Lass nur dein Herz entscheiden
verstand sie voll und ganz, wie er ein so einflussreicher Geschäftsmann geworden war. Dass er als skrupellos galt, wusste sie. Nur war er mit ihr nie so umgegangen. Jetzt musterte er ungerührt ihr Gesicht, während er nach einem Zeichen von Schwäche suchte.
„Nein“, log Miriam.
Seine Miene blieb unbewegt, doch sie meinte in seinen Augen eine Reaktion aufflackern zu sehen. Nervös griff Miriam nach ihrem Glas und trank den Cocktail aus.
„Du kannst deine Scheidung haben. Ich mache sie dir sogar nett und unkompliziert. Unter einer Bedingung“, erklärte Jay sanft.
Dass sie sich schwer getroffen fühlte, war völlig unlogisch. Denn schließlich war sie es doch, die die Scheidung verlangte. „W…welche Bedingung?“, stammelte Miriam.
„Erst musst du mich davon überzeugen, dass es wirklich das ist, was du willst.“
„Ich habe es dir doch gesagt.“
„Das reicht nicht.“
Miriam runzelte die Stirn. „Wenn du mir nicht glaubst, was ich sage, wie kann ich dich dann überzeugen?“ Sofort war ihr klar, dass er auf diese Frage längst eine Antwort hatte.
Sein sexy Mund verzog sich zu einem spöttischen Lächeln. „Komm zurück in die Wohnung, und wir leben bis Weihnachten wieder zusammen. Warte ab, wie du dann darüber denkst.“
„Es ist nicht zu fassen, dass du so etwas vorschlägst!“, brauste Miriam empört auf.
„Nicht als Mann und Frau, falls du nicht in meinem Bett schlafen willst“, fuhr Jay gelassen fort. „Du kannst das Gästezimmer haben, wenn dir das lieber ist.“
„Wäre es nicht.“ Miriam sah das Funkeln in seinen Augen und erklärte schnell: „Ich habe nicht die Absicht, in dein Apartment zurückzukehren, egal, ob ich ins Gästezimmer ziehen könnte oder nicht.“
Plötzlich wurde Miriam klar, dass sie diese Wohnung hasste. Es war immer Jays gewesen, nicht ihre. Zu Hause gefühlt hatte sie sich dort nie, eher wie eine Besucherin seiner exklusiven Junggesellenwohnung.
„Was ist los? Woran denkst du gerade?“
„Nichts.“
„Wegen nichts machst du nicht so ein gequältes Gesicht“, widersprach Jay grimmig. „Also?“
Na schön. Er hatte es herausgefordert. „Ich will deine Wohnung nicht mehr betreten. Es war immer deine Wohnung, nicht meine, und sie war kein Zuhause für mich. Ich fühlte mich dort bloß als Gast.“
Jetzt war Jay völlig verblüfft. „Du hast nie etwas gesagt.“
Miriam zuckte die Schultern. „Es war dein Heim, und du hast es geliebt. Als du mich zum ersten Mal herumgeführt hast, konnte ich erkennen, wie viel dir die Wohnung bedeutet. Davon abgesehen …“
„Was?“
„Ich habe nicht damit gerechnet, wie sehr sie deine bleiben würde.“ Das klang irgendwie unlogisch.
Trotzdem verstand Jay. „Und wie sehr ist sie meine geblieben?“
„Zu hundert Prozent.“
„Aha.“
„Oh, sie ist fantastisch.“ Ärgerlich fragte sich Miriam, warum sie überhaupt noch freundlich war. Nach dem, was er getan hatte, brauchte sie nicht nett zu sein. „Wirklich toll. Aber sie ist nicht … ich.“
„Und warum hast du mir nie gesagt, dass du sie hasst?“ Jay presste die Lippen zusammen.
„Ich habe sie nicht gehasst …“, begann Miriam und verstummte abrupt. Warum log sie? „Doch, habe ich. Besonders, wenn wir Dinnerpartys gegeben haben. Ich bin mir immer vorgekommen wie eine von diesen Hostessen, die man für den Abend engagiert.“
Jay sah entsetzt aus. „Ich hatte keine Ahnung, dass du so unglücklich warst.“
„Ich auch nicht.“ Das hörte sich ja verrückt an. „Ich meine, ich war nicht direkt unglücklich in unserer Ehe …“ Miriam zuckte wieder die Schultern. „Es war nur so, dass ich immer das Gefühl hatte, mich anpassen zu müssen.“
„Die meisten Frauen würden alles dafür geben, mit Blick auf die Themse zu wohnen.“
Sie hatte ihn wirklich beleidigt. Dass es sie nicht kümmerte, erschreckte sie ein bisschen. „Ich bin nicht die meisten Frauen, Jay. Ich bin ich.“
„Wie wahr“, stieß er zwischen zusammengepressten Lippen hervor.
„Mit Ingwer marinierter Lachs?“ Der Kellner kam mit dem ersten Gang an den Tisch.
„Für mich“, sagte Miriam.
Nachdem der Kellner die Teller vor sie beide hingestellt hatte, zog er sich zurück.
Grimmig blickte Jay die Vorspeise an, die er bestellt hatte – heiß geräucherte Forelle an Schnittlauchtörtchen –, bevor er Miriam wieder ansah. „Ich finde es unglaublich, dass du so empfunden und es mir verschwiegen hast. Wie kannst du mir die Schuld für etwas geben, was ich
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