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Lass los was dich festhaelt

Lass los was dich festhaelt

Titel: Lass los was dich festhaelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny McLean
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möglich und notwendig auszuloten, sind wir auf diese Erde gekommen - unerwünschte Fremdlinge in einer Diaspora, die das Letzte fordert, was ein Menschenwesen zu geben imstande ist, nämlich Leib und Leben.
    Seit Millionen von Jahren hinterlassen wir diesem Planeten, auf dem wir unbedingt inkarnieren, also physisch erscheinen wollten, diese beiden untrennbar miteinander verbundenen Hab-Seligkeiten: Leib und Leben. Und seit Millionen von Jahren entwickeln, zerstören, kultivieren und degenerieren wir diese Hinterlassenschaft mit einer beinahe bewundernswerten Ausdauer, die (fast) an Verbissenheit grenzt.
    Liebe Leute (hätte ich jetzt beinahe gesagt …), der Zenit ist erreicht, längst erreicht und schon überschritten. Es geht nicht mehr darum, von unseren kleinen persönlichen Habseligkeiten, unseren cerebralen Privattheatern und unseren Hirngespinsten Abschied zu nehmen, sondern vielmehr darum, endlich die Kontrolle über unser Triebleben zu gewinnen, welches uns immer und immer wieder in die Materie, in die Darstellung und in die Zeugung treibt. Wir müssen sie endlich in den Griff bekommen,
diese Gier nach Macht, Ruhm und Sex und diese wahnsinnige Sehnsucht, die uns unentwegt antreibt, diese drei mit Händen begreifen, mit Sinnen zu erfahren und mit unseren Zeugungskräften am Leben erhalten zu wollen. Wir müssen loslassen, bevor wir dazu gezwungen werden, bevor die Not so groß ist, dass wir nicht mehr anders können und bevor wir als Geschlagene das Spiel des Lebens verloren geben müssen.
    Fragen Sie noch immer, was loszulassen ist?
    Ich wusste es: Sie werden mir böse sein …
    Wir müssen diese Erde loslassen, bevor sie uns vollends vereinnahmt.

4. KAPITEL

    Von der Kunst des Abschiednehmens
    »Abschied ist ein bisschen wie Sterben«, schrieb ein Schlagertexter vor dreißig Jahren, und ganz so unrecht hatte er nicht, zumindest wenn der Abschied endgültig ist. Wir nehmen unentwegt Abschied, manchmal unter Tränen und manchmal unbemerkt. So wie meine Freundin Bärbel, die zu ihrem Mann »Bis gleich« sagte und in ihrem italienischen Hotelzimmer ganz in Ruhe die Koffer weiter packte, während er noch einmal »schnell ein bisschen schwimmen« ging. Sie sah ihn nie wieder lebend.
    Solche Abschiede sind die schrecklichsten, denn sie kommen wie Nackenschläge, von denen man sich nie mehr erholt. Es kann auf diesen Schrecken, diesen maßlosen Schmerz und auf die Verzweiflung, die den ganzen Körper und die ganze Seele aufzufressen scheinen, keine Vorbereitung geben. Es gibt kein Mittel auszuweichen oder sich zu trösten, weil die Tragödie wie eine Strafe wirkt, wie ein dunkles Verhängnis, wie ein »Von-Gott-verlassen-Sein«.
    So ein Einschnitt ist aber in Wirklichkeit weder die Folge einer Strafe oder eines Verhängnisses, und auch Gott hat nichts
damit zu tun, noch ist es das, was gern »Schicksal« genannt wird. Dieser Begriff wird mit Vorliebe immer dann verwendet, wenn angesichts eines Geschehens alle Worte oder Erklärungen fehlen. Da sind sie wieder, diese unkontrollierbaren Mächte, mit denen sich kein Stillhalteabkommen für kurze oder längere Zeit abschließen lässt. Wir wissen nicht, wer hinter diesen manchmal absolut perfiden Konstruktionen in Menschenschicksalen steckt, die von einem Moment zum anderen alles zerstören, uns aber auch genauso gut in den siebenten Himmel des Glückes katapultieren können.
    Er/sie wird es schon verdient haben, ist ein beliebter Kommentar außenstehender Beobachter, der meist hinter vorgehaltener Hand eher geflüstert als laut ausgesprochen wird, begleitet von einer stillen Erleichterung, dass man selbst verschont geblieben ist. Sehen Sie, da ist es schon wieder, dieses kleinmütige Denkmuster: Wer sündigt, den bestraft der liebe Gott , das immer, aber wirklich immer im Hinterkopf auftaucht, wenn »etwas« passiert, und oft von dem empörten Ausruf »Wie kann Gott das nur zulassen!« begleitet wird.
    Keine Angst, ich werde mich nicht wiederholen. Außerdem denke ich, dass Gott weder unsere Beschuldigungen noch unsere Verteidigung nötig hat. Denn unsere Katastrophen fallen, wie bereits erwähnt, nicht in seinen Zuständigkeitsbereich. Für sie sind wir selber verantwortlich, und zwar samt und sonders. Jede Katastrophe, jeder Unglücksfall ist Ausdruck eines Ungleichgewichts mit langer Vorbereitungszeit. Oh, wie ich ihn höre, den Aufschrei der Empörung über diese Aussage. »Und was ist mit den Tsunami- und Erdbebenopfern, und dem schrecklichen Tutsi-Genozid und

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