Last Date
zu dir rüber. Ich habe gerade einen Anruf bekommen , über den wir sprechen müssen.“
„Um was geht es denn?“ , konterte sie nicht im Geringsten freundlicher, obwohl sie die gute Arbeitsweise des etwas jüngeren Kommissars Bockermann in den letzten Monaten schätzen gelernt hatte und ihn auch sonst, aufgrund seiner ruhigen und besonnen Art, gern in ihrem Team sah.
„Es geht um Herrn Becker, der wegen Mordverdacht noch in U-Haft sitzt.“
„Hat das nicht Zeit bis Montag?“ Die Kommissarin
konnte nicht begreifen , wieso Bockermann trotz ihrer genervten Art immer noch so ruhig antworten konnte.
„Ich glaube, wenn wir nicht reagieren, dann handeln wir uns eine Menge Ärger ein. Sein Anwalt ist recht gut. Also bis gleich.“
In dem Moment, in dem sie widersprechen wollte, hatte Bockermann bereits aufgelegt. Sie nahm das Telefon vor ihr Gesicht, sah es ungläubig an und warf es mit einem tiefen Stöhnen auf den Tisch, als läge die Verantwortung für das eben geführte Gespräch, oder für ihre absolut miserable Laune, bei eben dieser Telekommunikationseinheit.
Wolf wunderte sich, warum Bockermann so lange brauchte . Meistens war er spätestens innerhalb einer Minute die paar Meter von seinem Büro zu ihr herübergelaufen. Als er aber kurze Zeit später mit zwei Tassen Cappuccino bei ihr eintrat und ihr einen davon auf den einzigen freien Platz auf ihrem Schreibtisch stellte, wusste sie warum. Während er ein paar Unterlagen vom Besucherstuhl auf den Boden legte, einfach Platz nahm und in aller Seelenruhe an seiner Tasse nippte, sah sie ihn humorlos an. Ihr rechtes Auge war etwas zugekniffen und sie wollte ernst bleiben, spürte aber, wie ihre Anspannung sich langsam löste. Als er sie mit gespielt treuem Blick ansah, musste sie dann doch ein wenig lachen. Es war kein richtiges, herzhaftes Lachen, eher ein schnaufendes, aber ihr Gesicht wurde plötzlich wieder freundlicher.
„Wie machst du das? Du kommst hier rein und schon ist alles Friede, Freude, Eierkuchen“, fragte sie ihn.
Bockermann zog gleichzeitig seine Schultern und seine Augenbrauen nach oben, sagte aber nichts. Er schob seiner Vorgesetzten einen Schnellhefter zu, auf dem, unter mehreren Kennziffern und Aktenzeichen, der Name Martin Becker stand.
Ohne darauf zu warten, dass die Kommissarin einen Blick in die Unterlagen warf, erklärte er: „Routinemäßig hat heute Morgen mein Kollege das Intranet nach neuen Fällen in den angrenzenden Bundesländern durchgesehen und ist auf einen Mord an einer jungen Frau gestoßen, der unserem hier ziemlich ähnlich zu sein scheint. Ich habe mittlerweile mit dem dort zuständigen Kommissar telefoniert. Die junge Frau aus Fulda ist, genau wie bei unserem Fall, ans Bett gefesselt und mit einer Rasierklinge langsam zu Tode gequält worden. Das kann meiner Meinung nach kein Zufall sein.“
Die Hauptkommissarin nahm den Cappuccino hoch und trank einen kleinen Schluck. „Wann ist die Tat in Fulda verübt worden?“
„Die Tote wurde gestern Nachmittag gefunden, ist aber Mittwochabend zwischen neun und elf getötet worden.“
Wolf sah ihn grimmig an. Sofort verdrehte Bockermann schuldbewusst die Augen und erwiderte ihren bösen Blick mit seinem treuen. „Ich weiß, ich weiß. Also sie wurde Mittwochabend zwischen einundzwanzig und dreiundzwanzig Uhr getötet. Besser?“
Ihr Gesicht entspannte sich wieder. „Viel besser.“
Seit sie in ihrer Position als Hauptkommissarin arbeitete, versuchte sie in ihrem Team Missverständnisse durch zweideutige Angaben zu vermeiden. Dazu gehörte vor allem die korrekte Zeitangabe. Sie nickte kurz, verschränkte ihre Arme vor der Brust und lehnte sich langsam in ihrem Stuhl zurück. „War dieser Becker zu diesem Zeitpunkt nicht schon bei uns in Haft?“
Bockermann zeigte auf den Schnellhefter. „Jep, das war er. Und es sieht wirklich danach aus, als ob es ein und derselbe Täter war. Becker wäre somit aus dem Rennen.“
„Was schlägst du vor?“ , fragte sie erwartungsvoll.
„Ich wollte deine Zustimmung einholen, dass ich Beckers Anwalt anrufen und ihm den Sachverhalt erklären kann. Ich würde versuchen, ihn davon zu überzeugen, dass wir Herrn Becker gerne bis Montag noch hier behalten würden, ihn aber dann mit tausendfacher Entschuldigung gehen lassen, sollte sich seine Verhaftung als unbegründet herausstellen. Allerdings würde ich mit dem Anruf solange warten, bis wir den Onlinevergleich abgeschlossen haben und uns absolut sicher sind, dass es sich bei
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