Last days on Earth: Thriller (German Edition)
Perfido?«, fragte Raoul verständnislos.
Karla sah ihn verblüfft an. »Was? Nein, aber nein. Santo und seine Geschäfte, das ist ein Ding für sich.« Sie zuckte die Achseln. »Ich stehe nicht auf seiner Lohnliste, falls du das befürchtest. Habe seinen Ring noch nicht geküsst. So weit runter bin ich noch nicht.« Ihre Miene war grimmig. »Nein, ich rede von den Drachen und ihren Weltuntergangsplänen.« Sie blickte wieder hinaus. Raoul konnte aus dem Augenwinkel erkennen, dass sie den Kopf drehte und dann in den Rückspiegel sah. »Wir werden übrigens verfolgt«, bemerkte sie ruhig.
Raoul folgte ihrem Blick. Weit hinter ihnen waren die Scheinwerfer eines Autos zu sehen, sonst war die Straße leer.
»Warum denkst du, dass er uns verfolgt?«
Karla sah zum Seitenfenster hinaus. »Ich weiß es. Er folgt uns, seit wir ins Auto gestiegen sind. Der Wagen stand vor Nevios Restaurant.«
Raoul kniff die Augen zusammen, aber im Rückspiegel waren nur die beiden aufgeblendeten Scheinwerfer zu erkennen. »Du musst bessere Augen haben als ich«, sagte er.
»Habe ich«, erwiderte sie kurz. »Drei Insassen, einer davon ist ein Mensch. Die anderen – keine Ahnung.« Sie öffnete ihren Rucksack und wühlte darin herum. »Bist du bewaffnet?«
»Nur mit meinen Händen und dem Stab.« Er warf ihr einen schnellen Seitenblick zu. »Du?«
Sie fauchte erbost. »Sie haben mir alles abgenommen. Ich werde dir keine große Hilfe sein, falls sie uns überfallen wollen.« Sie zog einen Drudenfuß aus einer Seitentasche des Rucksacks und hängte ihn um. »Meine Kräfte sind nicht mehr der Rede wert«, sagte sie, »aber ich kann sie hiermit wenigstens noch ein bisschen verstärken.«
»Sind wir jemandem auf die Füße getreten?« Raoul entschied, einen Umweg zu machen. Vielleicht war es nur ein Zufall, dass der Wagen ihnen folgte.
»Das da hinten sind keine Drachen«, erwiderte Karla. »Oder hast du schon mal einen von ihnen in einem Pkw gesehen?«
»Du vergisst den Bücherdieb«, erinnerte Raoul und bog erneut ab. Die Scheinwerfer folgten ihnen immer noch. »Das war kein Drache. Du erinnerst dich, dass die Spürhündin ihn als Wirt erkannt hat?«
Karla schloss die Hand um den Drudenfuß. »Ein Handlanger«, überlegte sie. »Ein Mietgangster. Davon gibt es jede Menge.«
»Der für einen Drachen arbeitet?« Raoul grunzte. »Es wäre möglich.« Jetzt waren sie wieder an ihrem Ausgangspunkt angelangt. Der Verfolger war weg.
»Nein, er ist noch hinter uns«, hörte Raoul Karla flüstern. »Er wartet.«
»Gut.« Raoul trat aufs Gas und fuhr nun geradewegs das letzte Stück zur Wohnung. Er ließ den Jaguar in eine Parklücke gleiten und stellte den Motor ab. »Und jetzt?«
»Wir steigen aus. Im Schatten hinter der Laterne bleiben wir stehen, und du tust so, als könntest du den Hausschlüssel nicht finden. Wir sind beide angetrunken.« Er konnte ihre Zähne im Dunkeln schimmern sehen. »Vielleicht fummeln wir auch ein bisschen. Je abgelenkter wir wirken, desto besser. Und dann sehen wir, was passiert.«
Raoul nickte mit einem flauen Gefühl im Magen. Was auch immer mit Karla in den letzten Monaten geschehen sein mochte – es hatte ihr nicht den Schneid abgekauft.
Sie stiegen aus. Raoul schwankte weisungsgemäß um den Wagen herum und half Karla beim Aussteigen. Sie lachte laut und hängte sich an seinen Arm. »Vermeide das Licht«, wisperte sie. »Ich möchte nicht, dass wir ein Ziel abgeben.«
Raoul spürte mehr, als er es sah, dass der andere Wagen ein Stück die Straße hinunter mit abgeblendeten Scheinwerfern angehalten hatte. Er umklammerte seinen Stab. Innerhalb einer Nanosekunde konnte er die Sigille aktivieren, die jede Form von physischem Angriff abwehrte. Er verstaute das Zeichen in einem Winkel seines Nicht-Bewusstseins und vergaß es.
Sie überquerten die Straße und traten ein Stück hinter der Laterne wieder auf den Bürgersteig. Dort blieben sie stehen. Raoul konnte über Karlas Schultern hinweg die dunkle Silhouette ihres Verfolgers erkennen. Er flüsterte »Nichts bewegt sich« in ihr Ohr und umarmte sie dabei mit gespielter Leidenschaft.
Mit nur teilweise gespielter Leidenschaft, wie er sich eingestehen musste. Sie roch gut. Sie fühlte sich gut an. Sein Körper reagierte mit unerwarteter Heftigkeit auf ihre Nähe.
»Nun küss mich schon«, befahl sie laut und schickte ein betrunken klingendes Kichern hinterher.
Er beugte sich vor und küsste sie. Einige versunkene Augenblicke lang vergaß er, dass sie
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