Langenscheidts Handbuch zum Glück (German Edition)
aufhöre. Das Leben ist zu ernst, um zu ernst genommen zu werden. Lachen heilt. Selbst in Krebsstationen helfen Klinikclowns.
Dabei wissen wir, dass der Clown selbst meist nicht glücklich ist. Aber er hilft anderen dabei.
»Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt«, meint Joachim Ringelnatz.
Aus
Langenscheidts Leben
Der Vater eines engen Freundes war gestorben. Die Trauerfeier fand in einem kleinen Ort mitten im Gebirge statt. Ich wollte den Freund im Moment des Abschiedes nicht alleinlassen und reiste hin. Die Anreise war lang und beschwerlich. Mein
Zug musste manchen Pass überwinden. Als ich ankam, fehlte meine Brieftasche. Bargeld für die ganze Reise, Kreditkarten, Ausweis, Autopapiere, Fotos, Persönliches. Nur wenig Zeit blieb bis zur Trauerfeier. Trotzdem fragte ich nach einem Fundbüro und durchsuchte den halben Zug. Nichts. Dann schlug die Trauer über mir zusammen wie eine dunkle Woge. Erinnerungen, Liebe, Freundschaft, Tränen, Versäumtes – alles kam hoch und schwemmte jeden Gedanken an die Brieftasche weg. Sie war nicht mehr vorhanden, weder real noch in meinem Kopf.
Wir alle verbrachten einen langen Abend der großen Gefühle miteinander. Es war wie Großfamilientreffen und Zeitreise zugleich. Und wurde mehr zu einer Feier des Lebens des Verstorbenen als zur Trauer um sein Ableben. Er hätte sich gewünscht, dass man tanzt – und so taten wir es.
Am nächsten Morgen erst kam der Gedanke an die Brieftasche zurück. Ich suchte in den letzten Winkeln meines Gepäcks und etwa siebzehnmal in allen Taschen aller meiner Kleidungsstücke. Wieder nichts.
Ein bisschen lokale Währung hatte ich in einer Tasche. Ich hatte sie mir am Flughafen eingewechselt. Es wurde zur Herausforderung für mich, damit durch das Wochenende zu kommen. Weniger ist mehr – Glück. Jede Tafel Schokolade wurde zum Luxus. Und ich schaffte es. Aus Unglück war unversehens ein kleines Stück Glück geworden.
Später fuhr ich wieder zum Bahnhof, eigentlich ohne Hoffnung. Aber eine Stimme in mir forderte laut: Gib nicht auf! Und so ging ich zu jedem Lebensmittelladen, Imbiss und
Fahrkartenschalter im Bahnhof und erzählte meine Geschichte. Etwa zweiundzwanzigmal. Beim dreiundzwanzigsten Mal schaute die Bahnangestellte mir ins Gesicht und sagte, jemand habe vorhin eine kleine Plastiktüte abgegeben. Sie habe noch keine Gelegenheit gehabt hineinzusehen. Sie tat es. Und unfasslich, die Brieftasche war drin. Ohne Bargeld zwar, aber mit allem anderen. Jemand hatte sie in der Toilette des Zuges gefunden.
Ich hätte die Welt umarmen können. Eigentlich war die Brieftasche ja schon aus meinem Bewusstsein entschwunden angesichts der großen Gefühle der Trauerfeier. Hätte ich sie nicht verloren, hätte sie gar nicht zu Glück oder Unglück beigetragen. So hatte sie zu kurzem Unglück geführt und jetzt zu Riesenglück. Ich konnte es nicht glauben. Drückte der Angestellten mein restliches Bargeld in die Hand. Rief meine Liebsten an mit der Wundernachricht. Sprang unvermittelt hoch auf dem Bahnsteig. Umarmte posthum den Verstorbenen.
Glück und Unglück liegen in einem Bett. Als im Zug eine Ansage kam, dass eine Lawine auf unsere Strecke niedergegangen sei, lächelte ich nur. Nichts hätte mir wurster sein können.
»Not getting what you want is sometimes a wonderful stroke
of luck« las ich später im Zug in einer Zeitung. Und dachte an einen Mann, den ich mal an einem Strand angesprochen hatte. Er ging mit einer Art Metalldetektor über den Sand und suchte offensichtlich nach Uhren, Schmuck und Ähnlichem. Ich fragte ihn, ob er je etwas finde. Er lachte mich glücklich an und meinte: »Nein, fast nie! «
Wenn Sie mal wieder am Leben verzweifeln, denken Sie an
… BARBARA PACHL-EBERHART
»Ein Leben lang«, so hatten ihr Mann und sie versprochen, würden sie sich lieben, ehren und achten. Sie wussten nicht, wie kurz ein gemeinsames Leben sein kann.
Denn acht Jahre später verlor Barbara Pachl-Eberhart ihren Mann bei einem schrecklichen Verkehrsunfall. Am Morgen im Bett hatte er ihr noch gesagt: »Ich weiß auch nicht, was mit mir ist, ich hab seit gestern Abend das Gefühl, ich könnte Bäume ausreißen, ich bin so voller Freude.« Wenige Stunden später war er tot.
Mit ihm im Auto saß die gemeinsame Tochter Fini, die drei Tage später im Krankenhaus an Herzversagen starb. Noch an den Maschinen hing zu diesem Zeitpunkt Sohn Thimo. Allerdings war sein Hirn durch den Unfall so zerstört, dass es keine
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