    in der Mitte eines staubigen Kreises angebunden war, für
    die Picknicktische und –bänke mit den eingeritzten Ini-

    244
    tialen, die grün angemalten, mit der Aufschrift ABFALL
    versehenen Öltonnen, die verrostete Aluminium-Wasser-
    rutsche dicht am Ufer und den Lebensretterstuhl, auf dem
    immer noch die Tochter des Schuldirektors saß, mit ihrem
    glatten Haar und dem mahagonibraunen Körper, wenn sie
    nun auch kein Teenager mehr war. Ihre Fülligkeit war noch
    kompakter geworden, sogar bedrohlich, auf der Oberlippe
    zeigte sich ein Hauch von einem Schnurrbart, weiß von
    der Zinkoxidsalbe, und ihre dicken Beine waren deutlich
    sichtbar behaart, was vermutlich eine politische Aussage
    sein sollte. Unter den jungen Leuten war Haar zu einem
    Emblem geworden: Es spross in Achselhöhlen, verdeckte
    die Ohren der Jungen. Gregory wurde ein moppköpfiger
    Miniatur-Beatle und wehrte sich gegen das Haareschnei-
    den, als wäre es ein Angriff, eine Impfung, die wehtat. Der
    kleine Floyd, jetzt in der zweiten Klasse, und Eve waren
    noch gefügige Besucher des Teiches: Wenn Owen sie in
    seiner Mittagspause mit der roten Corvette Stingray be-
    suchte, von 1968 an in seinen Augen das Auto, das er sich
    schuldig war, und die beiden und ihre Mutter dort antraf,
    war es wie eine frische Entdeckung. Er mochte es, wenn er
    seine Frau im Badeanzug sah – einem weißen Bikini, der
    sich von ihrer blassen, rötlichen Bräunung absetzte. So, fast
    nackt und dennoch vornehm, war sie die Phyllis, die er sich
    erhofft hatte, und der ganze verschlafene, schäbige Strand
    am Teich beschwor ein verlorenes Paradies mit seinen
    braunbeinigen wilden Mädchen. Die Mütter breiteten De-
    cken auf dem Gras aus und picknickten mit ihren Kindern,
    während Alissa Morrissey ihre üblichen Witze

Weitere Kostenlose Bücher