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Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Titel: Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niccolò Ammaniti
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lassen. Sie setzte sich auf und kreischte: »Bist du verrückt geworden? Was fällt dir ein? Ich …« Weiter kam sie nicht, denn obwohl das Licht aus dem Flur blendete, meinte sie zu sehen, dass Saverio nackt war und … Nein, das gibt ’ s doch nicht … Er hat sich kahl geschoren . Ein Schauder lief ihr über den Rücken.
    »Weißt du, was die im Lager immer zu mir sagen? Dass du gut ein Pornostar sein könntest. Und im Grunde haben sie nicht unrecht, so wie du rumläufst. Eine richtige Nutte bist du! So nuttig, dass du einerseits sagst, bumsen sei ekelhaft, aber dann lässt du dir die Titten machen.« Und er lachte aus vollem Hals.
    Serena war wie versteinert. Sie hielt den Atem an, ihr Herz raste, und in ihren Adern pochte das Blut. Irgendetwas stimmte nicht mit ihrem Mann. Nicht weil er plötzlich eifersüchtig war oder weil er sich die Haare abrasiert hatte. Gut, das waren besorgniserregende Symptome. Aber am meisten erschreckte sie seine Stimme. Die hatte sich verändert. Sie klang gar nicht mehr nach ihm. Sie war tief und bösartig. Und dieses boshafte Lachen, wie ein Psychopath, wie ein Besessener.
    Dass ihr Mann früher oder später einmal ausflippen könnte, damit hatte Serena Mastrodomenico immer schon gerechnet. Er war frustriert. Er unterdrückte seine wahren Gefühle, war zu entgegenkommend, zu nachgiebig, zu nett zu allen. Ihr gefiel das. Es erinnerte sie an jene Kutschpferde, die brav den Wagen ziehen, ein Leben lang Prügel einstecken und schließlich an Erschöpfung sterben. In seinem Inneren jedoch, das wusste sie auch, loderte Tag und Nacht ein wahres Höllenfeuer. Und sie, sie machte sich einen Spaß daraus, ihn zu provozieren, um auszutesten, wie weit sie gehen konnte und ob er sich nicht hin und wieder doch mal zu einem Wutanfall hinreißen ließ. Aber in zehn Jahren Ehe war es noch nie so weit gekommen.
    Aber jetzt, verdammte Scheiße . Da fiel ihr wieder dieser Film ein. Darin ging es um einen mustergültigen Angestellten, mit perfekter Familie, der eines Tages, als er im Verkehr festsaß, urplötzlich alle Hemmungen verlor und mit einer Pumpgun ein Blutbad anrichtete. Haargenau so war ihr Mann jetzt drauf.
    Langsam näherte sich Saverio dem Bett. »Du kennst mich nicht, Serena. Du hast keine Ahnung, wozu ich fähig bin. Du glaubst, alles zu wissen, aber du weißt gar nichts.«
    Als Serena sah, dass er das Schwert in der Hand hatte, schrie sie leise auf und drückte sich an die Wand.
    »Sei still! Sei bloß still, sonst weckst du noch die Kinder! Ach ja, richtig! Apropos Kinder. Meinst du, ich wüsste nicht, warum du unbedingt eine künstliche Befruchtung wolltest? Das war nicht wegen des Alters. Hast du tatsächlich geglaubt, ich hätte diesen Blödsinn mit dem Alter gefressen? Nein! Der eigentliche Grund war, dass du mich abstoßend findest.« Saverio hob die Arme mit dem Schwert und zeigte sich nackt. »Jetzt sag mal, bin ich wirklich so abstoßend?«
    Dass sie in der Schule einen zweijährigen Kurs in Psychologie belegt hatte, machte aus Serena Mastrodomenico noch keine Expertin für psychotische Syndrome. Aber Verrückten, so hieß es im Volksmund, musste man auf jeden Fall recht geben. Und in diesem Augenblick schien ihr das mehr als angebracht.
    »Nein, nein … du bist nicht abstoßend«, stotterte sie, selbst überrascht, dass sie überhaupt ein Wort herausbrachte. »Hör zu, Saverio. Leg das Schwert weg. Es tut mir leid, dass ich das gesagt habe.« Sie schluckte. »Ich liebe dich, das weißt du doch …«
    Er schüttelte sich vor Lachen. »Nein … das bitte nicht … Das hättest du nicht sagen dürfen! Du liebst mich? Es ist das erste Mal, seit wir uns kennen, dass ich das von dir höre. Das hast du nicht mal gesagt, als ich dir den Verlobungsring geschenkt habe. Da hast du nur gefragt, ob man ihn umtauschen kann.« Er wandte den Kopf zum Fenster, als stünde dort jemand. »Verstehst du das? Verstehst du, was man tun muss, um von der eigenen Frau geliebt zu werden? Und da heißt es immer, die Ehe als Institution sei in der Krise.«
    Sie musste unbedingt raus hier. Doch das Fenster zum Balkon war geschlossen, die Jalousie davor heruntergelassen. Und selbst wenn sie es aufbekäme, die Wohnung lag im dritten Stock, und darunter war ein asphaltierter Parkplatz. Und wenn sie um Hilfe schrie, würde er mit dem Schwert zuschlagen. Ihr blieb nichts anderes übrig, als um Gnade zu flehen und an den guten alten Saverio zu appellieren, der doch irgendwo in dem kranken Hirn dieses

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