Last days on Earth: Thriller (German Edition)
eigentlich den Köder für ihre Verfolger spielten und genoss das Gefühl der weichen, sanften Lippen, die seinen Kuss erwiderten.
Dann spürte er, wie Karla sich in seinen Armen versteifte. »Sie kommen«, hauchte sie. »Kannst du etwas erkennen?«
Ohne den Kopf zu heben, blickte er auf. Durch die Dunkelheit zwischen den Straßenlaternen bewegten sich Gestalten mit lautloser Vorsicht auf sie zu.
»Zwei«, flüsterte Raoul.
Karla löste ihren Griff um seine Hüfte. Er spürte, wie sie nach ihrem Drudenfuß tastete. »Der Mensch ist links von dir«, sagte sie leise. »Das andere ist ein Untoter.«
Er ließ die Lider gesenkt. In seinem Nicht-Bewusstsein glühte die vorbereitete Sigille, wartete darauf, dass er sie losließ. Er schenkte ihr keinerlei Beachtung, lenkte seinen Willen von ihr ab. Lauschte.
Die schattenhaften Gestalten kamen näher. Und näher. Karla stöhnte, murmelte und flüsterte und wand sich in seinen Armen. Raoul hatte Mühe, sich zu konzentrieren.
Dann waren die beiden Männer neben ihnen, und der Untote streckte den Arm aus. In seiner Hand schimmerte Metall. »Magier«, sagte er scharf. »Lass die Braut los! Ich will deine Hände sehen.«
Raoul tat erschreckt, machte einen Satz zurück, was ihn in die Nähe des anderen Mannes brachte, und stammelte: »Was denn? Das muss eine Verwechslung …«
Karla kreischte schrill und fuchtelte scheinbar panisch mit den Händen. Der Mann mit der Waffe fluchte und versuchte, sie beiseitezuschieben, weil sie ihm den Weg versperrte. Raoul war inzwischen rückwärts gegen den zweiten Mann geprallt, hatte ihm den Ellbogen in den Leib gestoßen und ihn zum Wanken gebracht.
»Pass auf die Beißerbraut auf«, sagte eine dumpf klingende Stimme hinter Raouls Rücken. Der Wankende fing sich und griff nach Raouls Arm.
Der andere drehte sich hastig um, denn Karla hatte inzwischen einen Bindezauber gewirkt. Raoul sah, wie das schwach schimmernde Geflecht des Zaubers sich über den Mann senkte. Der machte eine heftige Handbewegung, und das Netz zerriss. Der Angreifer fluchte und schlug zu. Karla versuchte, dem Schlag auszuweichen, aber die Faust des Mannes streifte ihre Schläfe. Sie geriet ins Taumeln und brach betäubt zusammen.
Die Pranken, die Raoul gepackt hielten, waren zu stark, es gelang ihm nicht, ihren Griff mit körperlicher Kraft zu brechen. Er trat nach hinten aus, traf irgendeinen Körperteil und nutzte die Ablenkung, um die vorbereitete Sigille freizulassen.
Einen Moment lang verstummten alle Geräusche. Eine Glocke aus Stille und Reglosigkeit senkte sich über die Straße, fror alles bis hin zu dem dunklen Verfolgerauto ein.
Das Zeichen leuchtete in Raouls Augen und ließ die beiden Angreifer erstarren. Raoul riss sich mit einem Stöhnen los, drehte seinem Angreifer den Arm auf den Rücken und zwang ihn zu Boden. Eine zweite Sigille, die er für Notfälle in einem Winkel seines Nicht-Bewusstseins vergessen hatte, band ihn und nagelte ihn auf dem Gehweg fest.
Der Untote regte sich. Er hob den Kopf, schüttelte ihn benommen. Sein Blick suchte und fand Raoul. Er hob langsam, wie gegen einen starken Widerstand, die Waffe, zielte und schoss. Raoul, der sich nach seinem auf den Boden gefallenen Stab bückte, konnte nicht mehr rechtzeitig reagieren. Karla, die gerade wieder auf die Beine kam, schrie und warf einen Zauber gegen die Hand des Mannes. Auch dieser Spruch war zu schwach, um etwas Großes zu bewegen, aber er reichte aus, dass seine Hand die Waffe ein wenig verriss.
Ein Hammer schlug gegen Raouls Schulter und warf ihn zurück. Der Mündungsblitz blendete ihn und ließ Nachbilder auf seiner Netzhaut tanzen.
Der Schmerz kam mit Verspätung – heiß wie kochende Lava, reißend wie der Biss eines Wolfs. Raoul keuchte und ging in die Knie.
Karla schrie wie eine Furie und sprang den Untoten mit der Pistole an. Er ging unter ihrem Ansturm zu Boden, knallte mit dem Kopf auf den Gehweg und blieb betäubt liegen. Raoul sah die gebleckten Zähne, die spitzen, behaarten Ohren, die scharfen Nägel – ein Wurdelak. Wie kam der hierher? Vertretern dieser Art begegnete man doch sonst nur im Osten Europas …
Er biss die Zähne zusammen und ignorierte den Schmerz in seiner Schulter. Mit der Hand seines unverletzten Armes griff er in die Jacke des Mannes und durchsuchte ihn hastig.
Karla, die das Gleiche mit dem bewusstlosen Wurdelak getan hatte, kam an seine Seite. »Lass mich«, sagte sie. »Verdammt, er hat dich getroffen!« Ihr schuldbewusster Blick
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