Landlust für Anfänger: Erlebnisse einer Ausgewilderten in der Toskana
wieder „Madonnina, Madonnina“! Dieses „Madönnchen, Madönnchen“ entspricht dem Deutschen „Ach Gottchen, ach Gottchen“. Maria, die Artischockenbäuerin, ist sicher: „Dann schmeckt Dir diese nicht.“ „Doch, natürlich! Ich habe noch nie eine bessere gegessen“, versichere ich. Antoniella schüttelt den Kopf, „das geht nicht. Entweder das eine oder das andere.“
Es ist Camillo, der mich rettet. „Andere Länder, andere Sitten.“ Danke. Ist zwar komplett unlogisch, aber ich bin gerettet. Ich hüte mich, zu fragen, ob Sizilien ein anderes Land ist oder er mich als Deutsche meint und wenn ja, was Süditalien mit meinem Land zu tun hat. Ich will weder den wieder eingekehrten Frieden gefährden, noch mich auf italienisch auf dieses komplizierte Thema einlassen. Wäre auch sinnlos.
Das habe ich schon mal in Neapel erlebt. Ein Stadtführer, sehr gebildet, wollte beweisen, dass er beim Thema „Küche“ sehr polyglott ist und erzählte, er habe durchaus mit Appetit in Bologna „Spaghetti bolognese“ gegessen und die seien sehr lecker gewesen. Ich zeigte mich beeindruckt und fragte, ob seine Frau - Männer kochen in Neapel nur in Restaurants - nun auch zuhause diese „ungewöhnliche Spezialität“ zubereiten würde. Er runzelte die Stirn und erklärte: „Wissen Sie, Signora, wir in Neapel essen...“ Er zählte zehn Gerichte auf. Ich beeilte mich, zu versichern, dass die neapolitanische Küche unübertroffen sei, aber man könne doch durchaus mal etwas Fremdes probieren. Zumindest dachte ich, ich hätte das gesagt. Er lächelte zuvorkommend und antwortete: „Sie sprechen wirklich gut Italienisch, aber sie haben mich nicht verstanden. Wir in Neapel essen...“ Ich hab‘s aufgegeben und nur noch die Küche Neapels gerühmt.
Vielleicht interessiert sich doch jemand für mein Peperonata-Rezept. Camillo und seine Freunde müssen es ja nicht erfahren.
800 Gramm rote, gelbe und grüne Paprika vierteln, entkernen, waschen und in schmale Streifen schneiden.
Zwei bis vier rote Gemüsezwiebeln ebenfalls in Streifen schneiden und mit fünf fein gehackten Knoblauchzehen in Olivenöl andünsten. Paprika dazugeben und einige Minuten unter Rühren leicht anbraten. Etwas Gemüsebrühe angießen, Deckel auf die Pfanne setzen und das Ganze auf kleiner Flamme 20 Minuten köcheln lassen. Währenddessen zwei Esslöffel Pinienkerne in einer Pfanne ohne Fett goldbraun rösten und mit drei fein gehackten Sardellen sowie zwei bis drei Esslöffeln, zuvor eingeweichten Rosinen zu den Paprika geben. Mit einem Schuss Balsamico, Salz, Chili und einem halben Teelöffel Zucker abschmecken.
Wer sehr verwegen ist, mischt noch fein geschnittenes Basilikum unter.
Mit dem Essen ist auch die Diskussion darüber beendet. Zeit für das ewige Klagelied der Mütter. Es geht um ihre Söhne, die nicht mit 20, nicht mit 30 und auch nicht mit 40 Jahren erwachsen werden wollen. Diese Mammoni, Super-Muttersöhnchen, gibt es im ganzen Land. Seit Jahren sind sie ein beliebtes Thema in den Medien.
Die Mütter sind verzweifelt. Sie müssen ihren Buben die Wäsche waschen und müssen sie bekochen. Sie müssen die Zimmer und Wohnungen putzen. Ziehen die Jungs tatsächlich in die Fremde, also ins nahe Siena oder noch nähere Follonica, kommen sie garantiert am Wochenende, um ihre Wäsche abzugeben und frisch gebügelte Hemden und Unterhosen - ja auch die werden gebügelt, da lässt sich keine Mutter was nachsagen - einzupacken. Und natürlich holen sie vorgekochte Menüs ab. Portioniert, verpackt und nach Tagen beschriftet.
„Warum MÜSST Ihr das alles machen?“
Die Frage war ganz falsch. Triumphierend fragt Anna zurück: „Wie sollen sie denn sonst überleben? Sollen sie im Chaos versinken?“
„Natürlich nicht“, versichere ich, „aber vielleicht können sie auch alleine überleben?“
„Aber es sind doch Jungs!“ ruft Eddi, „sollen die etwa zum Putzeimer greifen oder die Pfanne auf den Herd stellen?“ Das ist so lustig, dass alle lachen.
Einen Trumpf habe ich noch. „Aber eure Söhne sind doch nicht alle Singles.“
Immerhin gibt es ein kurze Pause. Dann sind die Argumente beisammen. Die eine Schwiegertochter ist berufstätig. Die andere kommt aus dem Piemonte. „Weißt Du, nicht dass sie schlecht kocht, aber eben anders. Das kennt der Junge nicht.“ Die dritte ist gestresst mit zwei Kindern. Also muss man die Kleinen nachmittags nach Kindergarten und Schule hüten.
Ich sage nichts mehr. Luigi,
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