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Langoliers

Titel: Langoliers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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war.
    Er hatte nicht mehr so große Angst wie in dem Moment, als er zum ersten Mal Hass und Wut in Shooters Augen tanzen gesehen hatte, gleich der Spiegelung eines außer Kontrolle geratenen Scheunenbrands. Als er den Mann gestoßen hatte, war er rückwärts getaumelt, und Mort dachte, wenn es zu einem Kampf kam, konnte er wahrscheinlich seinen Mann stehen … oder den Gegner tatsächlich zu Boden zwingen.
    Trotzdem wäre es besser, wenn es nicht dazu kam. Shooter tat ihm langsam auf eine seltsame, unwillkürliche Art leid.
    Dieser Gentleman verfolgte derweil stur seinen eingeschlagenen Kurs.
    »Dieses andere Haus – in dem Ihre Frau jetzt wohnt –, ist das auch hier in Maine?«
    »Ja.«
    »Ist sie dort?«
    »Ja.«
    Dieses Mal folgte eine viel längere Pause. Shooter erinnerte Mort auf unheimliche Weise an einen Computer, der eine gewaltige Datenflut verarbeitet. Schließlich sagte er: »Ich gebe Ihnen drei Tage Zeit.«
    »Wie großzügig von Ihnen«, sagte Mort.
    Shooters breite Oberlippe entblößte Zähne, die so ebenmäßig waren, dass es sich nur um ein Gebiss aus einem Versandhauskatalog handeln konnte. »Verspotten Sie mich nicht, Sohn«, sagte er. »Ich gebe mir die größte Mühe, mich zu beherrschen, und momentan gelingt es mir auch noch ziemlich gut, aber …«
    »Sie!« schrie Mort ihn an. »Und was ist mit mir? Das ist einfach unglaublich! Sie kommen aus dem Nichts und erheben so ziemlich den schwerwiegendsten Vorwurf, den man gegen einen Schriftsteller aussprechen kann, und wenn ich Ihnen sage, ich habe den Beweis, dass Sie entweder lügen oder sich irren, klopfen Sie sich auf die Schulter, weil sie sich so gut beherrschen. Unglaublich!«
    Shooter ließ die Lider sinken, was ihm ein verschlagenes Aussehen verlieh. »Beweise?« sagte er. »Ich sehe keine Beweise. Ich höre Sie reden, aber Gerede ist kein Beweis.«
    »Ich habe es Ihnen gesagt!« brüllte Mort. Er fühlte sich hilflos, wie ein Mann, der Spinnweben wegboxen möchte. »Ich habe Ihnen doch alles erklärt!«
    Shooter sah Mort lange an, dann drehte er sich um und griff durch das offene Fenster seines Autos.
    »Was machen Sie?« fragte Mort mit gepresster Stimme. Jetzt spürte er, wie Adrenalin in seinen Körper gepumpt wurde, und machte sich für Kampf oder Flucht bereit … wahrscheinlich letzteres, wenn Shooter tatsächlich nach der großen Pistole griff, die Mort plötzlich vor seinem geistigen Auge sah.
    »Ich hol nur Zigaretten«, sagte Shooter. »Pissen Sie sich nicht gleich ins Hemd.«
    Als er den Arm aus dem Auto zog, hatte er eine rote Packung Pall Mall in der Hand. Er hatte sie vom Armaturenbrett geholt. »Möchten Sie eine?«
    »Ich habe selbst welche«, sagte Mort mürrisch und holte die uralte Packung L & M aus der Tasche unter dem roten Flanellhemd.
    Sie zündeten die Zigaretten an, jeder die aus seiner Packung.
    »Wenn wir so weitermachen, prügeln wir uns«, sagte Shooter schließlich. »Das will ich nicht.«
    »Herrgott, ich auch nicht!«
    »Ein Teil von Ihnen schon«, widersprach Shooter. Er sah Mort weiterhin unter halb gesenkten Lidern mit diesem Ausdruck von Bauernschläue an. »Ein Teil von Ihnen will genau das. Aber ich glaube, nicht nur ich oder die Geschichte wecken diese Kampfeslust in Ihnen. Sie haben noch ein Eisen im Feuer, das Ihnen zu schaffen macht, und das macht dies hier um so schwerer. Ein Teil von Ihnen möchte kämpfen, aber Sie verstehen nicht, wenn es zu einem Kampf kommt, wird er erst aufhören, wenn einer von uns tot ist.«
    Er versuchte zu ergründen, ob Shooter übertrieb, konnte es aber nicht erkennen. Plötzlich war ihm an der Wirbelsäule kalt.
    »Ich werde Ihnen daher drei Tage Zeit geben. Sie rufen Ihre Exfrau an und lassen sich das Magazin mit der Geschichte darin schicken, wenn es dieses Magazin überhaupt gibt. Und ich komme zurück. Selbstverständlich gibt es kein Magazin, ich glaube, das wissen wir beide. Aber Sie kommen mir wie ein Mann vor, der lange und gründlich nachdenken muss.«
    Er betrachtete Mort mit einem beunruhigenden Ausdruck strengen Mitleids.
    »Sie haben nicht gedacht, dass Ihnen jemals jemand auf die Schliche kommen würde, was?« fragte er. »Wirklich nicht.«
    »Wenn ich Ihnen das Magazin zeige, gehen Sie dann wieder?« fragte Mort. Er redete mehr mit sich selbst als mit Shooter. »Ich frage nur, weil ich abschätzen will, ob es sich tatsächlich lohnt oder nicht.«
    Shooter machte unvermittelt die Autotür auf und schlüpfte hinters Lenkrad. Mort fand die

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