Last days on Earth: Thriller (German Edition)
die Welt in diesem Jahr untergehen wird?«
»Das geht Sie einen feuchten Dreck an«, erklang die Stimme der Magistra, die gerade durch die Tür kam. Mit drei großen Schritten war sie bei ihm und riss ihm das Album aus der Hand. »Wie kommen Sie dazu, in meinen Sachen herumzuschnüffeln?« Ein mörderischer Blick traf ihre Kollegin, die sich hastig hinter einem Aktenordner versteckte.
»Sie ist unschuldig«, sagte Raoul amüsiert. »Ich war so frech, mir diesen Ordner anzusehen – es interessiert mich einfach, womit meine künftige Partnerin sich so beschäftigt.«
Ihre Lider zuckten. Sie presste die Lippen zusammen, und er konnte sehen, dass ihre Kiefer zu mahlen begannen. »Können wir an die Arbeit gehen?«, fragte Karla.
Er spürte die Hitze ihres Zorns unter der beherrschten Oberfläche, wie schon gestern in seiner Wohnung, und fragte sich, ob die Magistra wirklich so kühl und beherrscht war, wie sie zu sein vorgab. Es würde ein Vergnügen sein, das herauszufinden.
Gelassen stand er auf und nickte, wobei er seine Lider halb gesenkt hielt. »Ich folge Ihnen wie ein Hündchen«, sagte er und nahm seinen Hut von dem Aktenstapel, auf dem er ihn abgelegt hatte. Er hörte das Glucksen der kleinen Puppenhexe, zog es aber vor, ihr keine Beachtung mehr zu schenken. Sein auserkorenes Opfer war die große Blonde, und er wollte jeden Moment davon genießen.
Raoul machte einen großen Schritt und hielt ihr höflich die Tür auf. Ohne Dank und ohne ihn eines Blickes zu würdigen, rauschte sie hinaus. Er grinste und folgte ihr.
»Ein hässlicheres Büro haben Sie nicht finden können?« Sein abschätziger Blick sprach Bände. Karla entschied, weder darauf einzugehen noch beleidigt zu reagieren.
»Das war der einzige freie Raum, den ich auf die Schnelle habe bekommen können«, sagte sie und zog zwei Sessel an den Tisch mit der gesplitterten Kante. »Wir sind nicht das Paradepferd der MID. Diebstahl, Raub, Erpressung, magische Vergehen der Stufen I bis V. Keine spektakulären Fälle – keine spektakulären Räumlichkeiten.« Sie sichtete den Inhalt des Kühlschranks, während sie seinen belustigten Blick im Rücken spürte. »Wasser oder Apfelsaft?« Sie warf einen Blick über die Schulter, um Raoul Winter ebenso ironisch zu mustern. »Ich hoffe, Sie brauchen nichts Stärkeres.«
Seine Braue rutschte in die Höhe. Er legte seinen Hut auf das Fensterbrett, nachdem er mit einem Finger die Sauberkeit des Platzes geprüft hatte, und hängte seinen Mantel ordentlich auf einen Bügel an den Kleiderständer. »Danke, ich ziehe es vor, in Ihrer Gegenwart nüchtern zu bleiben.« Er ließ sich in einem der Sessel nieder und lehnte seinen Stock an die Tischkante. Der gebogene Schnabel des Vogelkopfs verhakte sich in einem Riss der Tischplatte, und ein schwarzes Auge schien Karla spöttisch anzufunkeln.
Sie stellte zwei Gläser und zwei Wasserflaschen auf den Tisch und setzte sich Winter gegenüber. »Haben Sie endlich die Akte gelesen?«
»Erpressung, Raub, Diebstahl, magische Vergehen der Stufen I bis V«, zählte Winter auf. »Und warum haben Sie sich dann mit terroristischen Anschlägen beschäftigt?«
»Wie kommen Sie darauf?«, fragte sie zurück.
»Ich habe mich bei der ZMA über Ihren komatösen Partner erkundigt.« Sein Mund verzog sich zu einem schmalen Lächeln. »Sie haben einen erstaunlichen Verschleiß, Magistra. Ich kann mich des Verdachts nicht erwehren, dass Sie einen geheimen Groll gegen Dunkelmagier hegen.«
Karla blinzelte. »Bitte?«
»Nun, mit dem vorhergehenden Partner haben Sie sich geprügelt, und Ihr letzter, der bedauernswerte Fokko Tjarks, liegt Ihretwegen im Krankenhaus. Ich sollte mich besser vorsehen.«
Er war darauf aus, sie wütend zu machen. Karla verschränkte die Arme und erwiderte seinen herausfordernden Blick ruhig. »Wenn Sie weiter meine Zeit stehlen, rate ich Ihnen das allerdings dringend.«
Er legte den Kopf in den Nacken und lachte. Sein Lachen war ansteckend, und Karla musste wider Willen lächeln. »Kommen Sie, Winter«, sagte sie. »Hören Sie auf, Spielchen zu spielen. Sie sind hier aufgekreuzt, also wollen Sie mit mir zusammenarbeiten.«
Er schüttelte den Kopf und griff nach der Wasserflasche. »Von wollen kann keine Rede sein.«
»Dann müssen Sie eben.« Karla verlor nun doch die Geduld. »Es ist mir vollkommen gleichgültig, warum Sie hier sind. Können wir anfangen?« Sie schob ihm mit einer heftigen Bewegung den Ordner hin. »Das ist unser Auftrag. Was wollen Sie
Weitere Kostenlose Bücher